Erfolgsfaktor 5: Keine Pflicht zur Verrentung
Aktuell haben wir bei Riester einen Auszahlungsplan mit Pflicht zur Verrentung ab 85 Jahren, was Schätzungen zufolge 30 bis 40 Prozent des gesamten Riestervermögens ausmacht. Hier zeigen sich die Modelle im Ausland wesentlich flexibler und bieten neben der Leibrente auch Optionen wie einen Auszahlungsplan oder eine Einmalzahlung an, um bei Renteneintritt eine größere Summe wie eine Hypothek oder andere Schulden tilgen zu können.
Die Pflicht zu einer Verrentung findet sich dort nicht – was den Auszahlungsplan deutlich attraktiver macht. Denn im Gegensatz zur Verrentung hat der Auszahlungsplan bei den betrachteten Altersvorsorgedepots den Vorteil, dass das angesparte Vermögen, das nicht für die Rente entnommen wird, weiterhin in Anlagen mit höheren Renditechancen wie Aktien investiert bleibt. Das kann das Alterseinkommen weiter stärken. Daher ist eine sukzessive und gut kalkulierbare Auszahlung in anderen Ländern auch das beliebteste Mittel.
Die Länderanalyse zeigt auch, dass die Angst der Bürgerinnen und Bürger, die Gelder aus dem Auszahlungsplan könnten nicht bis zum Ende der Rentenphase reichen, unbegründet ist. In den USA oder Australien erfolgen Entnahmen sehr zurückhaltend, so dass der Gesetzgeber dort inzwischen eine jährliche Mindestauszahlungsrate vorschreibt. Die USA verlangen sogar eine Strafsteuer, sollte der Betrag nicht abgerufen werden.
Schließlich sollte der Gesetzgeber verankern, dass die Mittel tatsächlich für die Altersvorsorge verwendet werden. Im Sinne der Flexibilität sollten vorzeitige Auszahlungen zwar erlaubt sein, aber mit Hilfe von Sanktionen wie einer Rückzahlung der staatlichen Förderung oder Strafsteuer möglichst unattraktiv gestaltet werden. Ausnahmen bestätigen aber die Regel, wie im Falle eines Immobilienkaufs oder eines Bedarfs für Geld zur Aus- und Weiterbildung.
Konservatives Anlageverhalten als Hindernis?
Alle monetären Anreize, die Einfachheit und Flexibilität dieses Konzepts könnten an einem eher konservativen Anlageverhalten hierzulande scheitern, das weniger auf Renditechancen setzt. Aber die Statistik lässt hoffen: 2023 sparte jeder Sechste mit Aktien, der Großteil davon mit Fonds oder ETFs. Gerade in der Altersgruppe der 14- bis 39-Jährigen verdoppelte sich die Anzahl der Aktiensparer in den vergangenen zehn Jahren. Sie macht gemäß Zahlen des Deutschen Aktieninstituts inzwischen ein Drittel aller Aktiensparer aus (3,6 Millionen). Die junge Generation beschäftigt sich immer mehr mit den Chancen und Risiken des Kapitalmarkts, vor allem weil es dank Apps einfacher ist, zu investieren.
Das Schlüsselwort lautet finanzielle Bildung und Aufklärung, um entsprechenden Ängsten und Mythen zu begegnen. Auch die Politik kann ein positives Signal senden, wenn sie die Aktienanlage zum Gegenstand der Altersvorsorge macht und dadurch Vertrauen schafft. In anderen Ländern profitieren Sparerinnen und Sparer deutlich mehr von den Renditen aus der Kapitalanlage – also zum Beispiel aus Investments in Aktien.
Fazit
Das Bundesfinanzministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzesentwurf für eine Reform der privaten Altersvorsorge. Angesichts des drängenden demographischen Wandels sollte der Gesetzgeber ein Altersvorsorgedepot noch in dieser Legislatur ermöglichen. Alles ist dafür vorhanden: Die richtigen Produkte, eine Regulatorik, die dem Anlegerschutz Rechnung trägt, eine kompetente Beratung und die notwendige Infrastruktur. Das Ausland weist uns den Weg hin zu mehr eigenverantwortlicher Vorsorge mit einem rentablen Modell wie dem Altersvorsorgedepot. Worauf also noch warten?
Die Studie „Altersvorsorgedepots: Erfolgreiche Modelle der Alterssicherung im internationalen Vergleich Wie andere Länder mehr in der Altersvorsorge erreichen“ des Deutschen Aktieninstituts und der Deutschen Wertpapierservice Bank lässt sich hier kostenlos herunterladen >>
Über die Autoren:
Alexander Bahr arbeitet als Regulatorik-Experte bei der Deutschen Wertpapierservice Bank.
Norbert Kuhn leitet den Bereich Unternehmensfinanzierung beim Deutschen Aktieninstitut.