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Private Altersvorsorge
Staatlich geförderte Altersvorsorgedepots: Mit diesen 5 Tipps kann es klappen
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Von , in Politik & GesellschaftLesedauer: 10 Minuten
Alexander Bahr (l.) und Norbert Kuhn
Alexander Bahr (l.) und Norbert Kuhn: Die beiden Altersvorsorge-Spezialisten geben Tipps, worauf es bei der flächendeckenden Einführung staatlich geförderter Altersvorsorgedepots ankommt. | Foto: Deutsche WertpapierService Bank / Deutsches Aktieninstitut

Die Bundesregierung unternimmt mit dem Rentenpaket II endlich erste Schritte für eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, um die Stabilität der Rente nach 2025 zu sichern. Mit dem Generationenkapital sollen in der ersten Säule der Altersvorsorge auch die Chancen auf attraktive Renditen am Kapitalmarkt genutzt werden. Trotz der aktuellen Reformbestrebungen braucht es mehr Eigeninitiative jedes Einzelnen.

Riester-Förderung hat Schwächen

Bisherige Modelle der geförderten privaten Vorsorge wie die Riester-Rente stehen zunehmend in der Kritik. Das Konzept ist kompliziert und viele Bürgerinnen und Bürger wissen nicht, dass sie förderberechtigt sind. Zudem kostet der starke Fokus auf Garantieversprechen Geld. Die Zahl der Verträge ist seit 2018 rückläufig und beträgt aktuell 15,5 Millionen Ein Großteil der Verträge wird nicht mehr bespart, viele Anbieter haben ihr Neugeschäft eingestellt.

 

Die Bundesregierung hat am Anfang ihrer Legislaturperiode eine grundlegende Reform der geförderten privaten Altersvorsorge in Aussicht gestellt. Die daraufhin eingesetzte „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ hat 2023 in ihrem Abschlussbericht ein Altersvorsorgedepot vorgeschlagen.  

Geförderte Altersvorsorgedepots einrichten: 5 Erfolgsfaktoren

Diese Art von Wertpapierdepot für die Rente, mit dem man staatlich gefördert für das Alter vorsorgen kann, ist in anderen Ländern wie den USA, Australien, Kanada, Irland und Frankreich bereits erfolgreich etabliert – mit hoher Akzeptanz in der Bevölkerung. In Frankreich wurde der sogenannte Plan d’ Épargne Retraite erst 2019 eingeführt, wird aber schon jetzt von mehr als 10 Millionen Menschen genutzt. Auch in den USA hat jeder dritte Haushalt einen oder mehrere Individual Retirement Accounts (IRA).

Das in den US-Altersvorsorgedepots angesparte Vermögen macht mehr als ein Drittel des gesamten US-Altersvorsorgevermögens aus. Auf Basis unserer Studie „Altersvorsorgedepots: Erfolgreiche Modelle der Alterssicherung im internationalen Vergleich. Wie andere Länder mehr in der Altersvorsorge erreichen“ lassen sich folgende fünf Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Einführung des Altersvorsorgedepots in Deutschland ableiten.

Erfolgsfaktor 1: Hohe Aktienquote bei Garantieverzicht

Auch wenn jedes der untersuchten Länder die Depots unterschiedlich gestaltet, gibt es wesentliche Gemeinsamkeiten. Eine hohe Aktienquote ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine ertragreichere Altersvorsorge. Diese liegt in den USA bei durchschnittlich 65 Prozent, hauptsächlich durch Aktienfonds, in Frankreich bei 55 Prozent und in Australien bei 49 Prozent. Dies funktioniert aber nur, weil gleichzeitig auf eine Kapitalgarantie verzichtet wird. Garantieprodukte stehen zwar zur Auswahl, aber es zeigt sich, dass 95 Prozent der australischen Sparerinnen und Sparer aus gutem Grund garantiefreie Produkte präferieren.

Um die Aktienanlage in Deutschland in der privaten Altersvorsorge zu fördern, sollte zudem eine Mindestaktienquote von 60 Prozent Voraussetzung sein. Diese 60 Prozent finden sich auch in etablierten Sparformen wie den Vermögenswirksamen Leistungen (VL) wieder. Kritische Stimmen behaupten, dass man hier mit dem Ersparten der Bürgerinnen und Bürger zockt. Das ist aber grundverkehrt. Bei Anlagehorizonten von 20 Jahren und mehr ist eine breit gestreute Aktienanlage das ideale Instrument, weil durchschnittliche Renditen von sechs bis zehn Prozent pro Jahr erwirtschaftet werden können.

Mit dem Liebling vieler Deutschen, dem Festgeld, ist dieser Ertrag nicht zu erwirtschaften. Das Beispiel Australien zeigt: Die dortigen Altersvorsorgedepots konnten mit Aktien von 2004 bis 2023 im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 7,1 Prozent erwirtschaften. Zudem gleichen der lange Zeithorizont und eine breite Streuung mögliche Verluste aus, wie die Rendite-Dreiecke des Deutschen Aktieninstituts zeigen.

Erfolgsfaktor 2: Unbürokratischer Marktzutritt

Damit das Altersvorsorgedepot von einer breiten Bevölkerungsschicht angenommen und genutzt wird, brauchen die Bürgerinnen und Bürger ein vielfältiges Angebot an Asset-Klassen (Aktien, Anleihen, Immobilien, nichtbörsennotierte Beteiligungen, Rohstoffe), das ihre Bedürfnisse adressiert und aus dem sie frei wählen und einfach wechseln können. Der dadurch geschaffene Wettbewerb führt auch zu angemessenen Kosten.

Zusätzliche Regularien für das Angebot im Altersvorsorgedepot sind daher nicht notwendig. Ganz im Gegenteil: Unter Riester war die Pflicht für die Anbieter, jedes Vertragsangebot einzeln zertifizieren zu lassen – für Preise, Angebotsspektrum und Diversifikation kontraproduktiv. Auch hinsichtlich des Anlegerschutzes besteht kein Grund für eine weitere Regulierung, wenn das Angebot durch Finanzinstitute wie Banken, Versicherungsgesellschaften oder Kapitalverwaltungsgesellschaften erfolgt, die ohnehin eine Fülle von gesetzlichen Vorgaben erfüllen müssen.

Dementsprechend durchlaufen die Anbieter von Altersvorsorgedepots im Ausland in der Regel keine zusätzlichen Zertifizierungen. Es gelten die üblichen Transparenz- und Wohlverhaltensregeln. Dementsprechend muss ein Finanzprodukt hinsichtlich des Ertrags-Risiko-Profils für die Person geeignet sein. In den USA und Kanada legt der Gesetzgeber lediglich fest, welche Produkte nicht zugelassen sind, wie Kunstwerke oder Lebensversicherungen. Auch der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten wird man hier gerecht, solange dies nicht zu Lasten der Rendite und des künftigen Alterseinkommen geht. Beide Seiten müssen vereinbar sein.

Beim Thema Kosten zeigt sich vor allem Australien sehr transparent: Die Kostenarten, die die Anbieter von Standardprodukten in Rechnung stellen dürfen, werden abschließend aufgeführt. Das Finanzministerium bietet eine Datenbank an, mit der die Anbieter hinsichtlich Performance und Kosten verglichen werden können. Lediglich in Irland gibt es einen Kostendeckel für Standardprodukte in Höhe von fünf Prozent beim Ausgabeaufschlag und einem Prozent bei den laufenden Kosten.

Erfolgsfaktor 3: Standardprodukte vs. Individualität

Ein vielfältiges Angebot kann Laien schnell überfordern und abschrecken. Leicht verständliche Standardprodukte mit einem hohem Aktienanteil können hier der Prämisse von maximaler Einfachheit gerecht werden. Im Ausland haben sich verschiedene Optionen etabliert, teilweise mit einem gesetzlichen Rahmen, teilweise aus der Kundennachfrage entstanden.

In Australien gibt es beispielsweise die Standardprodukte „MySuper“, die vom Gesetzgeber entweder auf eine einfache Anlagestrategie verpflichtet werden. Als Marktstandard hat sich bei diesen Produkten ein Aktienanteil von bis zu 85 Prozent über den gesamten Anlagezeitraum etabliert, der um festverzinsliche Wertpapiere sowie liquide Mittel ergänzt wird. Alternativ können die Anbieter ein Lebenszyklusmodell anwenden. Dabei schrumpft die Aktienquote mit zunehmendem Alter. Dieses Modell findet sich in Frankreich und wird automatisch angeboten, wenn die Sparerin oder der Sparer keine anderen Wünsche angibt.

Das Lebenszyklusmodell der drei Standardprodukte in Frankreich

Grafik Lebenszyklusmodell in Frankreich
© DWP Bank / DAI

In Finanzdingen versierteren Personenkreisen sollte es aber möglich sein, das eigene Depot individuell zusammenzustellen.

Sowohl für Standardprodukte als auch für kundige Anlegerinnen und Anleger sind Wertpapiersparpläne ein gutes Mittel: Von knapp 50 Millionen Wertpapiertransaktionen, die die DWP Bank 2023 für deutsche Finanzinstitute abgewickelt hat, entfiel gut ein Viertel auf Sparpläne. Ein Wertpapiersparplan ist einfach zu handhaben und bietet unter anderem durch den Cost-Average-Effekt risikobegrenzende wie flexible Aspekte. Zudem lohnt es sich bereits bei kleinen Beträgen ab 25 Euro. 

 

Wertpapiersparen macht aktuell ein geschätztes Volumen von über 30 Milliarden Euro pro Jahr aus. Zum Vergleich: Dieses Volumen übersteigt deutlich die für 2024 geplanten Zuführungen zum Generationenkapital von 12 Milliarden Euro pro Jahr in der gesetzlichen Rente. Dennoch liegen immer noch 40 Prozent der Ersparnisse der Bürgerinnen und Bürger auf dem Tages- und Festgeldkonto – mehr als 3 Billionen Euro. Wenn nur ein Teil davon in Aktien umgeschichtet wird, zeigt sich das Potenzial, das das Wertpapiersparen in Deutschland hat.

Erfolgsfaktor 4: Wirksame Förderung

Eine Studie von HDI zeigt, dass Akzeptanz und Nutzung bei den Verbrauchern mit entsprechenden steuerlichen Anreizen steht und fällt. Hier zeigt unserer internationale Vergleichsstudie über Altersvorsorgedepots, dass andere Länder sehr viel großzügiger sind: Im Rahmen einer nachgelagerten Besteuerung können die Beträge in der Ansparphase bis zu einem Höchstbetrag von dem zu versteuernden Einkommen abgezogen werden (in den USA bis zu 6.500 US-Dollar, in Frankreich 10 Prozent des Einkommens bis maximal 37.094 Euro) und in der Auszahlungsphase wird die Rente versteuert.

Um international aufzuschließen, bedarf es einer Verdreifachung von derzeit 2.100 Euro auf mindestens 6.000 Euro. Nur dann entsteht auch ein nennenswerter Effekt. Da Geringverdiener in der Regel weniger von den Steuervorteilen profitieren, sondern wie bei Riester vielmehr von der Grund- und Kinderzulage, sollten in Deutschland ergänzend Zulagen weiterhin berücksichtigt werden.

Erfolgsfaktor 5: Keine Pflicht zur Verrentung

Aktuell haben wir bei Riester einen Auszahlungsplan mit Pflicht zur Verrentung ab 85 Jahren, was Schätzungen zufolge 30 bis 40 Prozent des gesamten Riestervermögens ausmacht. Hier zeigen sich die Modelle im Ausland wesentlich flexibler und bieten neben der Leibrente auch Optionen wie einen Auszahlungsplan oder eine Einmalzahlung an, um bei Renteneintritt eine größere Summe wie eine Hypothek oder andere Schulden tilgen zu können.

Die Pflicht zu einer Verrentung findet sich dort nicht – was den Auszahlungsplan deutlich attraktiver macht. Denn im Gegensatz zur Verrentung hat der Auszahlungsplan bei den betrachteten Altersvorsorgedepots den Vorteil, dass das angesparte Vermögen, das nicht für die Rente entnommen wird, weiterhin in Anlagen mit höheren Renditechancen wie Aktien investiert bleibt. Das kann das Alterseinkommen weiter stärken. Daher ist eine sukzessive und gut kalkulierbare Auszahlung in anderen Ländern auch das beliebteste Mittel.

Die Länderanalyse zeigt auch, dass die Angst der Bürgerinnen und Bürger, die Gelder aus dem Auszahlungsplan könnten nicht bis zum Ende der Rentenphase reichen, unbegründet ist. In den USA oder Australien erfolgen Entnahmen sehr zurückhaltend, so dass der Gesetzgeber dort inzwischen eine jährliche Mindestauszahlungsrate vorschreibt. Die USA verlangen sogar eine Strafsteuer, sollte der Betrag nicht abgerufen werden.

Schließlich sollte der Gesetzgeber verankern, dass die Mittel tatsächlich für die Altersvorsorge verwendet werden. Im Sinne der Flexibilität sollten vorzeitige Auszahlungen zwar erlaubt sein, aber mit Hilfe von Sanktionen wie einer Rückzahlung der staatlichen Förderung oder Strafsteuer möglichst unattraktiv gestaltet werden. Ausnahmen bestätigen aber die Regel, wie im Falle eines Immobilienkaufs oder eines Bedarfs für Geld zur Aus- und Weiterbildung. 

Konservatives Anlageverhalten als Hindernis?

Alle monetären Anreize, die Einfachheit und Flexibilität dieses Konzepts könnten an einem eher konservativen Anlageverhalten hierzulande scheitern, das weniger auf Renditechancen setzt. Aber die Statistik lässt hoffen: 2023 sparte jeder Sechste mit Aktien, der Großteil davon mit Fonds oder ETFs. Gerade in der Altersgruppe der 14- bis 39-Jährigen verdoppelte sich die Anzahl der Aktiensparer in den vergangenen zehn Jahren. Sie macht gemäß Zahlen des Deutschen Aktieninstituts inzwischen ein Drittel aller Aktiensparer aus (3,6 Millionen). Die junge Generation beschäftigt sich immer mehr mit den Chancen und Risiken des Kapitalmarkts, vor allem weil es dank Apps einfacher ist, zu investieren.

Das Schlüsselwort lautet finanzielle Bildung und Aufklärung, um entsprechenden Ängsten und Mythen zu begegnen. Auch die Politik kann ein positives Signal senden, wenn sie die Aktienanlage zum Gegenstand der Altersvorsorge macht und dadurch Vertrauen schafft. In anderen Ländern profitieren Sparerinnen und Sparer deutlich mehr von den Renditen aus der Kapitalanlage – also zum Beispiel aus Investments in Aktien.

Fazit

Das Bundesfinanzministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzesentwurf für eine Reform der privaten Altersvorsorge. Angesichts des drängenden demographischen Wandels sollte der Gesetzgeber ein Altersvorsorgedepot noch in dieser Legislatur ermöglichen. Alles ist dafür vorhanden: Die richtigen Produkte, eine Regulatorik, die dem Anlegerschutz Rechnung trägt, eine kompetente Beratung und die notwendige Infrastruktur. Das Ausland weist uns den Weg hin zu mehr eigenverantwortlicher Vorsorge mit einem rentablen Modell wie dem Altersvorsorgedepot. Worauf also noch warten?  

 

Die Studie „Altersvorsorgedepots: Erfolgreiche Modelle der Alterssicherung im internationalen Vergleich Wie andere Länder mehr in der Altersvorsorge erreichen“ des Deutschen Aktieninstituts und der Deutschen Wertpapierservice Bank lässt sich hier kostenlos herunterladen >>


Über die Autoren:

Alexander Bahr arbeitet als Regulatorik-Experte bei der Deutschen Wertpapierservice Bank.

Norbert Kuhn leitet den Bereich Unternehmensfinanzierung beim Deutschen Aktieninstitut.  

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