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Private Altersvorsorge: Diese Punkte sollen sich ändern (2023)

Die private Altersvorsorge in Deutschland steht möglicherweise vor tiefgreifenden Veränderungen. Angesichts der wachsenden Kritik an der aktuellen Struktur der privaten Altersvorsorge, insbesondere der Riester-Rente, hat die Bundesregierung eine Expertenkommission beauftragt, Vorschläge für eine umfassende Reform zu erarbeiten.
Die Riester-Rente, die seit 2001 als wichtige Säule der Altersvorsorge dient, hat aufgrund niedriger Renditen und hoher Verwaltungskosten in den vergangenen Jahren in der Breite der Bevölkerung an Akzeptanz verloren. So sind Anbieter verpflichtet, eingezahlte Beiträge zu 100 Prozent zu garantieren. Anleger gehen dadurch kein Risiko ein, das schmälert jedoch auch die Renditechancen.
Einer Schätzung des Arbeitsministeriums zufolge sind ein Fünftel der Verträge ruhend gestellt, es werden dort also keine Beiträge mehr eingezahlt.
Mehr Anreize für private Altersvorsorge
Bundesfinanzminister Christian Lindner plant nun, im Jahr 2024 eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge anzustoßen. Ziel ist es, das System effizienter, transparenter und attraktiver für die Bürger zu gestalten. Dabei sollen neue Anlageprodukte eingeführt, die Flexibilität in der Rentenphase erhöht und die steuerliche Förderung ausgeweitet werden. Ein zentraler Aspekt der Reform ist die Abschaffung der Riester-Rente, wobei bestehende Verträge Bestandsschutz erhalten sollen.
„Ich wünsche mir, dass wir jetzt nächstes Jahr ein Gesetzgebungsverfahren durchführen und abschließen“, erklärte Finanz-Staatssekretär Florian Toncar, welcher den Vorsitz der Expertengruppe innehatte. Das Hauptziel dieser Initiative besteht darin, höhere Renditen zu erzielen und dadurch mehr Menschen dazu zu motivieren, staatlich unterstützt Geld für ihre zukünftige Altersvorsorge zu sparen.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
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Umbau der Riester-Rente: Die Expertenkommission schlägt vor, die Riester-Rente zu reformieren und unter einem neuen Namen fortzuführen. Ziel ist es, die Produkte zu standardisieren und Anlageprodukte mit Verlustrisiko zuzulassen, um höhere Renditen zu ermöglichen. Dies könnte bedeuten, dass Vorsorgesparer unter Umständen nicht einmal die eingezahlten Beiträge herausbekommen, aber im Gegenzug die Chance auf höhere Renditen haben.
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Neue Anlagemöglichkeiten: Neben der Reform der Riester-Rente wird die Einführung neuer geförderter Anlagemöglichkeiten vorgeschlagen. Ein neues Element könnte ein Altersvorsorgedepot sein, das von Banken oder Versicherungen angeboten wird. Hier können Vorsorgesparer in Fonds oder ETFs investieren und erhalten staatliche Förderung. Jedenfalls dann, wenn das Depot bis zum Erreichen des Rentenalters bestehen bleibt. Das könnte den Wettbewerb intensivieren und daher zu sinkenden Kosten und höheren Renditen beitragen.
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Mehr Flexibilität in der Rentenphase: Die Experten schlagen vor, mehr Flexibilität in der Rentenphase zu ermöglichen. Bisher sehen Riester-Verträge eine gleichmäßige monatliche Rentenzahlung vor. Künftig könnte es auch Produkte geben, bei denen zu Beginn des Ruhestands mehr ausgezahlt wird. Dies könnte den Lebensstandard im Ruhestand erhöhen und den individuellen Bedürfnissen der Rentner besser gerecht werden.
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Transparenz und Wettbewerb: Um mehr Transparenz über die Vielzahl der privaten Vorsorgeprodukte zu schaffen, schlagen die Experten ein Vergleichsportal vor. Dieses soll die Abschluss- und Verwaltungskosten der Vorsorgeprodukte vergleichbar machen. Zudem soll der Wechsel zwischen Anbietern erleichtert werden, um so für mehr Wettbewerb zu sorgen. Dies könnte dazu führen, dass die Kosten für die Verbraucher sinken und die Qualität der Produkte steigt.
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Steuerliche Förderung: Die Kommission empfiehlt, den Betrag, der jährlich als Sonderausgaben bei der Steuer geltend gemacht werden kann, zu erhöhen und künftig zu dynamisieren. Bislang können jährlich bis zu 2100 Euro für die Riester-Rente steuerlich abgesetzt werden. Dieser Betrag hat sich seit der Einführung der Riester-Rente jedoch nicht verändert. Eine dynamische Anpassung könnte dazu beitragen, die private Altersvorsorge attraktiver zu machen und mehr Menschen dazu zu ermutigen, für das Alter vorzusorgen.
Die Reform der privaten Altersvorsorge ist ein wichtiger Schritt, um das System attraktiver und effizienter zu gestalten. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie diese Vorschläge in der Praxis umgesetzt werden und welche Auswirkungen sie auf die zukünftige Altersvorsorge der Bürger haben werden.
Experten entscheiden gegen öffentlichen Fonds
Der Bericht der Expertenkommission zeigt auch, dass die Idee eines öffentlich verwalteten Fonds, der ein einfaches und kostengünstiges Standard-Vorsorgeprodukt anbietet, nicht weiterverfolgt wird.
Dieser Vorschlag wurde insbesondere von SPD und Grünen unterstützt und sah vor, dass jeder automatisch privat vorsorgt, der nicht ausdrücklich widerspricht, eine sogenannte Abwahllösung oder Opt-out-Erklärung.
Nach kontroverser Diskussion innerhalb der Kommission fand der Vorschlag jedoch keine Mehrheit.
BVI begrüßt Reform der privaten Altersvorsorge
Der deutsche Fondsverband BVI hat den Bericht der Fokusgruppe der Bundesregierung zur Reform der privaten Altersvorsorge positiv aufgenommen. Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI, sieht in dem Bericht einen Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge.
Zusätzlich zu den bestehenden Produkten sollen Fonds in einem förderfähigen Altersvorsorgedepot zugelassen werden. Der BVI unterstützt auch die Empfehlung der Fokusgruppe, den Verzicht auf die Beitragsgarantie auf bestehende Riester-Verträge auszuweiten.
BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter begrüßt auch, dass die Idee eines Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge nicht weiter verfolgt wird: „Das ist ein wichtiges Signal. Denn in der sozialen Marktwirtschaft setzt der Staat die Regeln und ist Schiedsrichter. Sobald der Schiedsrichter selbst mitspielt, ist der Wettbewerb verzerrt und nicht marktwirtschaftlich. Das verhindert Produktvielfalt und fairen Wettbewerb.”
Richter fordert, dass die vom Fokusgruppe empfohlenen Eckpunkte schnellstmöglich ins Parlament eingebracht werden, um eine zukunftsfähige Altersvorsorge auf den Weg zu bringen. Er betont, dass Deutschland sich eine weitere Legislaturperiode ohne Reform der privaten Altersvorsorge nicht leisten kann.