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Aktualisiert am 28.01.2020 - 13:28 Uhrin InstitutionelleLesedauer: 5 Minuten

Private Banking: „Dieses Jahr ging es ums Überleben“

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Vielhaber: Trotz Mifid ist die Produkt- und Gebührenpolitik der Banken weiterhin unbefriedigend. Viele Abrechnungsmodelle lassen die gewünschte Transparenz vermissen. Einerseits wird weiterhin Beratung mit Produktverkauf vermischt. Der Ansatz „best advice“, der hauseigene Finanzprodukte nur dann zulässt, wenn sie besser sind als Fremdprodukte, hilft nicht weiter. Denn der Kunde kann nicht erkennen, ob der Anspruch eingehalten wird. Er ist dem Anbieter ausgeliefert. Außerdem kassieren die meisten Häuser nach wie vor mindestens einen Teil von Vertriebs- und Bestandspflegeprovisionen, die sie von dritter Seite erhalten. Es wird kein sauberes Honorarmodell angeboten.

DAS INVESTMENT.com: Höhepunkt des Dramas dürfte die Performance sein.

Vielhaber: Ja, sie ist bei nahezu allen Anbietern über die letzten 5 bis 10 Jahre traurig. Selten werden jährliche Renditen erwirtschaftet, die über eine Sparbuchverzinsung hinausgehen. Nicht selten müssen Kunden selbst über einen so langen Anlagezeitraum Verluste hinnehmen. Im Jahr 2008 gab es beinahe ausnahmslos zweistellige Verluste in den dynamischen Depots, oft genug im hohen zweistelligen Bereich bis zu über einem Drittel.

DAS INVESTMENT.com: Ein Versagen der Profis.

Vielhaber: Ja, der Herdentrieb ist unübersehbar. Lieber mit allen Wettbewerbern Fehler und Verluste machen, als das Wagnis einzugehen, aufgrund einer eigenen Meinung gegen den Mainstream zu handeln. Selbst wenn die Einschläge ganz heftig sind, findet meist kein Strategiewechsel statt.

DAS INVESTMENT.com: Gibt es bei der diesjährigen Untersuchung keinen Knaller, kein Haus, das sich besonders innovativ gezeigt hat?

Vielhaber: Nein. Die Branche ist derzeit sehr mit sich selbst beschäftigt. Es fehlt an Orientierung, wo man sich positioniert und wohin man mit dem eigenen Geschäft will. In einer strategisch unklaren Situation ist wenig Raum und selten Geld für innovative Ansätze im Tagesgeschäft.

DAS INVESTMENT.com: Es muss doch positive Überraschungen geben?

Vielhaber: Überraschung wäre zu viel gesagt. Was positiv auffällt ist die immer bessere Vernetzung einzelner Disziplinen im Vermögensmanagement und der dazugehörigen Spezialisten. Das können einige größere Privatbanken sehr gut, aber auch die Multi-Family-Offices und Häuser, die sich wirklich auf eine ganzheitliche Beratung fokussieren.

DAS INVESTMENT.com: Das Traditionshaus Sal. Oppenheim hat massive Probleme gehabt, und geht nun in der Deutschen Bank auf. Können sich die übrigen Privatbanken freuen?

Vielhaber: Nein, im Gegenteil. Jahrelang war Sal. Oppenheim vom Erfolg verwöhnt. Solide Inhaber, wie es schien, die mit ihrem eigenen Geld erfolgreich arbeiten. Nun ist bei Sal. Oppenheim, aber auch bei der UBS, Grundlegendes ins Wanken geraten. Dabei ist es die Beständigkeit, auf die Kunden sehr viel Wert gelegt haben und legen. Das Image der Privatbanken hat durch die Krise bei Sal. Oppenheim und der UBS leider spürbar gelitten. Einen längerfristigen Nutzen kann daraus niemand ziehen.

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