Die Privatmärkte können kaum noch als „alternative“ Anlageklasse bezeichnet werden. Anleger können sogar zu dem Schluss kommen, dass diese Anlageklasse für ein diversifiziertes Portfolio wichtiger denn je ist. Tatsächlich spielen Privatmarktanlagen in den Portfolios vieler institutioneller Anleger schon heute eine wichtige Rolle. Davon ist das BlackRock Investment Institute (BII) überzeugt, das anhand eigener Analysen Portfoliomanagern und Kunden von BlackRock wichtige Einblicke in die Anlagemärkte bietet.
Das BII geht davon aus, dass eine Beimischung von privaten Vermögenswerten in Portfolios von bis zu 20 Prozent vorteilhaft für Anleger sein kann. Statt einer traditionellen 60/40-Allokation in Aktien und Anleihen empfehlen die Experten von BlackRock einen Mix aus 50 Prozent Aktien, 30 Prozent Anleihen und 20 Prozent Privatmarktanlagen. Denn die Phase der Großen Mäßigung ist vorbei, und die Märkte haben sich verändert. Das aktuelle Umfeld mit höherer Inflation, höheren Zinsen sowie schleppendem Wachstum unterscheidet sich merklich von den Bedingungen der letzten 40 Jahre.
Dass wir es mit einem neuen Marktregime zu tun haben, wird an der Beziehung zwischen börsengehandelten Aktien und Anleihen deutlich: In den 40 Jahren bis Ende 2021 konnten sich Anleger darauf verlassen, dass Aktien und Anleihen negativ korrelierten, das heißt, dass sie sich in entgegengesetzte Richtungen bewegten. Anleger konnten also für die Portfoliodiversifizierung und verlässliche Renditequellen auf diese beiden Anlageklassen zurückgreifen. Eine positive Korrelation zwischen Aktien und Anleihen bedeutet hingegen, dass sich ihre Renditen in die gleiche Richtung bewegen. Ist dies der Fall, dienen sie nicht mehr zuverlässig zur Diversifizierung und als Renditequelle, vor allem wenn sie gleichzeitig an Wert verlieren. Genau das geschah 2022, als Anleger sowohl mit Aktien als auch mit Anleihen Verluste erlitten.
Verschiedene Optionen
Zu den Privatmarktanlagen zählen Private Equity, Infrastruktur, Private Credit und Immobilien. Ihr Handel erfolgt an den Privatmärkten und dies weniger häufig, als bei börsennotierten Aktien und Anleihen üblich. Privatmarktanlagen tragen dazu bei, dass Anleger ihre Möglichkeiten erweitern und ihr Renditepotenzial sowie die Diversifizierung ihres Portfolios verbessern können. Einige von ihnen bieten überdies Inflationsschutz.
Private Equity – Investitionen in Unternehmen im Privatbesitz. Diese Anlageklasse bietet die Möglichkeit, neben herkömmlichen Buyouts auch in Unternehmensausgliederungen, Public-to-Private-Transaktionen, notleidende Firmen und gescheiterte Verkäufe zu investieren. Im aktuellen Umfeld sehen wir interessante Chancen bei Unternehmen, die sich über die Ausgliederung von Unternehmensteilen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen. Nach der Aktienmarktkorrektur finden wir auch Public-to-Private-Transaktionen attraktiv sowie Konsolidierungsstrategien, die dann zum Einsatz kommen, wenn kleinere Unternehmen unter Druck geraten.
Infrastruktur – Investitionen in oder Kredite für Infrastrukturprojekte wie Mautstraßen, Kraftwerke oder Versorgungseinrichtungen, bei denen Anlegern ein Teil der Einnahmen zufließt. In seinem Transition Scenario schätzt das BlackRock Investment Institute, dass die Kapitalinvestitionen in den Energiesektor bis 2050 auf durchschnittlich 4 Billionen US-Dollar pro Jahr steigen werden. Gegenwärtig beläuft sich das Investitionsvolumen auf durchschnittlich 2,2 Billionen US-Dollar pro Jahr (Quelle: BlackRock-Bericht „Sustainable and transition investing“, Juli 2023). In Zeiten mit höherer Inflation entwickeln sich Infrastrukturanlagen meist gut, was sie im aktuellen Umfeld mit kräftigem Preisauftrieb besonders attraktiv macht.
Private Credit – direkt an Unternehmen vergebene Kredite, bei denen die Vertragsbedingungen individuell ausgehandelt werden. Private Credit kann höhere Zinsen und einen besseren Schutz vor Verlusten bieten als vergleichbare Anleihen. Weil viele dieser Kredite variabel verzinst sind, können sie auch in Zeiten mit steigenden Zinsen potenziell hohe laufende Erträge erzielen. Nach unserer Einschätzung ist Privat Credit inzwischen eines der attraktivsten Privatmarktsegmente mit deutlich höheren Renditen verglichen mit den öffentlichen Märkten und einem besseren Schutz für Anleger. In einem Umfeld mit schleppendem Wachstum, hartnäckig hoher Inflation und steigenden Kapitalkosten sind Auswahl und Qualität von Private-Credit-Investments zentral.
Immobilien – Direktanlagen in erstklassige Wohn-, Gewerbe- oder Industrieimmobilien. Die aktuellen Bewertungen legen nahe, dass sich Anlegern heute eine so günstige Gelegenheit für ein Engagement in dieser Anlageklasse bietet wie seit der globalen Finanzkrise nicht mehr. Wir sehen weltweit in allen Regionen gute Anlagechancen im Value-Added-Segment.
Erste Schritte
Wealth-Portfolios könnte unserer Ansicht nach eine Allokation in Privatmarktanlagen in Höhe von rund 20 Prozent zugutekommen. Die Allokation kann jedoch je nach Risikobereitschaft des Anlegers variieren. Auch wie schnell und leicht das investierte Kapital verfügbar sein muss, ist für jeden Anleger verschieden.
Ausschließlich aus börsennotierten Wertpapieren bestehende Portfolios lassen sich schnell aufbauen und auflösen, denn die Vermögenswerte können jederzeit ge- und verkauft werden. Bei privaten Vermögenswerten dauern Kauf und Verkauf länger – Anleger müssen ihr Kapital einem Portfoliomanager überlassen, der es über einen längeren Zeitraum investiert.
Durch die Privatmärkte navigieren
In den Portfolios institutioneller Kunden spielen Privatmarktanlagen schon seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle. Inzwischen wenden sich aber auch Wealth-Manager sowie vermögende Privatanleger sowie Kunden aus dem gehobenen Massensegment dieser Anlageklasse zu (Quelle: Preqin Global Report 2023, „Private Equity Managers Tap Private Wealth Market to Mitigate Weaker Fundraising Outlook“, 14. Dezember 2022).Ein robustes Privatmarktportfolio aufzubauen ist jedoch kein leichtes Unterfangen. Es erfordert erhebliche Ressourcen und kann zwar mehr Chancen bieten, hat aber auch mehr Tücken als eine Investition in Aktien und Anleihen.
Bei einer Anlage an den Privatmärkten sollten vor allem folgende Faktoren berücksichtigt werden:
Illiquidität: An den Privatmärkten angelegtes Kapital ist nicht so leicht verfügbar, da es in der Regel für die Laufzeit der Investition gebunden ist. Anleger sollten sich daher auf eine lange Anlagedauer einstellen, für die sie jedoch üblicherweise mit einer Prämie entschädigt werden.
Transparenz: Privat-Assets bieten weder dieselbe Transparenz noch Echtzeitkurse, wie sie bei börsengehandelten Wertpapieren üblich sind. Deshalb braucht es einen erfahrenen Manager, der die verschiedenen Anlageoptionen bewerten, beobachten und vergleichen kann.
Renditeunterschiede: An den Privatmärkten kann die Wertentwicklung selbst innerhalb ein und derselben Anlageklasse sehr unterschiedlich ausfallen. Einen Manager zu haben, der die besten Anlagemöglichkeiten aus einer Vielzahl potenzieller Investitionen auswählen kann, ist daher zentral.
Marktzugang: Zu den Hürden für Anlagen an den Privatmärkten können hohe Mindestanlagebeträge, intensiver Wettbewerb um begehrte Fonds sowie aufsichtsrechtliche und länderspezifische Beschränkungen gehören. Ein mit allen rechtlichen Strukturen vertrauter Partner kann den Zugang zu mehr Chancen eröffnen.
Komplexität: Steigt die Zahl der Anlageklassen, in die man investiert, braucht man einen Partner, der die Fondsmanager und Anlagen im Portfolio im Blick behält.
Was spricht für ELTIFs?
In den letzten Jahren wurden die Hürden für den Zugang zu Privatmarktanlagen für viele europäische Anleger deutlich gesenkt. Die 2015 in der Europäischen Union eingeführte ELTIF-Fondsstruktur (= europäischer langfristiger Investmentfonds) ermöglicht es neuen Anlegergruppen, an den Privatmärkten zu investieren. Wie wichtig der EU dieses Instrument ist, hat sie mit der kürzlich verabschiedeten ELTIF 2.0-Verordnung bekräftigt. Diese vereinfacht das Portfoliomanagement, entlastet den Vertrieb und dürfte einen spürbaren Anstieg der über ELTIFs verwalteten Vermögens bewirken. Außerdem sind ELTIFs nun für vermögende Privatanleger in Europa zu geringeren Mindestanlagebeträgen verfügbar. Daher sind wir überzeugt, dass ELTIFs beim Aufbau diversifizierter Portfolios an Bedeutung gewinnen werden.
Bessere Portfolios bauen
Das neue Marktregime erfordert einen breiter aufgestellten und dynamischeren Anlageansatz, bei dem Anleger davon profitieren können, dass ihr gesamtes Portfolio in den Blick genommen wird. Mit einem solchen Ansatz, der über Aktien und Anleihen hinausgeht, können Anleger die Chancen nutzen, die sich an den Privatmärkten bieten.
Mehr über ELTIFs erfahren Sie hier.
