Anissa: Erklär mal, wie vielen Frauen hast du schon beigebracht, den richtigen ETF zu finden?
Hava: Das ist eine gute Frage. Man kann es nicht so richtig zählen. Mit unserem Kurs hatten wir jetzt schon über 300 Teilnehmende. In der Beratung sicher noch ein bisschen mehr. Und wenn man noch Freundinnen mit dazu zählt und Co., dann sind da sicher nochmal mehr dabei. Aber ich würde mal so bei 300 bleiben.
Anissa: Dann kommen heute hoffentlich noch einige dazu. Welche Fragen werden dir denn gestellt, wenn du das Thema ETF aufmachst? Vielleicht auch gerade im Freundeskreis, wo man ganz ungehemmt Fragen stellt.
Hava: Ich glaube, die erste Frage ist: “Ich habe da was vom MSCI World gehört, reicht das? Kann ich das machen?” Oder: “Was ist das überhaupt” – auch oft bei ETFs, “Ich habe es nicht so ganz verstanden.” Es ist ja so ein bisschen ein kryptisches Wort und viele denken dann, das ist auch irgendwie etwas Kryptisches sein muss, dabei ist es recht simpel. Aber die Verständnisfragen, was ETFs so sind, bekomme ich eben viel. Und das Thema “Kann ich nachhaltig mit ETFs investieren”, wird auch ganz oft gefragt. Ich glaube so ein Frauending ist auch das Thema, “Wie gehe ich vor, wie suche ich ein ETF raus? Ist das der Richtige? Ist das einer, der zu mir passt oder ist das ein guter?” So ungefähr diese Fragen. Und was ich auch immer sehr spannend finde, ist die Frage, wie mach ich das denn dann, wenn ich das entsparen will? Also, wenn ich das Geld wieder ausgezahlt haben will. Ich glaub, das sind die meisten Fragen, die ich gestellt bekomme. Die unterscheiden sich schon auch von den Männern, weil Frauen einfach andere Fragen stellen. Also auch an Entnahmen des Gesparten und Investierten gar nicht so zu denken wie Frauen, finde ich. Aber das ist nur meine persönliche Einschätzung.
Breit aufgestellt mit ETFs
Anissa: Die Fragen habe ich ungefähr auch vorbereitet. Erst mal so über Erklärungen und Definitionen zu sprechen, ist total wichtig. Weil ich finde, man kann auch drei- oder viermal hören, bis man verstanden hat, was ein ETF eigentlich ist. Denn irgendwie ist es simpel, aber irgendwo auch nicht. Also kannst du einmal erklären, was ist eigentlich ein ETF und warum ist es gerade für Anfänger:innen vielleicht ein gutes Investmentprodukt?
Hava: Also ETF steht ja kurz einfach gesagt für Exchange Traded Fund. Und da steht schon in diesem Begriff ein ganz wichtiges Wort drin, und zwar Fund, ein Fonds. Von der Perspektive aus kann man das ganz gut erklären, was ein ETF ist. Ich nehme immer ein Beispiel, was so ein bisschen einleuchtend für viele ist. Ich kann über einen Fond sehr viele verschiedene Aktien, so kann man sich vorstellen, in einem Korb einkaufen. Dann habe ich zum Beispiel einen bunt gemischten Obstkorb. So wäre der DAX der deutsche Obstkorb, wo ganz viele Äpfel, Birnen und was alles in Deutschland wächst, drin wären. Oder analog eben die 40 größten Unternehmen in Deutschland per Markt kapitalisiert. Und wenn ich jetzt das Ganze nochmal runterbreche, ist ein ETF einfach eine Unterform eines Fonds, denn es gibt ja verschiedene Formen von Fonds, die man sich anschauen kann. Und da nehme ich auch wieder gerne das Supermarkt Beispiel. Ich habe zwei Möglichkeiten, wie ich so einen Obstkorb zusammenstellen kann. Ich gehe in den Supermarkt und im ersten Beispiel gehe ich einfach mal frei Schnauze hin und gucke, was mir gefällt, was ist vielleicht im Angebot. Was kann ich in meinen Korb so einkaufen? Was gefällt mir persönlich? Oder vielleicht ja ist gerade Saison. Und das kaufe ich ein, stelle diesen Obstkorb zusammen, brauche vielleicht ein bisschen länger, weil ich mir ja Gedanken machen muss, gehe an die Kasse und bezahle und habe meinen Obstkorb.
Dann habe ich die zweite Möglichkeit. Ich kann im Vorfeld eine Einkaufsliste mitnehmen, zum Beispiel eben dieser deutsche Obstkorb. Und der deutsche Obstkorb sagt, du sollst 30 Äpfel kaufen, 20 Birnen und 10 Pflaumen. Dann machst du das recht schnell vergleichst vielleicht ein bisschen den Preis, aber mehr machst du eigentlich nicht. Gehst du an die Kasse, bist du wahrscheinlich schneller, bezahlst und hast dann auch einen Obstkorb zusammengestellt. Und dieser zweite Obstkorb wäre sinnbildlich ein ETF, denn ich erstelle einen Obstkorb nach einer Einkaufsliste. Und diese Einkaufsliste ist der Index also einfach der DAX – ein Index, eine vordefinierte Einkaufsliste und das ist sozusagen der Unterschied. Das heißt, das andere, was ich genannt habe, wäre zum Beispiel ein aktiver Fonds. Da hätte ich immer einen aktiven Obstkorbmanager, der dieses Obst zusammenkauft und vergleicht und guckt, was kann ich in diesen Obstkorb einkaufen. Und bei dem ETF ist es halt einfach nach einer vorgefertigten Einkaufsliste, nach einem Index. Und diese Indizes sind frei überall verfügbar. Also wenn man jetzt zum Beispiel DAX googelt, dann bekommt man diese Einkaufsliste rausgeschmissen, so ungefähr. Ich glaub, der Hauptunterschied, wenn man dann bei dem Thema ist, ist, dass ETFs dadurch, dass sie sich an dieser Einkaufsliste orientieren, günstiger sind. Kann man sich auch wieder am Obstkorbbeispiel verdeutlichen. Ich brauch weniger Zeit, weniger Ressourcen, die ich da investiere. Und deshalb ist das Ganze auch ein bisschen günstiger für mich, dieses Korb-Zusammenzustellen.
Der ideale Investmentstart für Anfänger:innen
Anissa: Ich kannte das Beispiel noch nicht und finde es so gut! Und wünschte, jemand hätte mir das so auf diese Art und Weise erklärt, als ich das Wort ETF das erste Mal gehört habe, weil es hilft ja total, wenn im Kopf direkt Bilder aufgehen, an die man sich auch erinnert. Und warum sind dann die ETFs, also die an der Einkaufsliste zusammengestellten Fonds, warum sind die für Anfänger:innen gerade gut? Was sind da noch die Vorteile? Kannst du das noch mal sagen?
Hava: Also wir haben das Thema Kostengünstigkeit. Was auch sehr schön ist, ist, dass man per se eine breite Streuung hat, wenn man drauf achtet, in was man investiert. Also wenn ich einen Obstkorb habe, dann kann ich den sehr breit aufstellen. Und das ist für Anfänger:innen sehr gut, weil je breiter mein Obst sozusagen, wenn mal eins fault, dann habe ich noch viele andere Obstsorten oder halt Aktien in meinem Korb und habe dadurch weniger Risiko. Und ich glaube, ein dritter Punkt ist, dass ETFs schon mit kleinen Summen besparbar sind. Wenn ich Lust habe, mich mal ranzutasten, geht das ja mittlerweile bei vielen Brokern mit Bruchteilen von einem Euro oder fünf Euro. Also, eine sehr niedrige Schwelle mal anzufangen und durchzustarten.
Neugierig geworden?
Anissa: Und wenn man jetzt ans Durchstarten oder ans Anfangen denkt, dann ist ja nicht der ETF meistens das erste Produkt oder die erste Entscheidung, die man treffen muss. Man braucht erstmal ein Depot, also das Portemonnaie oder das Konto, über das man diesen ETF kauft. Kannst du da einmal grundlegend erklären, was ist das nochmal genau und wie finde ich raus, was ein gutes Depot ist, ohne dass ich vielleicht auch zu viel Geld dafür bezahle?
Hava: Du hast es schon angedeutet. Also diese Obstkörbe kann ich nur über ein bestimmtes Konto kaufen. Ein Depot kann man sich vorstellen wie ein digitales Konto, wo ich diese Wertpapiere, also ETFs einkaufen und mir da reinlegen kann. Früher waren das tatsächlich Papiere, die man gekauft hat. Und das ist jetzt digitalisiert. Und deshalb sehe ich auch jeden Tag den veränderten Wert in meinem Depot. Das heißt, das muss ich irgendwo eröffnen. Das geht bei einem Online-Broker, aber auch bei der Hausbank. Es gibt Unterschiede in den Kosten, in der Benutzerfreundlichkeit, also wie das Interface aussieht, dann natürlich in der Sparplanausführung. Also zum einen kostet der ETF natürlich Geld, aber auch die Ausführung, die Transaktion, wenn ich mir zum Beispiel einen Sparplan einrichte, kann Geld bei manchen Brokern etwas extra kosten. Oder wenn ich auf einmal 1.000 Euro anlegen will, dann kann es auch Ordergebühren haben. Das kann man vergleichen bei den verschiedenen Brokern. Und dann natürlich auch, welche Sparpläne verfügbar sind, also welche Wertpapiere. Das unterscheidet sich auch. Mittlerweile ziehen die Anbieter nach, die Depotanbieter als auch Banken. Aber es gibt tatsächlich Unterschiede, eben welche ETFs besparbar sind bei welchen Brokern. Das sind im Großen und Ganzen die Punkte, auf die ich achten würde, wenn ich ein Depot eröffne. Was ich da auch Anfänger:innen mitgeben kann, weil viele da so eine große Philosophie draus machen – der Vergleich am Anfang ist superwichtig. Aber wenn ich mir unsicher bin, kann ich auch mal zwei Depots eröffnen und vielleicht ein Jahr, ein halbes Jahr testen, mit was ich besser zurechtkomme. Manchmal ist es auch so ein bisschen diese Interface-Geschichte. Mal gibt es das nur auf mobile. Vielleicht mag das der eine nicht. Vielleicht findet jemand aber Desktop blöd. Dass man dann einfach mal ausprobiert und guckt. Denn viele Online-Depots ja mittlerweile recht kostengünstig, sodass man da keinen großen Fehler machen kann – oder große Verluste.
Einfach starten und ausprobieren
Anissa: Voll der wichtige Hinweis. Auch grundsätzlich, wenn man mal anfängt, jetzt einen ETF zu besparen und da anfängt, Geld reinzustecken. Man macht keine riesigen Fehler am Anfang, glaubt mir. Also am Anfang geht es ums Ausprobieren und Starten. Und ich glaube, kein Finanzexperte, keine Finanzexpertin auf der Welt hat niemals keine Fehler gemacht. Am Anfang ist es komplett normal, dass man nach einem halben Jahr merkt, ach, okay, war doch nicht so clever oder so geht es vielleicht schneller. Das ist ein Teil des Lernprozesses. Also da muss man auch gar nicht den Druck haben, dass man da gleich irre viel Geld versenkt oder dass man jetzt für ewig was abschließt, was sich nie wieder rückgängig machen lässt. Weil genau das ist bei ETFs einfach nicht der Fall. Das ist einer der großen Vorteile.
Hava: Absolut. Da bin ich auch ganz bei dir. Wichtig ist, sich Gedanken zu machen, aber auch nicht zu viele Hürden im Kopf zu haben. Ich sehe viele Frauen, die sehr viel Angst haben, was falsch zu machen. Also immer diese Angst, etwas falsch zu machen. Aus Fehlern lernt man. Und wenn man mal mit kleinem Geld und kleinen Schritten vorangeht, ist das eine gute Sache. Wenn man jetzt, sage ich mal, kurz vor der Rente steht und das Geld braucht, dann wäre ich natürlich ein bisschen vorsichtiger. Also es kommt ein bisschen drauf an. Aber wenn ich jetzt 30 bin und ich starte, dann ist es auch mal gut, einfach zu starten.
Anissa: Ich glaube, viele fragen sich am Anfang wirklich, wie viel Geld investiere ich und wie investiere ich? Du hast es gerade schon so ein bisschen angerissen mit Einmalzahlung oder Sparplan. Was sind denn die Möglichkeiten bei ETFs? Wie kann ich starten?
Hava: Ein Sparplan ist, wenn man eine regelmäßige Zahlung auf einen ETF macht. Das kann man von eben einem bis unbegrenzt Euro im Monat machen. Aber nicht nur im Monat vom Intervall, sondern auch pro Quartal, oder alle halbe Jahre, dass es eine Regelmäßigkeit hat. Ich muss mir nicht so viel Gedanken drüber machen, es wird meistens einfach eingezogen. Dann habe ich die Möglichkeit, Einmalzahlungen zu machen. Das heißt, wenn ich eine Summe X hab, mit der ich direkt losstarten will, dass ich dann auch direkt mit diesem Geld eben die Anteile kaufen kann. Oder wenn ich eine Bonuszahlung bekomme, auch die Kombi zu machen. Ich habe vielleicht einen regelmäßigen Sparplan, aber schieß noch mal am Jahresende irgendwas ein oder so. Also die zwei Hauptmöglichkeiten gibt es.
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