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Rating Privathaftpflicht: Ein Tarifvergleich mit Schwächen

Das Analysehaus Franke und Bornberg (F&B) hat sein diesjähriges Rating in der Privathaftpflichtversicherung (PHV) veröffentlicht. Dabei kommen 304 Tarife für Familien und 300 Angebote für Singles von 92 Anbietern auf den Prüfstand.
Neue Bewertungsregeln im Produktrating
Für die aktuelle Ratingrunde haben die Experten in den beiden höchsten Bewertungsklassen die Mindeststandards angepasst. Hier beträgt die Deckungssumme für Personen- und Sachschäden ab sofort mindestens 50 Millionen beziehungsweise 20 Millionen Euro. Zuvor lag die Hürde bei 10 Millionen Euro. „Einige Versicherer bieten mittlerweile sogar 100 Millionen Deckungssumme. Das sieht attraktiv aus, eignet sich aus unserer Sicht aber nicht als Mindestkriterium. Wir wägen immer ab, ob diese Schadensummen überhaupt realistisch sind“, sagt Michel Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke & Bornberg.
Neu im Rating finden sich Detailkriterien zur Versehensklausel. Die maximale Punktzahl wird laut F&B vergeben, wenn der Versicherer auch zahlt, wenn Obliegenheiten versehentlich verletzt werden. Auf diese Weise erhielten Versicherte maximale Rechtssicherheit und müssten keine Streitigkeiten vor Gericht fürchten. Im Ratingansatz für Familientarife findet sich ein neues Detailkriterium zum Versicherungsschutz für pflegebedürftige Personen.
Ebenfalls neu sind die Kriterien Besitzstandsgarantie und die Best-Leistungsgarantie (erweiterte Vorsorgeversicherung). Beide Klauseln können Mehrwerte bieten, sind aber je nach Tarif mit Ausnahmen gespickt, so die Autoren. Leistungsausschlüsse oder zeitliche Begrenzungen werden in der Bewertung dabei mit Abschlägen versehen.
So funktioniert die Methodik
Als Quellen für das Rating werden ausschließlich die Versicherungsbedingungen sowie gegebenenfalls verbindliche Verbraucherinformationen, Antragsformulare, Versicherungsscheine, Geschäftsberichte und per Stichprobe verifizierte Daten genutzt. Für das Rating hat F&B Familientarife nach 23 Hauptkriterien mit 72 Detailkriterien analysiert; bei Singletarifen sind es 20 Hauptkriterien mit insgesamt 60 Ausprägungen.
Die Testkandidaten werden zunächst dahingehend überprüft, in welchen Ausprägungen beziehungsweise Varianten welche Detailleistungen und Einzelregelungen angeboten werden, wird zur methodischen Vorgehensweise erläutert. Die Qualität der jeweiligen Regelungen wird in einem nächsten Schritt auf einer Skala von null für die schlechteste Ausprägung bis 100 für die beste Ausprägung eingeordnet. Danach werden die einzelnen Leistungskriterien entsprechend ihrer Wichtigkeit aus Kundensicht gewichtet.
Weitere Details können in den „Bewertungsgrundlagen“ nachgelesen werden.
Anbieterfreundliches Bewertungsschema
Um die Gesamtqualität der Tarife zu messen, greift das Analysehaus auf ein siebenstufiges Bewertungsschema von „FFF+“ (hervorragend) über „FFF“ (sehr gut) bis „F-“ (ungenügend) zurück. Die Klassen sind nach eigenen Angaben so bemessen, dass geringfügige, für die Praxis unerhebliche Punktunterschiede nicht zur Einstufung in eine andere Klasse führen. Innerhalb der Ratingklassen sorgen zusätzliche Schulnoten für weitere Differenzierung. Zudem müssen für eine Einordnung in bestimmte Ratingklassen zusätzliche Mindeststandards erfüllt werden.
Aufgrund der zur bekannten Noten-Skala hinzugefügten „Hervorragend“-Bewertung muss das verwendete Schema als sehr anbieterfreundlich bezeichnet werden. Das ist offensichtlich dem Geschäftsmodell von F&B geschuldet. Ausgezeichnete Unternehmen können kostenpflichtige Siegel zu Vertriebs- und Marketingzwecken erwerben.
Ergebnisse im Überblick: So schneiden die Privathaftpflichttarife ab
Seit dem ersten Produktrating im Jahr 2015 verzeichnen die Analysten nach eigenen Angaben deutliche Fortschritte in der Tarifqualität. Ob höhere Deckungssummen, erweiterte Vorsorge oder Versichererwechsel – die besten Tarife leisteten heute deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren. Auffällig ist, dass die Ergebnisverteilung im Rating bei Single- und Familientarifen fast identisch ist.
In Vorjahresvergleich stagnieren die Ergebnisse allerdings. Aktuell erhalten 15,8 Prozent der Familientarife die Höchstbewertung „FFF+“ (2024: 14,2 Prozent). Im Segment Singles vergibt das Unternehmen die Höchstnote an 15,3 Prozent der Offerten (2024: 16,9 Prozent). Dabei schaffen HDI, HFK1676 (Hamburger Feuerkasse), Huk-Coburg, Huk 24, SV Sparkassenversicherung und der Versicherer im Raum der Kirchen den Auf- oder Einstieg in die Riege der Anbieter mit mindestens einem hervorragend bewerteten Tarif.
Rund ein Drittel der Offerten werden jeweils mit sehr gut eingestuft. Dahinter folgt ein breites Mittelfeld. Im Feld der schwächeren Tarife mit einer Note nicht besser als ausreichend verzeichnen die Analysten wenig Bewegung auf geringem Niveau.
Wenig schwache Tarife trotz Mängeln bei Basisprodukten
Da viele Versicherer Tarifwerke von einem Basis- bis zu einem Premiumschutz anbieten, sind bedinungsseitige Abstufungen zwangsläufig. Da F&B wie andere Ratingagenturen das Kriterium Preis nicht berücksichtigt, werden letztlich Produkte verglichen, die gar nicht die gleichen Maßstäbe erfüllen sollen, weil sie unterschiedliche Bedürfnisse bedienen und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.
Vor diesem Hintergrund ist es eher verwunderlich, wie wenig schwache Produkte es im Rating gibt, obwohl F&B angibt, was den Einsteigertarifen meist fehlt. Sie schwächelten demnach „häufig beim Schutz für deliktunfähige Mitversicherte (nur Familien-Privathaftpflicht), selbstständige nebenberufliche Tätigkeiten, Schäden an Sachen von Arbeitskollegen oder Arbeitgebern, Verlust von beruflichen Schlüsseln sowie beim Schadenersatzrechtsschutz.“


Die tagesaktuellen Ranglisten zu allen Tarifvariationen können hier eingesehen werden.
Sparen lohnt sich laut Franke & Bornberg nicht
Einen Tarif mit sehr guten Leistungen finden Singles ab 50 und Familien ab 70 Euro im Jahr, so die Autoren. Singles, die ausschließlich auf den Preis achteten und auf ein Basisprodukt schielten, können laut F&B nur 15 Euro im Jahr sparen und Familien 25 Euro. „Geiz lohnt sich nicht in der PHV, ganz im Gegenteil. Wer am falschen Ende spart, zahlt im Schadenfall oft drauf“, so Franke.
Nachhaltige Leistungen werden wichtiger
Einen Trend, den F&B ausgemacht hat, ist, dass einige Versicherer nachhaltige Produktfeatures anbieten. In der Privathaftpflicht bedeute dies vor allem, Mehrkosten für eine Reparatur oder ressourcensparenden Ersatz zu übernehmen.
„Neuerdings beobachten wir, dass Gesellschaften den PHV-Schutz auf Wallboxen und Wandladestationen für E-Autos ausweiten“, sagt Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken bei Franke und Bornberg. Das gelte aber nur für die private Nutzung. Eine Handvoll Versicherer regelten mittlerweile auch Mietsachschäden an E-Scootern und E-Bikes. Häufig seien diese Leistungen aber nur den Top-Varianten vorbehalten.