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Private Krankenversicherung So wehren sich PKV-Kunden gegen Beitragserhöhungen

Mann im Krankenhaus: Privat Krankenversicherte können hohe Rückzahlung geltend machen, wenn ihr Anbieter seine Beiträge erhöht, ohne dies seinen Kunden konkret zu begründen.
Mann im Krankenhaus: Privat Krankenversicherte können hohe Rückzahlung geltend machen, wenn ihr Anbieter seine Beiträge erhöht, ohne dies seinen Kunden konkret zu begründen. | Foto: obs/Kraus Ghendler Ruvinskij/OceanProd - stock.adobe.com / Fotograf: OceanProd
Ilja Ruvinskij, Kraus Ghendler Ruvinskij

„Ein aktuelles Urteil eröffnet nun für viele privat Versicherte weitere Chancen auf eine Beitragserstattung für die letzten Jahre“, kommentiert Britta Beate Schön ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Januar (Aktenzeichen: 9 U 138/19). In dem verhandelten Einzelfall ging es um Prämienerhöhungen des Versicherers Axa in den Jahren 2014 und 2015. „Die Richter in Köln urteilten, dass die Versicherung die Erhöhung ihrer Beiträge nicht ausreichend begründet habe. Sie war daher unwirksam.“ Hintergrund ist, dass Paragraf 203 Absatz 5 Versicherungsvertragsgesetz vorschreibt, dass die neu festgesetzte Prämie erst dann wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer über die „hierfür maßgeblichen Gründe“ benachrichtigt wurde.

Doch das Urteil aus Köln ist noch nicht rechtskräftig, betont Schön, die beim Verbraucherportal Finanztip für sämtliche Rechtsthemen zuständig ist. Das bedeute, dass der Weg zum Bundegerichtshof (BGH) frei ist, so die promovierte Juristin, die zuvor als Leiterin der Rechtsabteilung bei Finanzdienstleistern wie Telis Finanz und Interhyp tätig war. „Die Chancen stehen gut, dass auch die Richter am BGH strenge Kriterien für wirksame Begründungen fordern.“ Bereits in vorangegangenen Verfahren hatte der BGH in seinem Urteil vom 19. Dezember 2018 (Aktenzeichen: IV ZR 255/17) darauf hingewiesen, dass Gerichte umfassend prüfen müssen, ob eine Versicherung ihre Preissteigerung gegenüber ihren Kunden ausreichend begründet hat.

Beitragserhöhungen mangelhaft begründet

Als „sensationelles Urteil“, kommentiert auch Rechtsanwalt Ilja Ruvinskij den Kölner Urteilsspruch in dem Verfahren gegen die Axa. „Acht Millionen Kunden der Privaten Krankenversicherungen (PKV) ächzen jedes Jahr unter den saftigen Beitragserhöhungen“, so der Partner der Kraus Ghendler Ruvinskij Anwaltskanzlei weiter. Er stelle infrage, ob „es dabei immer mit rechten Dingen zugeht, oder ob die meisten Erhöhungen der letzten Jahre unzulässig waren“. Das aktuelle Urteil gegen den zweitgrößten privaten Krankenversicherer hierzulande, falle zumindest deutlich zugunsten der Versicherten aus. „Diese können nun mit immensen Beitragsrückzahlungen rechnen“, ist sich der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sicher.

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„Besonders brisant: Die Axa hat ihren Sitz in Köln - der Ausgang aller weiteren Verfahren vor den Kölner Gerichten ist mit der Entscheidung vorprogrammiert“, so der Klägervertreter weiter. „Der Versicherungssenat des OLG Köln fand drastische Worte für die Begründungsschreiben, mit denen die Axa ihre Kunden über den Anstieg der Prämien informiert hatte.“ Diese hätten die Richter mit den Formulierungen „widersprüchlich“ und „missverständlich, wenn nicht gar sachlich falsch“ sprichwörtlich „in der Luft zerrissen“, sagt Ruvinskij. „Im Ergebnis steht nun fest, dass diese mangelhaften Kundeninformationen einen Verstoß gegen das Versicherungsvertragsgesetz darstellen - was für viele Versicherte Rückzahlungsansprüche in vierstelliger Höhe zur Folge hat.“

Hohe Erstattungen für Versicherte

Das aktuelle betreffe zwar lediglich die beiden PKV-Tarife EL Bonus und Vital-Z-N der Axa in den Jahren 2014 und 2015. „Aber die Bedeutung des Urteils geht weit über diese Tarife hinaus“, erklärt Ruvinskij. Auch andere Versicherer müssten „mit größter Wahrscheinlichkeit“ Zahlungen der letzten Jahre rückerstatten. „Da unsere Kanzlei dieses Thema bereits seit über zwei Jahren bearbeitet, kennen wir die Formulierungen der meisten Versicherer. Ich bin sicher, dass neben Kunden der Axa viele weitere Versicherte mit Rückzahlungen rechnen können.“ Im Juni zum Beispiel verhandele man vor dem OLG Köln die Beitragserhöhungen der DKV, dem Krankenversicherer der Ergo Group. Deren „Fehler sind mit den Fehlern der Axa identisch“, so Ruvinskij. 

Axa geht gegen Urteil in Revision

Von Fehlern ist bei der Axa hingegen keine Rede. Stattdessen habe das OLG Köln dem Versicherer „in vielen Punkten Recht gegeben, in anderen nicht“. Eine Sprecherin des Unternehmens kündigt daher an: „Um eine höchstrichterliche Entscheidung mit Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erhalten, hat Axa gegen dieses Urteil Revision zum BGH eingelegt, die das OLG Köln bereits zugelassen hat.“ Die Aussagen der Kanzlei Kraus Ghendler Ruvinskij könne man daher auch nicht nachvollziehen. Die Sprecherin betont in ihrer Replik auf die Vorwürfe der Verbraucheranwälte, dass man „jedweden Eindruck oder Vorwurf, dass Beitragsanpassungen bei Axa nicht korrekt erfolgt seien, in aller Deutlichkeit zurückweist“.

Gestiegene Ausgaben maßgeblich

Stattdessen habe der Versicherer seine Kunden „stets ordnungsgemäß“ informiert und sich dabei an die Vorgaben des Versicherungsvertragsgesetzes gehalten. Auslöser nahezu aller Beitragsanpassungen in der Vergangenheit waren demnach gestiegene Leistungsausgaben. „Diesen ‚maßgeblichen Grund‘ haben wir unseren Kunden stets mitgeteilt“, so die Axa-Sprecherin. „Weitergehende Forderungen, etwa nach der Nennung der auslösenden Faktoren, lassen sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen.“ Diese Auffassung habe zuletzt auch das OLG Celle bestätigt, dessen Urteil bereits rechtskräftig sei. „Fünf weitere Oberlandesgerichte haben ebenfalls bereits signalisiert, dass sie die Mitteilungen über Beitragsanpassungen für wirksam halten.“

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