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PKV-Experte Walter Benda: Massive Kritik an Stiftung Warentest

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Die aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest zur Privaten Krankenversicherung (PKV) hat ein riesiges Medienecho hervorgerufen. Nun versucht die betroffene Branche aus der Defensive zu kommen. Neben dem PKV-Verband wehren sich auch Makler gegen den aus ihrer Sicht unserlösen Test. Darunter ist auch DAS INVESTMENT-Experte Walter Benda, der bekannt dafür ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen....
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Die aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest zur Privaten Krankenversicherung (PKV) hat ein riesiges Medienecho hervorgerufen. Nun versucht die betroffene Branche aus der Defensive zu kommen. Neben dem PKV-Verband wehren sich auch Makler gegen den aus ihrer Sicht unserlösen Test. Darunter ist auch DAS INVESTMENT-Experte Walter Benda, der bekannt dafür ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Er spricht in seinem Gastbeitrag von erschreckenden Wissenslücken sowie Methodikfehlern bei der Untersuchung.
Viele Ungereimtheiten
In der ersten Zwischenüberschrift wird behauptet, dass nicht alle PKV-Tarife die GKV toppen. Das stimmt, hat aber auch niemand behauptet. Nur hinkt der Vergleich bereits systemisch. Alle PKV-Tarife, selbst die allerschlechtesten Tarifbedingungen, leisten nach GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte), womit sie nicht den Zwängen der GKV unterliegen.
Es gilt kein Wirtschaftlichkeitsgebot oder keine Regressforderung. Der Arzt bekommt jeden Patientenbesuch vergütet, was der Hauptgrund für die schnellere Terminvergabe ist. Das erfüllen ausnahmslos alle PKV-Tarife, wenn man die Logik der GKV unterstellt. Lässt man andere Tarifbedingungen sowie Sonderfälle außen vor, bekommt jeder PKV-Versicherter erstmal eine bessere ambulante Versorgung als ein GKV-Mitglied.
Es fehlt ein Fünftel aller Tarife
Die Tester kommen auf 1.245 Tarifkombinationen. In meinen Beratungen erscheinen regelmäßig über 1.500 Kombinationen. Die offene Frage ist, welche Datenbasis genommen wurde, so dass circa ein Fünftel weniger Tarife berücksichtigt wurden? Auch gängige Vergleichsprogramme – die grundsätzlich keine Entscheidungsgrundlage darstellen sollten – kommen auf höhere Werte.
Die Tester haben auch viele Leistungen schlicht vergessen aus meiner Sicht: Kieferorthopädie ist bei Erwachsenen nicht mitversichert, sondern nur bei Unfall. Jeder Vierte meiner Kunden will aber Top-Versorgung bei den Zähnen, wozu Kieferorthopädie unzweifelhaft zählt. Die Folgen einer Strahlentherapie, degenerativen Erkrankung, Altersverformung, Anpassungsbedarf nach fehlerhaftem Zahnersatz scheinen den Testern unbekannt zu sein.
Privatarztwahl, nicht Chefarztbehandlung
Völlig absurd ist die Aussage, dass man im Krankenhaus den Chefarzt verlangen kann. Es geht nicht um den Chefarzt, sondern um die Privatarztwahl. In dem Zusammenhang ist es übrigens unerlässlich auch die entsprechende Gebührenordnung zu versichern, weil man sich die Privatarztwahl sonst eventuell nicht leisten kann. Wer mit Verdacht auf Schlaganfall oder Herzinfarkt in ein Krankenhaus kommt, will einen Herz-Spezialisten, Venen-Spezialisten, Blut-Spezialisten oder Gefäß-Spezialisten. Was nutzt da der Chefarzt, wenn er Orthopäde ist.
Wenn ein Blinddarm entfernt werden muss, benötige ich keinen langjährig erfahrenen Oberarzt, der das zwar oft gemacht hat, aber aus der Übung ist. Da ist womöglich der junge Assistenzarzt der Bessere, weil er die Operation mehrmals pro Monat ausführt.
Preis-Fokus greift völlig zu kurz
Empfohlen wird der Abschluss eines Beihilfe-Ergänzungstarifs bei Beamten. Dumm ist nur, dass hier nicht nach Qualität unterschieden wird, denn beispielsweise bei Hilfsmitteln macht es einen enormen Unterschied, ob der Zuschuss dieses Bausteins auf 500 Euro pro Hilfsmittel begrenzt ist oder die vollen Restkosten übernimmt. Naja, Hauptsache billig, nicht wahr?
Die endgültige Bankrotterklärung folgt in diesem Satz: „Interessierte können in den Tabellen (...) nach dem Preis auswählen.“ Nein, das können Sie nicht und würde bei einem Versicherungsmakler zur Haftung führen. Grund: Versicherungen können neue Tarife aufgrund von rechnungsoptimierten Annahmen mit Taschenspielertricks günstiger auf den Markt werfen, als der Beitrag es eigentlich sein sollte. Diese mathematischen Tricks heißen Wartezeiteffekt oder Selektionseffekt. Aber wird ein Tarif zu billig auf den Markt gebracht, erfährt er anfangs überproportionale Anpassungen.
Merke: Eine Beitrags-Arbitrage im Sinne dauerhaft günstiger Tarife ist nur möglich, wenn auf Leistungen verzichtet wird. Denn langfristig hat jede PKV die gleich kranken, gleich teuren Kunden, die die gleiche Durchschnittsprämie notwendig machen. Die gleiche Leistung kann nicht dauerhaft günstiger sein, sondern wird überproportional angepasst.
Das ist Grundhandwerkszeug in der Aktuars-Ausbildung und müsste den Testern bekannt sein. Dass die Aussagen zu Beihilfe, Arbeitgeber-Zuschuss unter anderem rudimentär sind, ist im Rahmen von Vereinfachungen vertretbar nach meiner Auffassung. Fahrlässig aber ist, nicht zu erwähnen, dass die pauschale Beihilfe für Beamte eine Einbahnstraße ohne Rückkehrmöglichkeit ist.
Offenbar Unkenntnis der Rechtslage
Gut ist, dass die Einschaltung eines Versicherungsmaklers empfohlen wird. Schlecht ist, dass direkt im Anschluss dann doch so getan wird, als könnte man ohne Versicherungsmakler prüfen und dabei günstige Angebote selbst erhalten. Der Versicherte kann aber keinen Antrag ohne Vermittler stellen.
Es geht noch weiter: Gleiche Tarife dürfen keine unterschiedlichen Preise haben. So steht es zum Beispiel in der Kalkulationsverordnung für die Krankenversicherung. Statt scharfer Anträgen sind anonyme Risikovoranfragen zu stellen. Und im Rahmen dieser ist die Krankenakte zu prüfen.
Wird ein scharfer Antrag abgelehnt, ist das fast überall anzugeben, was Nachfrageobliegenheiten auslöst und damit die Versicherbarkeit gefährdet. Das ist nicht nur fahrlässig, das kann zur vollständigen Unversicherbarkeit führen. Der Verweis auf das Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versichere ist abenteuerlich, denn PKV-Anträge werden hier nicht erfasst und wurden es auch noch nie.
Die Beiträge im Alter – mathematischer Unsinn
Die Tester sagen, dass für das Alter zurückgelegte Beiträge nicht ausreichen würden und behaupen, dass seit 2005 die Beiträge im Schnitt um 3,1 Prozent jährlich gestiegen wären. Das ist methodisch falsch und mathematischer Unsinn. Derartige Pauschalaussagen sind bestenfalls statistische Verzerrung, meist sogar Manipulation.
Hier wurde ein unsubstantiiertes Bild des PKV-Verbands als Grundlage genommen. Was hat der Durchschnittspreis eines Autos über die letzten Jahre mit meinem konkreten Kaufpreis zu tun? Welchen Einfluss hat der durchschnittliche Mietspiegel Deutschlands für meine konkrete Wohnung in München-City? Die gleiche Logik ist auf die PKV anzuwenden.
Gut ist, dass auf die PKV-internen Tarifwechselrechte nach Paragraf 204 Versicherungsvertragsgesetz hingewiesen wird. Schlecht ist indes, da falsch, dass eine GKV-Rückkehr über 55 Jahre nicht mehr möglich sei. Beispielsweise kennt die sekundäre Versicherungspflicht der Familienversicherung keine Altersgrenze. Je Kind sind weitere drei Jahre Verlängerung möglich.
Konkrete Tarifempfehlungen unter der Lupe
Ein paar Beispiele, ohne eine tarifliche Empfehlung oder Warnung auszusprechen:
Bei Beamten werden unter anderem die Arag, Barmenia sowie BBKK empfohlen. Die Barmenia und Arag haben ihre alten Beamtentarife durch neue, leistungsstärkere ersetzt, die zudem billiger sind. Bei der BBKK ist erkennbar, dass der günstige Tarif ohne Selbstbeteiligung massiv günstiger ist, als jener mit. Das kann nicht so bleiben und müsste eine entsprechende Anpassung zur Folge haben. Doch Warnhinweise dazu fehlen vollends, denn man solle ja nach Preis aussuchen.
Das gleiche Trauerspiel bei Arbeitnehmern, wo man mit der Arag erneut einen Tarif empfiehlt, der zu billig ist. Hier sind die drohenden Anpassungen bereits bekannt, weil der Anbieter vor wenigen Tagen angekündigen musste, dass die Kinderalleinnachversicherung erneut verschärft sowie die Beitragsrückerstattung flächendeckend gesenkt wird. Auch hier können die unterpreisten neuen Tarife gegenüber den leistungsschwächeren, älteren Tarifen verglichen werden, die noch verkaufsoffen sind. Diese Kritiken werden in Fachkreisen seit 2019 ausgetauscht; anscheinend ohne Kenntnis der Tester.
Jahrelang haben die Tester die Barmenia empfohlen, weil diese beste Leistung bei günstiger Prämie hatte. Dass deren Tarife unterpreist war und nun mehrmals massiv die Beiträge auf ein angemessenes Niveau anpassen musste, hat man wie die eigenen Empfehlungen offenbar vergessen. Dabei gibt es noch mehr solche Beispiele: Die Continentale mit dem „Med-Premium“, Universa mit dem „Top Privat 300“. Alles keine schlechten Tarife, wäre da nicht das Problem mit den mathematischen Taschenspielertricks.
Abrechnung mit der Stiftung Wartentest
Wer schützt uns vor den Verbraucherschützern? Mit einer Haftungsfreistellung Falschaussagen ungestraft verbreiten zu können, ist kein fairer Wettbewerb. Verbraucherschützer sollten denselben Berufsanforderungen sowie Haftungsregelungen unterliegen, wie sonstige Marktteilnehmer. Alles andere ist aus meiner Sicht Wettbewerbsverzerrung.
Über den Autor:
Walter Benda, Jahrgang 1983, fing als Soldat an, arbeitete dann in einem Krankenhaus und begann parallel BWL zu studieren. Später wurde er Mehrfachagent bei einem Allfinanzvertrieb, 2008 dann Versicherungsmakler. Er ist spezialisiert auf die PKV und die Altersvorsorge. Benda gilt unter dem Spitznamen „Benzinfass“ als medienpräsenter und scharfzüngiger Kritiker der Versicherungsbranche. Er betreibt die Seite „Die Finanzprüfer“.



