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Private Markets: „Bis zu 50 Prozent Allokation sinnvoll“

Private Markets erleben seit Jahren einen regelrechten Boom. Doch mit der Zinswende hat die Dynamik nochmal zugenommen. Anlageklassen wie Private Equity, Infrastruktur und Private Debt sind gefragter denn je. Viele institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen schichten ihre Portfolios um, um von den Risikoprämien und laufenden Erträgen zu profitieren.
Die Fondsgesellschaft Invesco verbinden die meisten hierzulande mit dem Publikumsfondsgeschäft, doch auch im Segment der Private Markets ist der Asset Manager ein Schwergewicht. „Wir sind hier mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 40 Milliarden US-Dollar in Private Credit und 80 Milliarden US-Dollar in Real Estate einer der größten Manager weltweit“, erklärt Andreas Mittler, seit Jahresanfang Leiter für Private Markets Distribution in Deutschland. Für Mittler sind zwei Anlagesegmente derzeit besonders wichtig: Immobilien und Unternehmenskredite.
DAS INVESTMENT: Herr Mittler, welche Rolle spielen die Private Markets für Invesco?
Andreas Mittler: Für uns sind die Privatmärkte ein zentraler Wachstumsbereich. Zum einen investieren wir in Immobilien, unter anderem von Deutschland aus steuern wir europäische, asiatische und globale Fonds sowie spezialisierte Strategien wie für Wohnimmobilien oder Hotels. Zum anderen sind wir im Bereich Private Debt sehr aktiv. Hier zählen wir mit einem 130-köpfigen Spezialistenteam und mehr als 40 Milliarden verwaltetem Vermögen zu den führenden Anbietern.
Was macht Private Debt für Investoren so attraktiv?
Mittler: Es gibt verschiedene Gründe. Erstens bietet Private Debt attraktive laufende Erträge, die gerade im aktuellen Zinsumfeld begehrt sind. Zweitens können wir direkt Einfluss auf die Kreditkonditionen nehmen und haben Zugang zu nicht-öffentlichen Informationen der Unternehmen. Drittens erzielen wir eine Komplexitäts- und Illiquiditätsprämie, die uns ermöglicht, höhere Renditen zu generieren als mit klassischen Anleihen. Und nicht zuletzt bietet Private Debt eine Diversifikation, die in einem ausgewogenen Portfolio sehr wertvoll ist.
Lesen Sie hier das Interview mit Andreas Mittler über Private Markets in voller Länge

Natürlich birgt die Anlageklasse auch Risiken, wie Mittler einräumt: „Mit dem Zinsniveau steigen auch die Kreditrisiken, das lässt sich nicht leugnen. Allerdings sind die Kreditausfallraten mit 3-4 Prozent aktuell auf einem verkraftbaren Niveau.“ Zudem setze man sich im Krisenfall direkt mit den Schuldnern zusammen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Ein Vorteil gegenüber dem anonymen Anleihenmarkt.
Von der Nische in den Mainstream
„Mit der richtigen Expertise und Selektivität lassen sich die Risiken eindämmen und attraktive Renditen erzielen. Wichtig ist, dass wir von der langfristigen Tragfähigkeit überzeugt sind. Schließlich gehen wir eine mehrjährige Verpflichtung ein„, so Mittler. „Zudem spielt auch immer die Überlegung eine Rolle, ob es ein Unternehmen wäre, das wir im Zweifelsfall auch selbst übernehmen würden. Denn im Extremfall kann es dazu kommen, dass wir als Kreditgeber Eigentümer werden. All diese Faktoren werden von unserem Team genauestens analysiert.“
Der Fokus liegt dabei auf zwei Bereichen: Erstrangig besicherte Kredite (sogenannte Senior Secured Loans) an mittelständische Unternehmen sowie Infrastrukturfinanzierungen. Gerade die Energiewende biete große Chancen. „Hier besteht riesiger Investitionsbedarf. Denken Sie nur an den Ausbau von Solar- und Windparks oder Stromtrassen. Als Private-Debt-Investor können wir stabile Renditen erzielen und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende leisten.“
Private Markets sind in den USA längst eine gängige Assetklasse sind, hierzulande sind sie noch ein Nischenphänomen. Dabei könnte für manche Investoren durchaus eine hohe Allokation sinnvoll sein.
Welchen Anteil sollten Private Markets denn aus Ihrer Sicht im Portfolio eines institutionellen Investors haben?
Mittler: Das lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten, weil es stark von den individuellen Anlagezielen abhängt. Wenn wir uns die Gruppe der Stiftungen ansehen, die oft einen sehr langfristigen Anlagehorizont und einen Bedarf an hohen laufenden Ausschüttungen haben, dann kann eine Allokation von bis zu 50 Prozent durchaus sinnvoll sein. Denn diese Investoren schätzen die stabilen und planbaren Cashflows, die Privatmarktanlagen liefern.

50 Prozent? Das erscheint sehr ambitioniert.
Mittler: Ich denke hier an die großen Endowment-Funds in den USA und Großbritannien. Die allokieren in der Regel schon jetzt mehr als 30 Prozent in Private Markets und bauen dieses Segment weiter aus. Bei Versicherungen sind die Möglichkeiten oft durch aufsichtsrechtliche Regelungen begrenzt. Trotzdem sehen wir auch hier Spielräume die Allokation von aktuell oft 10-15 Prozent auf bis zu 20 Prozent zu erhöhen. Denn gerade die reduzierten Kapitalanforderungen für Private Debt im Vergleich zu Anleihen machen diese Anlagen für Versicherer sehr interessant. Wir zählen auch Real Estate zum Segment der Private Markets.
Zumindest das Interesse der Anleger ist da. Schon im November 2021, also vor den vorläufigen Zins-Hochs, zeigte eine Studie des BAI (Bundesverband Alternative Investments) dass der Anteil von Versicherungen und Pensionskassen, die in Private Markets investieren, bei 66 Prozent lag. Mittelfristig peilen viele eine Quote von bis zu 20 Prozent an, so das Ergebnis der Befragung.
„Kunden suchen händeringend nach Anlagealternativen“
Neuere Zahlen lieferte jüngst eine Studie der Fondsgesellschaft Natixis Investment Managers: Demnach wollen 57 Prozent der befragten professionellen Fondsselektoren ihre Engagements im Bereich Privatkredite, dem sogenannten Private Debt, im Jahr 2024 weiter ausbauen. Damit zählt diese Anlageklasse neben Private Equity (55 Prozent) und Infrastruktur (40 Prozent) zu den Favoriten unter den nicht börsennotierten Assets.
„Das deckt sich mit unseren Erfahrungen", bestätigt Mittler. „Viele unserer Kunden – vor allem Versicherungen und Pensionskassen – suchen händeringend nach Anlagealternativen, die stabile Erträge abseits der volatilen Aktienmärkte versprechen.“ Jedoch sei Private Debt komplexer als viele Publikumsfonds, die Risiken müsse man verstehen und aktiv managen, so Mittler.
Dass der Boom der Private Markets auch an Privatanlegern nicht spurlos vorbeigeht, zeigt das zuletzt rasant gestiegene Angebot von Eltif-Fonds. Mittler sieht darin einen interessanten Trend, warnt aber vor zu viel Euphorie: „Für die breite Masse der Privatanleger sehen wir Privatmarktanlagen weiterhin kritisch, dafür sind die Produkte oft zu komplex und illiquide.“
Dennoch könnten sie für sehr vermögende Privatkunden ein interessantes Instrument zur Depotdiversifikation darstellen. Für Invesco sind Eltifs für 2024 noch kein Thema, der Fokus bleibt im Bereich Private Markets vorerst auf dem institutionellen Bereich. Sicher ist: Die Zukunft der Kapitalmärkte ist privat.