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Pro & Contra Britische Staatsanleihen: Für Witwen und Waisen oder Zockerpapiere?

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Regina Borromeo, Managerin des Legg Mason Brandywine Global Income Optimiser Fund

Die politischen Entscheidungsträger haben nach dem Brexit-Votum in Großbritannien schnell reagiert: Die Bank of England hat nicht nur die Zinsen gesenkt, sondern auch ihr quantitatives Lockerungsprogramm ausgebaut, indem sie auch Unternehmensanleihen außerhalb des Finanzsektors mit auf ihre Einkaufsliste gesetzt hat.

Um die Auswirkungen niedrigerer Zinsen für die Banken etwas abzufedern, wurde zudem der neue Stimulus um ein Term Funding Scheme ergänzt, eine Art günstige Finanzierungsquelle für Geschäftsbanken. Sowohl Zentralbank-Chef Mark Carney als auch Finanzminister Philip Hammond haben klar gemacht, dass sie bereit sind, alle nötigen Schritte in die Wege zu leiten. Zudem hat Carney betont, dass es nicht seine Absicht sei, die Zinsen auf null zu senken, da weitere Senkungen die Profitabilität der Banken bedrohen würden und insgesamt hinderlich für die Kreditvergabe wären.

Es muss allerdings gesagt werden, dass Geldpolitik alleine keine Wunderwaffe ist. Dessen ist sich auch Hammond bewusst. Deswegen hat er angekündigt, auch die Finanzpolitik einzusetzen. Möglichkeiten hierfür gibt es einige: Senkung der Unternehmens- und der Mehrwertsteuer, Steuervergünstigungen für Aufwendungen, Infrastruktur-Ausgaben sowie geringere zu versteuernde Einkommen.

Vor dem Brexit-Votum standen Sparmaßnahmen auf dem Haushaltsplan. Sie sollten solange fortgeführt werden, bis wieder ein Haushaltsüberschuss erreicht wird – den Planungen zufolge 2019. Doch nun werden Einsparungen wohl erst einmal kein Thema mehr sein, da die Verantwortlichen ein Abflauen der britischen Wirtschaft fürchten.

Die Renditen zehn- und 30-jähriger britischer Staatsanleihen sind auf ein Rekordtief gefallen, nachdem die Bank of England ihr monetäres Lockerungsprogramm wieder aufgenommen hat. Finanzanlagen haben aufgrund der Tiefstände nach dem Referendum eine Rally erlebt. Und einige Wirtschaftsdaten sahen kurzfristig deutlich widerstandsfähiger aus – nicht zuletzt aufgrund der Erholung des Einkaufsmanager-Index sowie stabiler Verbraucher- und Immobilienpreise. Kurzfristig wird das Anleihekaufprogramm der Zentralbank also eine technische Unterstützung für britische Staatsanleihen liefern.

Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner Großbritanniens und hat sowohl im Handel als auch bei Investitionen einen Anteil von rund 50 Prozent. Es wird sehr lange dauern, bis neue Handelsabkommen geschaffen und finalisiert sind. Das gilt auch für Finanzdienstleistungsverträge. Die Pfund-Schwäche und die möglichen finanzpolitischen Maßnahmen werden die Inflationserwartungen weiter erhöhen und könnten britische Staatsanleihen mittel- bis langfristig belasten.

Obwohl unser Anleihemodell anzeigt, dass Gilts mittlerweile teuer sind und die Sommerrally überzogen war, halten unsere Multi-Sektor-Strategien in diesem Jahr nach wie vor Positionen in britischen Staatsanleihen – vor allem als deflationäre Absicherung für Positionen in höher rentierenden Anleihen und in Schwellenländern. Im weiteren Verlauf des Herbstes werden sich die Märkte sehr wahrscheinlich auf einige vermutlich problematische Nachrichten und Ereignisse einstellen müssen. Wir gehen daher davon aus, dass die Volatilität zurückkehren wird.

Die Kombination aus der Suche nach höheren Renditen und der entgegenkommenden Politik der Zentralbanken sollte risikoreichere Anlagen aber weiter stützen. So setzen wir auf qualitative risikoreichere Anleihe-Segmente und sichern diese mit Duration in sicheren Häfen ab – und dazu zählen eben auch britische Staatsanleihen.

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