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Pro & Contra Euro-Unternehmensanleihen: Strohhalm in der Zinsdürre oder Risiko-Cocktail mit Suchtfaktor?

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Marie-Anne Allier, Managerin des Amundi Bond Euro Aggregate

Sind Anleihen von Eurozonen-Unternehmen aussichtsreich oder nicht? Wie so oft ist dies eine Frage der Alternativen – und gemessen daran sind diese Rentenpapiere keine schlechte Wahl. Fundamental erwarten wir weiter niedrige Ausfallraten. Und Liquidität ist im Markt mehr als reichlich vorhanden – man betrachte nur den Primärmarkt. Unternehmen haben die Fälligkeitsstruktur ihrer Schulden verlängert, und wegen des geringen Wachstums hält sich die Fremdkapitalaufnahme in Europa zudem im Rahmen.

Daneben prognostizieren die Rating-Agenturen ein nur geringes Risiko von Rating-Herabstufungen. Interessant sind deshalb unter anderem Finanztitel, die rund die Hälfte des Marktes für Euro-Unternehmensanleihen ausmachen. Die zunehmende Regulierung hat für eine stärkere Kapitalbasis und weniger volatile Ergebnisse gesorgt.

Stresstests haben das Vertrauen in das Bankensystem gestärkt und die Verschuldungsquote weiter gesenkt. Und selbst die Bail-in-Regulation, mit der die Haftung der Gläubiger von Banken ausgeweitet wurde, hat positive Seiten: Es besteht mehr Klarheit im Falle der Schieflage einer Bank. Mit Blick auf die Bewertung notieren die Spreads zudem nahe am langjährigen Durchschnitt für Euro-Unternehmensanleihen – und nicht, wie man manchmal liest, auf einem extremen Niveau.

Natürlich hinkt der Vergleich ein wenig: Das Durchschnittsrating ist heute niedriger als 1999 und die Duration ist höher. Jedoch war der risikofreie Zins damals auch höher. Der Spread beträgt heute annähernd das Doppelte der absoluten Rendite einer 5-jährigen Unternehmensanleihe. Das heißt, es gibt einen großen positiven Unterschied zu 1999: Der gesamte von einem Emittenten gezahlte Zins entspricht dem zu entschädigenden Kreditrisiko.

Technisch betrachtet ist zudem der Einfluss der Europäischen Zentralbank (EZB) auf den Markt relevant. Sie handelt – zumindest auf Sicht der nächsten Monate – wie ein zwanghafter und zudem nicht preissensibler Käufer und unterstützt damit den Markt. Es wäre nicht erstaunlich, wenn die EZB wie ein Buy-and-Hold-Investor agieren würde. Selbst wenn sich die Lage verbessert und sich andere Lösungen abzeichneten, würden diese Papiere wohl nicht auf dem Markt lasten.

Natürlich kann sich die Liquidität im Markt als problematisch erweisen – vor allem im Vergleich zu Staatsanleihen. Das bedeutet jedoch nur, dass man die Portfoliokonstruktion an die Marktbedingungen anpassen muss und nicht, dass die Anlageklasse an sich kritisch zu beurteilen ist. Eine Lösung, wie man der geringeren Liquidität begegnen kann, ist die Buy-and-Watch-Strategie. Das heißt, nach dem Kauf werden die Anleihen einem permanenten Monitoring unterzogen – ein Ansatz, der sowohl unter privaten als auch unter institutionellen Anlegern auf Interesse stößt.

Ein breit diversifiziertes Portfolio und die Überwachung der Liquidität – und zwar nicht nur im Durchschnitt, sondern Titel für Titel – werden immer wichtiger. Einzelne Anleihen unterscheiden sich voneinander, und Aspekte wie die jeweiligen Preiseigenschaften und das Emissionsdatum bestimmen die Liquidität maßgeblich. Schließlich kann man sich fragen, was die Alternative zu Euro-Unternehmensanleihen ist. Cash ist zu teuer, außer man erwartet einen markanten und schnellen Zinsanstieg, womit wir jedoch nicht rechnen.

Staatsanleihen aus der Eurozone sind im Durchschnitt teurer und die Diversifikation ist problematisch. Und Fremdwährungsanleihen? Wer nun an US-Unternehmenspapiere denkt, sollte beachten, dass diese – wenn sie in Euro abgesichert sind – wegen des Cross-Currency-Swaps eine noch geringere Rendite aufweisen. Schwellenländeranleihen könnten zwar eine Alternative sein. Aber kann man wirklich gleichzeitig positiv für Schwellenländer-Bonds sein und nicht für Euro-Corporates? Von den wenigen Alternativen sehen wir von Unternehmen der Eurozone emittierte Anleihen als eine relativ gute Wahl an.

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