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Pro & Contra Fintech-Aktien: Must-Have fürs Depot oder überflüssiges Mode-Investment?

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Pro: Frank Fischer, Manager des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen

Frank Fischer, Foto: Christian Scholtysik / Patrick Hipp

„Unterbewertete Fintechs sind ein Investment wert“

 Fintechs sagen der Bankenwelt schon seit einiger Zeit den Kampf an. Zumeist sind es technologiegetriebene Start-Ups, die in die Märkte für einfache Finanzdienste eintreten. Sie sind innovativ, disruptiv, dynamisch und haben ihre Angebote voll auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet. Alle Bereiche werden attackiert: Zahlungsverkehr, Vermögensverwaltung, Kreditgeschäft – in jedem Bereich versuchen sie den etablierten Finanzunternehmen Konkurrenz zu machen.

Dazu kommen Social Trading und Robo-Advisory, die sich zwar zum Teil noch in der Startphase befinden, aber mit extremen Wachstumsraten locken. Sie alle sind Teil des technologischen Fortschritts und verändern damit die gesamte Finanzbranche – zumindest mittelfristig. Fintech-Unternehmen befinden sich in einem extrem schnelllebigen und dynamischen Umfeld, so dass davon auszugehen ist, dass nicht alle am Markt überleben werden.

Und es gibt noch viel weniger Unternehmen, in die man über die Börse investieren kann. Einige der wenigen bekannten Fintechs sind Wirecard, die German Startup Group oder auch Ferratum. Das Spektrum ist überschaubar – und: Viele werden schon heute von Banken und Finanzdienstleistern frühzeitig übernommen.

Wir verfolgen diese Entwicklung mit großem Interesse. Uns als klassischem Value-Investor ist das Fintech-Segment aber noch nicht ausgereift genug, um breit in den Markt einzusteigen. Generell mögen wir Unternehmen mit hohen Wachstumsraten sowie eigentümergeführte Unternehmen, in die wir günstig einsteigen können, ohne Phantasiepreise hinlegen zu müssen. Idealerweise bezahlen wir also einen günstigen Preis für die Firma und bekommen das Wachstum geschenkt.

Vor einiger Zeit wurden wir beispielweise in Italien bei Reply fündig. Der Marktführer im Bereich IT-Beratung, Systemintegration und Applikationsmanagement zur Prozess- und Kommunikationsoptimierung war für ein niedriges einstelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis zu haben und hat sich seither mehr als versiebenfacht.

Ebenso gefällt uns die italienische Gruppo Mutui Online, ein klassisches Fintech, das eine Online-B2C-Maklerplattform für Versicherungen, Hypothekendarlehen und Zinsen betreibt. Außerdem übernimmt das Unternehmen B2B-Prozesslösungen für externe Kunden wie Segugio.it, vergleichbar mit Unternehmen wie Interhyp und Check24. In Deutschland ist Comdirect für uns das Fintech schlechthin – auch wenn viele es wohl nicht als solches bezeichnen würden. Aber als Direktbank ohne klassisches Filialgeschäft spielt die Online-Geldanlage über „Robos“ eine zentrale Rolle.

Was bedeuten Fintechs nun für das Asset Management? Bereiche wie Bitcoins und Blockchain werden in der Fonds-Administration vieles beschleunigen und rationalisieren. Besonders das klassische Zahlungs-Lieferungsgeschäft wird dann der Vergangenheit angehören. Wir als Fondsberater sehen alldem entspannt und interessiert entgegen. Wir nutzen heute bereits Screenings, Big-Data-Lösungen und quantitative Modelle, die uns zumindest in der Vorauswahl viel Arbeit abnehmen.

Doch rein computergesteuerte Modelle, bei denen der Mensch komplett überflüssig wird, sehen wir skeptisch. Das gilt besonders für den vermögensverwaltenden Bereich. Bis zur feinen Balance, zunächst dauerhalt Verluste zu vermeiden und auf der anderen Seite eine möglichst gute Performance zu erzielen, ist es aus unserer Sicht für Robo-Advisors noch ein langer Weg.

Fondsmanager, die auf aktives Stockpicking setzen, mit dem Management reden, sich auf unterbewertete Aktien von eigentümergeführten Unternehmen konzentrieren und dabei große Freiheiten haben, werden vorerst weiter Vorteile haben. Dazu kommt mit Mister Market die Verhaltensökonomie ins Spiel. Die Psychologie des Marktes hat aber bisher noch kein Computer in den Griff bekommen. Hierzu bedarf es Erfahrung, Verstand und ein Denken jenseits des Tellerrandes. Und genau das hat eine Maschine bislang noch nicht zu bieten.

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