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Pro & Contra Börse Indien: Reformer-Wunderland oder viel Lärm um nichts?

Anderer Meinung in Sachen indische Börse: Staffan Lindfeldt (re.), Manager des Baring Global Emerging Markets Fund, und Michael Keppler, Manager des GAF Emerging Markets High Value
Anderer Meinung in Sachen indische Börse: Staffan Lindfeldt (re.), Manager des Baring Global Emerging Markets Fund, und Michael Keppler, Manager des GAF Emerging Markets High Value
Als vor knapp zehn Jahren die ersten Bric-Fonds auf den Markt kamen, waren Aktien aus Indien eine der tragenden Säulen des Konzepts. Das damals etwas mehr als eine Milliarde Einwohner umfassende Land (heute: 1,2 Milliarden Einwohner) galt als Softwareschmiede und Dienstleistungszentrum der Welt, das zudem den globalen Markt für Generika dominiert. Tatsächlich lieferten die meisten Bric-Fonds bis zum Ausbruch der Finanzkrise 2007 Spitzenrenditen – auch oder gerade dank Indien.

Wenn heute einiger dieser Fonds bereits wieder abgewickelt wurden, geht jedoch auch das zu einem gehörigen Teil auf das Konto Indiens. Denn in den Jahren nach 2008 machte das Land mehr durch Massenvergewaltigungen, Bürokratie und Korruption von sich reden als durch Fortschritt und dynamisches Unternehmertum. Die Klagen ausländischer Investoren häuften sich, selbst indischstämmige Konzernchefs wie Lakshmi Mittal vom weltgrößten Stahlhersteller Arcelor Mittal zogen sich entnervt zurück.



Doch im Frühjahr 2014 hat sich das Blatt abermals gewendet. Der neue Premierminister Narendra Modi gilt als Hoffnungsträger, der endlich verkrustete Strukturen aufbrechen und Indien reif für die Zukunft machen soll. Unter Fondsmanagern löste die jüngste Entwicklung Jubel aus, zu den prominentesten Fürsprechern indischer Aktien gehört beispielsweise Templetons Schwellenländer-Urgestein Mark Mobius. Auch Staffan Lindfeldt, Manager des Baring Global Emerging Markets Fund, traut der Börse in Bombay in den kommenden Jahren noch einiges an Performance zu. Anderer Meinung ist Michael Keppler, Gründer von Keppler Asset Management in New York und Manager des Global Advantage Emerging Markets: Er hält die kräftigen Kursgewinne der vergangenen Monate für maßlos übertrieben und fragt „Was soll der Hype?“ DER FONDS stellt beide Positionen gegenüber.



Pro: Staffan Lindfeldt, Manager des Baring Global Emerging Markets Fund

„Die neue Regierung muss liefern – und wird liefern“

Seit Mai 2014 regiert in Indien die BJP unter Premierminister Narendra Modi. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern verfügt die Partei über eine absolute Mehrheit und hat damit endlich das Mandat, den politischen Stillstand zu beenden und wichtige Reformen durchzusetzen. Seit Mai 2014 ist der Sensex als Folge der Wahl auf neue Allzeit-Hochs gestiegen. Nun muss die neue Regierung liefern. Wir sehen aber gute Chancen, dass dies gelingen wird. Denn neben den sattsam bekannten Langfrist-Themen Infrastruktur und Korruption geht es auch um kurz- und mittelfristig lösbare Aufgaben, die ihre konjunkturelle Wirkung entsprechend rasch entfalten werden.

Hier ist an erster Stelle die Harmonisierung des Steuerwesens zu nennen. Es kennt von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedliche Steuersätze, Steuerarten und Steuerbehörden und errichtet damit oft unüberwindliche Hürden für regionale Hersteller. An zweiter Stelle steht die Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren. Beide Agenda-Punkte dürfte der als entscheidungsfreudig bekannte Premier Modi binnen kürzester Frist angehen – zumal die entsprechenden Maßnahmenpakete dazu weitgehend vorliegen, in der Vergangenheit aber an den Mehrheiten im Parlament scheiterten.

Von der überfälligen Vereinheitlichung des Steuersystems sowie von schnelleren Genehmigungsverfahren wird die indische Binnenkonjunktur überdurchschnittlich profitieren. Auf kurze bis mittlere Sicht sehen wir ein stark positives Investmentklima und ein kräftiges Anspringen der indischen Konjunktur. Dies sollte vor allem den Kursen von Finanzwerten, Industriewerten und zyklischen Konsumgütern helfen. Auch unter den indischen Mid Caps finden wir noch eine ganze Reihe spannender Werte, denen die steigende Binnennachfrage überdurchschnittliche zugutekommen wird. Weniger positiv sind wir für Basis-Konsumgüter und Gesundheitswerte, bei denen die erwarteten Umsatz- und Gewinnzuwächse inzwischen eingepreist sind.

Aus makroökonomischer Sicht stehen die Ampeln für Indien weiter auf Grün, solange eine deutliche Zinswende und damit ein Versiegen der anhaltend hohen Auslandsinvestitionen nicht in Sicht sind. Auch die für 2015 erwarteten Leitzinserhöhungen durch die amerikanische und die britische Notenbank stehen dem nicht entgegen, solange das Zinsniveau insgesamt niedrig bleibt.

Auch wenn kurzfristig durchaus die Gefahr einer Korrektur besteht: Insgesamt ist das Wachstum intakt und nimmt wieder Fahrt auf. Kurz- und mittelfristig stehen wir erst am Beginn eines neuen Investitionszyklus. Langfristig sehen wir im Vergleich zum ewigen Rivalen China Nachholbedarf beim Entstehen einer indischen Mittelschicht sowie bei den anstehenden Investitionen in Infrastruktur. Indien bleibt damit trotz teilweise hoher Bewertungen ein attraktives Investment im Umfeld der Emerging Markets.

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