Pro & Contra Borussia Dortmund Aktien-Chance des Jahrzehnts oder Abschreibungsobjekt für Fans und Liebhaber?
Streiten um die richtige Bewertung der BVB-Aktie: Frank Fischer (links), Vorstand der Shareholder Value Management AG in Frankfurt und Manager des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen, und Markus Stillger, Geschäftsführer von MB Fund Advisory in Limburg und Manager des HAIG MB Max Global
Als Fünfter der ewigen Tabelle ist Borussia Dortmund in der Fußball-Bundesliga seit Jahrzehnten eine Macht. Auf dem Höhepunkt der Neue-Markt-Euphorie nutzte der Traditionsverein seine Popularität und wagte als erster deutscher Fußballclub den Sprung aufs Börsenparkett. Anleger, die im Oktober 2000 für elf Euro bei der BVB-Aktie zugriffen, erwartete allerdings ein langer Leidensweg: Weil sich der Vorstand mit dem Stadionausbau und teuren Spielerkäufen übernahm, stand der Verein Anfang 2005 kurz vor der Pleite. Die konnte zwar in letzter Minute abgewendet werden, doch bis zum Frühjahr 2009 sank der Kurs der Aktie weiter bis auf 0,82 Euro – ein Minus von 92,5 Prozent.
Seither geht es jedoch wieder steil bergauf. Nach zwei deutschen Meisterschaften (2011 und 2012), einem DFB-Pokalsieg (2012) und mehreren erfolgreichen Teilnahmen an der Champions League spielt Borussia Dortmund finanziell wieder auf soliden Stollen. Für neue Fantasie sorgt der Einstieg der drei Großkonzerne Evonik, Puma und Signal Iduna. Im Juli 2014 kletterte die BVB-Aktie erstmals seit 2002 wieder über die Marke von 5 Euro. Fondsmanager betrachten den jüngsten Höhenflug mit gemischten Gefühlen. So halten Optimisten wie Markus Stillger von der Limburger Investmentboutique MB Fund Advisory die Aktie weiter für deutlich unterbewertet. Frank Fischer, Manager des in den vergangenen Jahren sehr erfolgreichen Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen, macht dagegen um das Papier einen großen Bogen. DER FONDS stellt beide Positionen gegenüber.
Pro: Markus Stillger, Geschäftsführer von MB Fund Advisory in Limburg und Manager des HAIG MB Max Global
„Der deutsche Fußball steht erst am Anfang einer internationalen Expansion“
Die Geschichte beginnt am 23.Mai 2009. Am letzten Bundesliga-Spieltag der Saison 2008/2009 verpasst Borussia Dortmund die schon sicher geglaubte Teilnahme am Uefa-Cup (ja, damals hieß das noch so). Am darauffolgenden Montag wird die BVB-Aktie auf dem Frankfurter Börsenparkett zum Abschuss freigegeben. Knapp 20 Prozent Kursverlust drücken den Kurs erstmals unter die Marke von einem Euro.
Auf diesem Niveau gab es nur eins: kaufen. Die dazugehörige Rechnung war ziemlich einfach. Bei einem Kurs von 90 Cent war die Marke Borussia Dortmund gerade einmal mit 55 Millionen Euro bewertet. Einige Monate zuvor hatte der FC Bayern knapp 9 Prozent seiner Anteile für 90 Millionen Euro an Audi verkauft, woraus sich eine Bewertung von einer Milliarde Euro errechnete. Die Marktkapitalisierung des börsennotierten englischen Serienmeisters Manchester United lag zum gleichen Zeitpunkt bei 2,4 Milliarden Euro. Für mich war zu diesem Zeitpunkt klar: Eine derart krasse Differenz in der Bewertung ist nicht gerechtfertigt.
Sicher, der BVB war erst einige Jahre vorher dem Tod von der Schippe gesprungen. Er hatte aber zu diesem Zeitpunkt immerhin auch einen Champions-League-Titel und sechs Deutsche Meisterschaften auf der Visitenkarte stehen. Und konnte – zumindest national – auf eine starke Fan-Basis bauen. Zudem hatte er mit Jürgen Klopp einen Trainer, der in der Lage schien, den Verein mit überschaubaren finanziellen Mitteln in die Erfolgsspur zu führen. Einige Monate nach unserem ersten Investment führte ich dann ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Thomas Treß. Von diesem Zeitpunkt an waren bei mir die letzten Zweifel ausgeräumt, die zuvor immer wieder nach Gesprächen mit Berufskollegen aufgekommen waren, wenn ich nach der Frage „Seid ihr verrückt?“ mit schöner Regelmäßigkeit zu hören bekam: „Eine Fußball-Aktie ist doch kein seriöses Investment.“
Bedingt durch die Konstruktion KGaA und die 50+1-Regel im deutschen Fußball, die es Investoren nicht erlaubt, Einfluss auf das operative Geschäft zu nehmen, bin ich als Investor darauf angewiesen, dass die handelnden Personen verantwortungsbewusst mit dem Vermögen des Vereins – und damit auch der Aktionäre – umgehen. Dass das in Dortmund funktioniert, haben die Herren Watzke, Treß und Zorc in den vergangenen fünf Jahren eindrucksvoll bewiesen. Die Tatsache, dass der BVB jetzt einen ähnlichen Weg geht wie der FC Bayern und sich strategische Investoren ins Boot holt, ist zudem ein cleverer Schachzug, um eine gesunde finanzielle Basis zu schaffen. Auch wenn dadurch unser Anteil etwas verwässert wurde – statt 1,8 Prozent halten wir jetzt nur noch rund 1,3 Prozent aller Aktien – fühlen wir uns mit dieser Position nach wie vor pudelwohl.
Der Verein ist heute schuldenfrei, verfügt über eines der schönsten Stadien in Europa und ist sportlich gut genug aufgestellt, um in der Champions League an guten Tagen jeden Gegner schlagen zu können. Und die aktuelle Marktkapitalisierung von knapp 430 Millionen Euro beträgt immer noch nur gut ein Viertel der Bewertung von Manchester United. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich immer wieder gerne an ein Gespräch, das ich 2011 mit dem damaligen Chef-Strategen von Goldman Sachs, Jim O’Neill, am Rande des Fonds-Kongresses in Mannheim führte. Auf einem Bierdeckel skizzierte ich ihm einen Vergleich von Umsatz, Gewinn, Transferwerten und Marktkapitalisierung der beiden Vereine, und er zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Unbelievable – so cheap – we will buy them“ lautete sein Kommentar. Das hätte er mal machen sollen – damals notierte die Aktie noch bei 2,50 Euro.
Aber Spaß beiseite. Nach meiner Überzeugung steht der deutsche Fußball – gerade auch nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft – erst am Anfang einer internationalen Expansion. Die Einnahmen aus der weltweiten TV-Vermarktung und dem Merchandising werden in den kommenden Jahren hohe Wachstumsraten aufweisen und die daraus generierten Erträge werden nicht nur bei Spielern und Beratern, sondern auch bei den Aktionären für freudige Mienen sorgen. Mit der Eröffnung eines Büros in Singapur ist der BVB auch hier auf dem richtigen Weg und holt das auf, was uns die englischen Vereine seit Jahren vormachen. Und um zum dritten Mal auf die Bewertung von Manchester United zurückzukommen (die im Übrigen den Klotz einer 500 Millionen Euro schweren Anleihe am Bein haben, die sie mit 9 (!) Prozent Zinsen bedienen müssen): Wenn Dortmund die Bewertungslücke irgendwann schließen sollte, reden wir bei der BVB-Aktie über ein Kursziel von 18,60 Euro. Klingelts, ihr Münchner?
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Seither geht es jedoch wieder steil bergauf. Nach zwei deutschen Meisterschaften (2011 und 2012), einem DFB-Pokalsieg (2012) und mehreren erfolgreichen Teilnahmen an der Champions League spielt Borussia Dortmund finanziell wieder auf soliden Stollen. Für neue Fantasie sorgt der Einstieg der drei Großkonzerne Evonik, Puma und Signal Iduna. Im Juli 2014 kletterte die BVB-Aktie erstmals seit 2002 wieder über die Marke von 5 Euro. Fondsmanager betrachten den jüngsten Höhenflug mit gemischten Gefühlen. So halten Optimisten wie Markus Stillger von der Limburger Investmentboutique MB Fund Advisory die Aktie weiter für deutlich unterbewertet. Frank Fischer, Manager des in den vergangenen Jahren sehr erfolgreichen Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen, macht dagegen um das Papier einen großen Bogen. DER FONDS stellt beide Positionen gegenüber.
Pro: Markus Stillger, Geschäftsführer von MB Fund Advisory in Limburg und Manager des HAIG MB Max Global
„Der deutsche Fußball steht erst am Anfang einer internationalen Expansion“
Die Geschichte beginnt am 23.Mai 2009. Am letzten Bundesliga-Spieltag der Saison 2008/2009 verpasst Borussia Dortmund die schon sicher geglaubte Teilnahme am Uefa-Cup (ja, damals hieß das noch so). Am darauffolgenden Montag wird die BVB-Aktie auf dem Frankfurter Börsenparkett zum Abschuss freigegeben. Knapp 20 Prozent Kursverlust drücken den Kurs erstmals unter die Marke von einem Euro.
Auf diesem Niveau gab es nur eins: kaufen. Die dazugehörige Rechnung war ziemlich einfach. Bei einem Kurs von 90 Cent war die Marke Borussia Dortmund gerade einmal mit 55 Millionen Euro bewertet. Einige Monate zuvor hatte der FC Bayern knapp 9 Prozent seiner Anteile für 90 Millionen Euro an Audi verkauft, woraus sich eine Bewertung von einer Milliarde Euro errechnete. Die Marktkapitalisierung des börsennotierten englischen Serienmeisters Manchester United lag zum gleichen Zeitpunkt bei 2,4 Milliarden Euro. Für mich war zu diesem Zeitpunkt klar: Eine derart krasse Differenz in der Bewertung ist nicht gerechtfertigt.
Sicher, der BVB war erst einige Jahre vorher dem Tod von der Schippe gesprungen. Er hatte aber zu diesem Zeitpunkt immerhin auch einen Champions-League-Titel und sechs Deutsche Meisterschaften auf der Visitenkarte stehen. Und konnte – zumindest national – auf eine starke Fan-Basis bauen. Zudem hatte er mit Jürgen Klopp einen Trainer, der in der Lage schien, den Verein mit überschaubaren finanziellen Mitteln in die Erfolgsspur zu führen. Einige Monate nach unserem ersten Investment führte ich dann ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Thomas Treß. Von diesem Zeitpunkt an waren bei mir die letzten Zweifel ausgeräumt, die zuvor immer wieder nach Gesprächen mit Berufskollegen aufgekommen waren, wenn ich nach der Frage „Seid ihr verrückt?“ mit schöner Regelmäßigkeit zu hören bekam: „Eine Fußball-Aktie ist doch kein seriöses Investment.“
Bedingt durch die Konstruktion KGaA und die 50+1-Regel im deutschen Fußball, die es Investoren nicht erlaubt, Einfluss auf das operative Geschäft zu nehmen, bin ich als Investor darauf angewiesen, dass die handelnden Personen verantwortungsbewusst mit dem Vermögen des Vereins – und damit auch der Aktionäre – umgehen. Dass das in Dortmund funktioniert, haben die Herren Watzke, Treß und Zorc in den vergangenen fünf Jahren eindrucksvoll bewiesen. Die Tatsache, dass der BVB jetzt einen ähnlichen Weg geht wie der FC Bayern und sich strategische Investoren ins Boot holt, ist zudem ein cleverer Schachzug, um eine gesunde finanzielle Basis zu schaffen. Auch wenn dadurch unser Anteil etwas verwässert wurde – statt 1,8 Prozent halten wir jetzt nur noch rund 1,3 Prozent aller Aktien – fühlen wir uns mit dieser Position nach wie vor pudelwohl.
Der Verein ist heute schuldenfrei, verfügt über eines der schönsten Stadien in Europa und ist sportlich gut genug aufgestellt, um in der Champions League an guten Tagen jeden Gegner schlagen zu können. Und die aktuelle Marktkapitalisierung von knapp 430 Millionen Euro beträgt immer noch nur gut ein Viertel der Bewertung von Manchester United. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich immer wieder gerne an ein Gespräch, das ich 2011 mit dem damaligen Chef-Strategen von Goldman Sachs, Jim O’Neill, am Rande des Fonds-Kongresses in Mannheim führte. Auf einem Bierdeckel skizzierte ich ihm einen Vergleich von Umsatz, Gewinn, Transferwerten und Marktkapitalisierung der beiden Vereine, und er zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Unbelievable – so cheap – we will buy them“ lautete sein Kommentar. Das hätte er mal machen sollen – damals notierte die Aktie noch bei 2,50 Euro.
Aber Spaß beiseite. Nach meiner Überzeugung steht der deutsche Fußball – gerade auch nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft – erst am Anfang einer internationalen Expansion. Die Einnahmen aus der weltweiten TV-Vermarktung und dem Merchandising werden in den kommenden Jahren hohe Wachstumsraten aufweisen und die daraus generierten Erträge werden nicht nur bei Spielern und Beratern, sondern auch bei den Aktionären für freudige Mienen sorgen. Mit der Eröffnung eines Büros in Singapur ist der BVB auch hier auf dem richtigen Weg und holt das auf, was uns die englischen Vereine seit Jahren vormachen. Und um zum dritten Mal auf die Bewertung von Manchester United zurückzukommen (die im Übrigen den Klotz einer 500 Millionen Euro schweren Anleihe am Bein haben, die sie mit 9 (!) Prozent Zinsen bedienen müssen): Wenn Dortmund die Bewertungslücke irgendwann schließen sollte, reden wir bei der BVB-Aktie über ein Kursziel von 18,60 Euro. Klingelts, ihr Münchner?
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