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Pro & Contra Der Euro: Hort der Stabilität oder potenzielle Weichwährung?

In Sachen Euro verschiedener Meinung: Gottfried Urban, Manager des NV Strategie Emerging Plus und Peter De Coensel, Manager des Petercam Bonds Universalis
In Sachen Euro verschiedener Meinung: Gottfried Urban, Manager des NV Strategie Emerging Plus und Peter De Coensel, Manager des Petercam Bonds Universalis
Einen Dollar für einen Euro: Das hat es zuletzt im November 2002 gegeben. Damals sorgte das paritätische Handelsverhältnis der beiden großen Weltwährungen dafür, dass weder die USA noch die Euro-Länder währungsbedingte Vor- oder Nachteile im gegenseitigen Warenhandel hatten. Bis zum Ausbruch der Finanzkrise wertete der Euro sukzessive auf – den Höhepunkt fand seine Stärke gegenüber dem Greenback im Juli 2008. Dann folgte die Kehrtwende. Unter stärkeren Schwankungen geht es seitdem bergab.



Besonders rasant entwickelt sich der Wertverfall des Euros seit dem Frühjahr 2014. Von Mitte März 2014 bis Mitte März 2015 steht ein Minus von rund 25 Prozent zu Buche. Ursache ist eine Mischung aus ungleich laufenden konjunkturellen Entwicklungen, Zinsniveaus und Geldströmen. Weitere Dynamik erhielt die drastische Euro-Abwertung mit der Entkopplung des Schweizer Franken im Januar sowie dem Beginn des Billionen schweren Kaufprogramms von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank im März.

Unternehmen, die auf Dollarbasis produzieren, fällt es aufgrund der Euro-Schwäche zunehmend schwerer, ihre Produkte im Euroraum abzusetzen. Umgekehrt jubeln viele europäische Exporteure über die Möglichkeiten, ihre Produkte durch den Währungseffekt noch günstiger in Übersee anbieten zu können. Und die europäische Wirtschaft könnte noch mehr von der Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar profitieren: Sollte die US-Notenbank Fed tatsächlich beginnen, die Zinsen anzuheben, könnte der Euro noch weiter fallen.

Nahezu parallel mit dem Paukenschlag der Schweizer Notenbank, die Koppelung des Franken an den Euro aufzugeben, hat das jüngste Feuerwerk an den europäischen Börsen eingesetzt. Seitdem hat der Euro Stoxx 50 um über 15 Prozent zugelegt. Sicherlich ist der immer schwächer gewordene Euro dafür mitverantwortlich, dass die Kurse an den europäischen Börsen so stark nach oben getrieben wurden. Da ist es durchaus berechtigt zu fragen: Wie geht es weiter mit Europa, den Aktienmärkten und dem Euro?

Unter Fondsmanagern herrschen dazu unterschiedliche Meinungen. Für Gottfried Urban, Manager des NV Strategie Emerging Plus, könnte der Schlüssel für einen wieder stärkeren Euro im jüngst gestarteten Aufkaufprogramm von Euro-Staatsanleihen durch die EZB liegen. Was in den USA mit dem Quantitative Easing funktioniert habe, könne auch Europa und dem Euro wieder auf die Sprünge helfen. Außerdem traut Urban der Fed zu, rechtzeitig zu intervenieren, wenn ihr die durch den günstigen Euro ausgelösten Wettbewerbsvorteile Europas zu bunt werden sollten.

Einen weiter schwachen Euro erwartet dagegen Peter De Coensel. Der Manager des Petercam Bonds Universalis sieht vor allem aufgrund der unterschiedlichen geldpolitischen Fahrpläne in den USA und Europa weiteres Abwärtspotenzial des Euros im Verhältnis zum Dollar. Darüber hinaus entfalte der Sinkflug des Euro-Dollar-Kurses dadurch weitere Dynamik, dass Investoren stark auf Euro-Unternehmensanleihen fokussiert sind und deshalb immer mehr internationale Konzerne Corporate Bonds in Euro begeben.



Gottfried Urban, Manager des NV Strategie Emerging Plus

Der US-Dollar hat in den vergangenen zwölf Monaten um fast 30 Prozent aufgewertet. Solche Schwankungen von Hauptwährungen halte ich für ungesund. Sie werden aber derzeit in Europa wohlwollend in Kauf genommen, da die Exportwirtschaft davon kräftig profitiert. Experten halten in naher Zukunft einen Wechselkurs von eins zu eins zwischen Euro und Dollar für wahrscheinlich.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass der Euro-Dollar-Kurs aber noch deutlich tiefere Regionen kennt. Im Oktober 2000 wurden nur rund 0,82 Dollar für einen Euro gezahlt. Die Spitze lag im Jahr 2008 bei etwa 1,60 Dollar. Die Handelsspanne der nach wie vor bedeutendsten Währung der Welt ist also durchaus groß. Geht es nach den Prognosen großer Geldhäuser, dann liegt für 2017 die Zielmarke wieder bei 0,82 Dollar für einen Euro. Keiner traut also dem Euro noch große Erholungen zu.

Am Devisenmarkt lässt sich regelmäßig beobachten, dass die Nachricht dem Kurs folgt. Neigt zum Beispiel der Dollar zur Stärke, findet man genügend Gründe für einen noch stärkeren Dollar. Umgekehrt genauso. Wichtig für den Devisenmarkt sind Trends und trendverstärkende Nachrichten. Mit Blick auf die weitere Entwicklung gibt es aus meiner Sicht genügend Gründe, die gegen eine weitere Dollar Stärke sprechen. Dollar-Bullen sollten vorsichtiger werden!

Die amerikanische Notenbank Fed ließ das Kaufprogramm für US-Staatsanleihen von 2008 bis Ende 2014 laufen. In dieser Zeit hat sich die Arbeitslosenrate halbiert, die Wirtschaft wächst wieder stabil. Wenn nun die erst jetzt gestartete aktive Stimulierung durch die Europäische Zentralbank ebenfalls genügend Wirtschaftsimpulse schafft, dann könnte nach dem gleichen Muster auch die europäische Gemeinschaftswährung wieder erstarken.

Zinserwartungen sind wohl aktuell für die Euro-Schwäche hauptsächlich verantwortlich. Die erwartete Ausweitung der Zinsdifferenz macht die US-Währung attraktiv. In den USA wurde das Quantitative Easing im vergangenen Jahr bereits beendet und in Euroland erst kürzlich gestartet. Während die Euroländer schwächeln, ist die US-Wirtschaft sogar robust genug für eine Zinserhöhung der US-Notenbank. Dennoch können davon Gefahren für die US-Wirtschaft ausgehen. Was die Europäer freut, nämlich der starke Dollar, ist für die US-Wirtschaft nicht von Vorteil.

Wird die US-Regierung tolerieren, dass sich Europa auf Kosten des Dollars saniert? Das ist schwer vorstellbar. Die Euro-Dollar-Parität wäre ein guter Punkt für eine verbale Intervention, eine Manipulation. Fed-Chefin Janet Yellen könnte dem Ganzen ein Ende setzen. In den USA ist jetzt schon der rasante Aufwärtstrend des Dollar merklich spürbar. Ein noch stärkerer Dollar könnte aber die US-Wirtschaft empfindlich treffen. Sollte es in den USA aufgrund einer sich abkühlenden Konjunktur in diesem Jahr keinen Zinsanstieg geben, dürfte das den Eurokurs beflügeln.

Was spricht noch für einen wieder steigenden Euro? Die weltweite Verschuldung in Dollar. Gewinnt die US-Währung weiter an Stärke, könnte es in Russland, Brasilien und anderen Schwellenländern zu einer Schuldenkrise kommen. Staaten, Unternehmen und private Haushalte haben sich dort global in Dollar verschuldet. Ein immer stärker werdender Greenback macht die Rückzahlung zunehmend teurer. Im Rahmen des Entschuldungsprozesses in den Industrieländern werden solche Entwicklungen nicht geduldet werden können.

In der längerfristigen Betrachtung zeigt sich für die Dollar-Entwicklung ein Kursmuster ab. Im Wechsel von sechs bis zehn Jahren neigt der Dollar abwechselnd zur Stärke und zur Schwäche zu anderen bedeutenden Währungen. Das handelsgewichtete Dollar-Tief kann man um 1986 und zwischen 2000 bis 2003 ausmachen. Die Hochs lagen hingegen um 1996 und zwischen 2008 bis 2011. Tendenziell dauerten die Schwächephasen etwas länger. Wenn man als Wendepunkt das Jahr 2008 annimmt, dann könnte sich der Euro nach den bisherigen Kursmustern tatsächlich in nächster Zeit stabilisieren. Die Tiefs zum Dollar wären dann nicht mehr weit entfernt.

Eine Möglichkeit, Währungen längerfristig einzuschätzen, ist die Kaufkraftparität. Sie besagt, dass ein identisches Gut überall auf der Welt den gleichen Preis haben müsste. Hinweise auf Unter- oder Überbewertungen liefert etwa der Big-Mac-Index. Eine anhaltende Abwärtsbewegung würde den fairen Wert des Euro stetig weiter ins Minus drücken. Die an der Kaufkraft gemessene Parität liegt etwa bei 1,20 Dollar beziehungsweise bei 1,11 Dollar, wenn man einen bereinigten Big-Mac-Index zugrunde legt. Aber Über- und Unterbewertungen können auch Jahre dauern.

Anleger hierzulande sollten lediglich einen kleinen Teil ihres Vermögens in Währungen außerhalb des Euro-Raumes investieren. Ein paar Dollar-Positionen können deshalb wohl nicht schaden. Doch Vorsicht: Währungsschwankungen sind immer schwer vorherzusagen, und selbst Experten können trotz guter Argumente danebenliegen.

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