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Pro & Contra Euro-Peripherie-Anleihen: Zins-Protze oder Pleitekandidaten?

Gegensätzlicher Meinung zum Thema Euro-Peripherie-Anleihen: Michael Merz, Co-Manager des Starcapital Argos, und Mauro Valle, Manager des Generali Euro Bonds
Gegensätzlicher Meinung zum Thema Euro-Peripherie-Anleihen: Michael Merz, Co-Manager des Starcapital Argos, und Mauro Valle, Manager des Generali Euro Bonds
Der Staatsbankrott ist sicherlich das Worst-Case-Szenario für jeden Investor, der auf Staatsanleihen setzt. So manchen hat es schon böse erwischt. Etwa im Fall Argentiniens, das im Spätsommer 2014 zum achten Mal in seiner Geschichte als zahlungsunfähig eingestuft wurde. Wer sich nicht mit Kreditausfallversicherungen – sogenannten Credit Default Swaps – dagegen abgesichert hatte, geht leer aus.

Auch in Europa schwebt dieses Schreckgespenst in den Köpfen vieler Anleger, wenngleich die Befürchtungen um eine Pleite der südeuropäischen Randstaaten Italien, Portugal und Spanien in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen sind.

Besonders in Spanien hat die Konjunktur wieder Tritt gefasst, wovon auch der Staatshaushalt profitiert. Italien ist im Auftakt-Quartal 2015 zum ersten Mal seit drei Jahren wieder gewachsen. Und auch Portugal kommt langsam aus der Krise – zu Jahresbeginn kündigte die Regierung an, ihre Schulden beim Internationalen Währungsfonds vorzeitig zurückzahlen zu wollen.

Irland als nordwestlichstes Mitglied der Eurozone, das beim Ausbruch der Finanzkrise ebenfalls stark unter die Räder geriet, boomt schon seit zwei Jahren wieder. Von Krise mag dort keiner mehr sprechen. Während Griechenland im dritten Quartal 2014 das stärkste Wachstum in der gesamten Eurozone verzeichnete, bleibt es das größte Sorgenkind innerhalb der Währungsgemeinschaft – eine Einigung im Schuldenstreit mit seinen europäischen Gläubigern ist noch immer nicht in Sicht.

Trotz nach wie vor hoher Risiken lassen sich viele Anleger den Köder schmecken, den die staatlichen Emittenten in Form hoher Nominalverzinsungen von bis zu 9 Prozent ihnen hinhalten. Außerdem kann der Käufer von Peripherie-Anleihen die Papiere häufig deutlich unter dem Nominalbetrag einkaufen, zu dem die Schuldverschreibung zurückbezahlt wird, wodurch Renditen im zweistelligen Prozentbereich möglich sind. Auf knapp 12 Prozent Rendite kommen so derzeit zehnjährige griechische Staatsanleihen. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Februar 2012 ließen sich mit diesen Anleihen sogar Renditen von über 36 Prozent erzielen.



In den vergangenen drei Jahren ist aber der Renditeabstand von Peripherie-Anleihen zu den als sicherer geltenden Staatspapieren der Kernländer wie Deutschland und Frankreich immer kleiner geworden.

Im Falle Griechenlands beträgt der Renditevorsprung gegenüber zehnjährigen Bundesanleihen aber immer noch gut 10 Prozentpunkte. Anders portugiesische Staatsanleihen: Sie werfen aktuell gerade einmal 2 Prozentpunkte mehr ab als deutsche Staatsanleihen, bei vergleichbaren spanischen und italienischen Papieren sind es sogar nur noch 1,4 Prozentpunkte.

Insgesamt sind die Renditen europäischer Staatsanleihen seit drei Jahren auf Sinkflug. Diese Abwärtsspirale scheint nun aber gebrochen. Seit Anfang Ende April geben die Kurse tendenziell nach, und die Renditen steigen demgegenüber wieder an. Wer vermutet hat, dass der massive Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank zu weiter fallenden Renditen führen wird, sieht sich getäuscht.

Sofern Anleger das Geld aus dem Verkauf von Staatsanleihen in Aktien oder den Konsum stecken, wird sich EZB-Chef Mario Draghi sicherlich bestätigt sehen. Denn genau in diese Richtung zielen die von ihm initiierten Maßnahmen, um die Konjunktur im Euroraum anzuheizen. Auf die Euro-Peripherieländer kann sich diese Entwicklung aber wiederum negativ auswirken, denn für sie verteuert sich durch das steigende Zinsniveau der Schuldendienst.

Mauro Valle, Manager des Generali Euro Bonds, richtet seine Aufmerksamkeit viel lieber auf die sich verbessernde Makrosituation der meisten Peripherieländer. Deren Staatsanleihen sieht er mit attraktiven Risiko-Ertrags-Profilen als ideale Diversifizierungs-Bausteine innerhalb von Rentenportfolios an. Nicht so optimistisch ist Michael Merz. Für den Co-Manager des Starcapital Argos überwiegen in der Euro-Peripherie die potenziellen Risiken, die durch die geringen Renditen der Staatsanleihen nicht ausreichend entlohnt werden.



Pro: Mauro Valle, Manager des Generali Euro Bonds

In den kommenden Monaten werden Deflationsrisiken und die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum in der Eurozone die bestimmenden Faktoren für den Rentenmarkt sein. Um die Gefahr einer Deflation zu vermeiden, wird die Europäische Zentralbank ihren expansiven Kurs fortsetzen und bereit sein für weitere unkonventionelle Maßnahmen. Folglich dürften die Renditen von Staatsanleihen der Kernländer niedrig bleiben, insbesondere bei kurzen Laufzeiten. In den Peripheriestaaten ist gleichzeitig mit einer weiteren Verringerung der Spreads zu rechnen.

Aus heutiger Sicht dürfte der aktuelle makroökomische Befund noch länger anhalten. Das langfristige Refinanzierungsprogramm TLTRO der EZB ist auf vier Jahre angelegt. Die kurzfristigen Renditen dürften folglich niedrig bleiben und auch von niedrigen Volatilitäten geprägt sein.

Es stellt sich daher die Frage, in welchen Rentenbereichen man noch investieren kann und welche Staatsanleihen das attraktivste Risiko-Ertragsprofil bieten.

Grundsätzlich ist Diversifizierung wichtig. Auch im Niedrigzinsumfeld tragen europäische Staatsanleihen positiv zum Risiko-Rendite-Profil eines Portfolios bei. Bei der Länderselektion sehen wir die Peripheriestaaten als attraktiv an. Spanien hat von einer verbesserten innenpolitischen Lage und entsprechenden Reformen profitieren können. Die Wachstumsraten des Landes sind höher als der gesamte Durchschnitt der Eurozone, die Haushaltslage bleibt allerdings schwach.

In Italien ist der Fall umgekehrt: Dort steht der Haushalt besser da, dafür bleiben die Wachstumsraten noch hinter den Erwartungen zurück. Somit befinden sich Italien und Spanien in einer vergleichbaren Situation. Im Fall von Portugal, das im vergangenen Jahr gute Ergebnisse verzeichnen konnte, sollte sich der Spread einhergehend mit der verbesserten Haushaltslage verringern. Das erscheint infolge der Wachstumsraten der vergangenen drei Monate möglich. Irland hingegen hat das Hilfsprogramm nun verlassen und verzeichnet sehr erfreuliche Zuwachsraten. Sollte dieser Makrotrend anhalten, könnte Irland zu den Kernländern der Eurozone aufschließen.

Mit Blick auf die Laufzeiten präferieren wir länger laufende Papiere, vor allem Staatsanleihen Italiens und Spaniens. Nach Ankündigung der EZB, auch Anleihen mit 30 Jahren Laufzeit zu kaufen, sind auch diese Papiere interessant – sowohl aus den Kern- als auch den Peripherieländern. In den Randstaaten weisen aber auch die mittleren Laufzeiten von zwei bis vier Jahren noch attraktive Renditen auf – speziell italienische zweijährige Anleihen, deren Kurs sich seit September verdoppelt hat, bei gleichzeitig eher begrenztem Risiko.

Generell bieten sich italienische Anleihen weiter als Investition an, auch nach der starken Einengung des Spreads in den vergangenen Monaten. Italienische Staatsanleihen sind im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten noch immer wettbewerbsfähig, bei ähnlichem Risikoprofil. Außerdem werden sich geeignete Reformen, die die eigene Wettbewerbsstellung stärken sollen, mittelfristig als entscheidende Faktoren für eine neue Markteinschätzung globaler Investoren in Bezug auf den italienischen Markt erweisen.

Wir haben das Übergewicht in italienischen Staatsanleihen in den vergangenen Monaten ausgebaut. Denn wir sind zuversichtlich, dass die Strukturreformen zu einer Erholung der italienischen Wirtschaft führen werden. Der Renditeabstand zu Bundesanleihen dürfte sich deshalb in den kommenden Monaten weiter verringern.