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Pro & Contra Europa-Aktien: Sisyphos oder Phoenix aus der Asche?

Kommen beim Thema Europa auf keinen gemeinsamen Nenner: Nadège Dufossé, Managerin des Candriam Sustainable High und Thomas Böckelmann, Manager des Euroswitch Substantial Markets OP
Kommen beim Thema Europa auf keinen gemeinsamen Nenner: Nadège Dufossé, Managerin des Candriam Sustainable High und Thomas Böckelmann, Manager des Euroswitch Substantial Markets OP
Vor gut sechs Jahren hatten viele Experten Europa schon abgeschrieben. In der Finanzkrise ging es für die Wirtschaft schnell und steil bergab. Schlechte Standortfaktoren, zu hohe Lohnniveaus, mangelnde Innovationsbereitschaft und unproduktive Strukturen in den Unternehmen waren nur einige der am häufigsten genannten Kritikpunkte. Ohne tiefgreifende Reformen würden die asiatischen Schwellenländer Europa rasch überholen und neben den Vereinigten Staaten künftig den Ton in der Weltwirtschaft angeben, hieß es.

Erschwerend kam hinzu, dass Mitte 2010 mit der Auszahlung des ersten Notkredites an Griechenland die Eurokrise begann. Tatsächlich dümpelte die Konjunktur in Europa einige Jahre herum, ebenso wie die Ertragskraft europäischer Unternehmen.

Seit Anfang 2014 dreht sich aber der Wind, die Unternehmensgewinne steigen wieder. Der gegenüber dem Dollar eingebrochene Euro, der niedrige Ölpreis und investitionsfreundliche Reformen zeigen ihre Wirkung. Auch die Frühindikatoren für Europa haben jüngst weiter nach oben gedreht. Insbesondere die Zahlen für die Problemländer Spanien und Italien sehen vielversprechend aus.

Europa-Aktien: Nur ein Schatten der New Yorker Wall Street



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Wertentwicklung des Euro Stoxx 50 gegen den amerikanischen S&P 500 über fünf Jahre

Ein Blick auf den Verlauf des den europäischen Aktienmarkt abbildenden Euro Stoxx 50 offenbart die ganze Malaise des Schuldensumpfes in Europa. Zwischen 2010 und 2012 gab es mehrere deutliche Rückschläge, weil nicht mehr nur Griechenland, sondern auch Portugal, Spanien, Italien und sogar Irland ganz Europa in einen Abwärtsstrudel zu reißen drohten und der Euro insgesamt auf der Kippe stand. Mitte 2012 folgte dann der Turnaround. Politische Maßnahmen brachten Beruhigung, indem die Problemländer unter das schützende Dach des Euro-Rettungsschirms schlüpften und im Gegenzug weitreichende Reformen anstießen, um die Symptome und Folgen ihrer hohen Staatsschulden abzumildern. Eine Sisyphos-Aufgabe mit offenem Ausgang.

Der Euro Stoxx 50 stieg seitdem, um in der griechischen Mythologie zu bleiben, wie ein Phoenix – bis zu seinem diesjährigen Höchststand im April 2015 um 85 Prozent. Der starke Anstieg der Aktienkurse hing allerdings höchst irdisch vor allem damit zusammen, dass die Europäische Zentralbank das Zinsniveau auf quasi null senkte und viele Marktteilnehmer Aktien daher als alternativlos einstuften.

Zum Jahresbeginn nahm die Risikofreudigkeit nochmal stark zu, und es schien, als würden die Akteure das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrücken. Das europäische Börsenbarometer legte innerhalb von nur vier Monaten um 30 Prozent zu. Erst die Verschärfung der Griechenland-Krise konnte den Kursauftrieb stoppen. Stärker in die Eisen ging der europäische Markt dann im Juni im Zuge des Crashs an den chinesischen Festlandsbörsen. Noch einen drauf setzte die Regierung in Peking dann im August mit der deutlichen Abwertung des Yuan, die ausländische Produkte in China teurer werden lässt. Folglich reagierten die Börsen insbesondere solcher europäischen Länder mit weiteren Kursverlusten, die wie Deutschland und Frankreich viele Waren ins Reich der Mitte exportieren.

Thomas Böckelmann lässt dies sorgenvoll auf europäische Aktien blicken. Für den Manager des Euroswitch Substancial Markets OP könnte eine Absatzschwäche europäischer Exporteure in China schwerwiegende Folgen haben. Zudem sieht Böckelmann Gefahren für Europa vor der eigenen Haustür lauern – Stichwort Griechenland, Ukraine und Türkei. Nadège Dufossé ist dagegen entspannter. Die Managerin des Candriam Sustainable High konzentriert sich auf positive Entwicklungen wie die verbesserte Stimmung und die steigenden Gewinne in vielen europäischen Unternehmen. Sie schätzt Europa wirtschaftlich stark genug ein, um eine nachhaltige Trendwende zu schaffen und gegenüber den USA an Boden gut zu machen.

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