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Pro & Contra Indien: Bald Asiens neue Nummer 1 oder nach hinten durchgereicht?

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Jorry Rask Nøddekær, Manager des Nordea Emerging Markets Focus Equity


Der Weg zu Reformen in Indien verläuft steinig. Dass ihn Premierminister Narendra Modi kurzfristig ebnen kann, bezweifeln Kritiker. Solange man den ökonomischen Wandlungsprozess nicht als Sprint, sondern als Langstreckenlauf begreift, hat Indien jedoch großes Potenzial. Die langfristigen Wachstumsaussichten der Gesamtwirtschaft sind vielversprechend und bereits jetzt bietet Indien interessante Möglichkeiten für Stockpicker.

Denn Indiens größtes Problem ist zugleich eine große Chance: Das mangelnde Angebot und die bisher nicht ausgeschöpften Produktivitäts-Kapazitäten versprechen gute Entwicklungsmöglichkeiten. Damit Indien sein Potenzial in den kommenden Jahren entfalten kann, müssen vier Faktoren gegeben sein. Erstens muss Modi seinen politischen und ökonomischen Reformkurs beibehalten. Allerdings kommen die Veränderungen nicht über Nacht, um die alten Strukturen aufzubrechen und neue Wege einzuschlagen. Aber die Reformen werden – sobald Modi sie einleitet – auch greifen.

Zweitens ist es nötig, dass die indische Zentralbank ihre Geldpolitik ändert. Nur so können die Inflation strukturell gesenkt, die Grenzen des Kapitalmarkts ausgeweitet und der gesamte Bankensektor nachhaltig reformiert werden. Drittens spielt die Öffnung hin zur globalisierten Welt eine wichtige Rolle. Indien kann als Produktionsstandort in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Wenn Investoren leichteren Zugang zum Markt erhalten, steht ausländischen Direktinvestitionen in großem Umfang nichts im Wege.

Viertens könnte eine IT-Revolution dafür sorgen, dass ein Großteil der indischen Bevölkerung auf moderne Technologien zugreifen kann. Zwar ist Indien bekannt für IT-Outsourcing und verfügt somit über eine hochspezialisierte informationstechnologische Industrie. Ein Großteil der 1,3 Milliarden Inder hat aber immer noch keinen Zugang zu modernen Kommunikationsmitteln.

Die wahre Revolution in Sachen Smartphone-Versorgung, E-Commerce und dem Internet of Things, also der Vernetzung von Gegenständen mit dem Internet, steht noch aus. Um hier für die Masse spürbare Fortschritte zu erzielen, müssten die Preise für internetfähige Geräte deutlich sinken und es müsste eine flächendeckende Internet-Versorgung eingerichtet werden.

Die vier Faktoren werden voraussichtlich wichtige Treiber sein für einen Entwicklungsprozess in den nächsten fünf bis zehn Jahren – und sie werden Indien maßgeblich verändern. Das Land könnte so zum Wegbereiter unter den Schwellenländern werden. Grob lassen sich Schwellenländer in zwei Kategorein einteilen: Staaten mit negativer und positiver Tendenz. Einige Volkswirtschaften verfügen über unvorteilhafte Strukturen auf der Angebots- und Nachfrageseite.

In Ländern wie Brasilien und Russland ist das Wirtschaftswachstum schwach. Ursache für solche Negativentwicklungen sind oftmals instabile politische Strukturen, die es einzelnen Personen oder kleinen Gruppen ermöglichen, mitunter auch zweifelhafte politische Entscheidungen durchzusetzen. Andere Staaten zeigen Reformwillen und orientieren sich an langfristigen Plänen, um ihre Wachstumsaussichten zu verbessern und die Lebensqualität ihrer Bevölkerung nachhaltig zu steigern – hierzu zählen neben Indien noch China und die Philippinen.

Indien lässt nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds mit einem Wirtschaftswachstum von jeweils 7,5 Prozent in den Jahren 2015 und 2016 China hinter sich, wo Steigerungsraten von 6,8 bzw. 6,3 Prozent erwartet werden. Somit hätte der Subkontinent durchaus das Zeug, zu einem Vorreiter zu werden. Nach und nach kann so ein ökonomisches Umfeld entstehen, von dem Unternehmen mit hoher Qualität profitieren – also jene, die sowohl langfristige Wachstumsaussichten aufweisen als auch attraktiv bewertet sind. Ungehemmte Euphorie ist dennoch unangebracht – nur mit einem pragmatischen Blick auf Chancen und Risiken kann ein Investment in Indien erfolgreich sein.

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