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So könnte die Axa im PKV-Markt wieder Fuß machen

Die Axa Krankenversicherung war im Makler- und PKV-Markt lange ein U-Boot. Mit der PKV-Vollkostenversicherung „AXA GesundExtra“ wollen die Kölner jetzt Ihre Position im Wettbewerb stärken. Dieser Schritt reiht sich in die Tarifeinführungen anderer großer PKV-Versicherer ein. Dabei gibt es einige Klauseln, die sich verdächtig ähnlich lesen. Aber gut zu kopieren, ist erstmal nicht verwerflich.
So ist das Tarifkonzept gestaltet
Der „AXA GesundExtra“ hat eine kompakte Tarifphilosophie mit variablen Zahntarifen, ähnlich der Allianz. Der Grundbaustein deckt ambulante und stationäre Leistungen ab. Die bestehenden Zahntarife „KompaktZahn“, „KomfortZahn“ und „PremiumZahn“ können weiterhin flexibel kombiniert werden. Das neue Produkt bietet drei unterschiedliche Selbstbeteiligungs- und Bonusstufen von null bis 900 Euro für ambulante und stationäre Leistungen; für Kinder nur hälftig.
Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, ohne erneute Risikoprüfung zwischen den Selbstbeteiligungsstufen zu wechseln; je zum 1. Januar eines Jahres. Das machen schon ein paar PKV-Anbieter, sollten aber noch mehr tun. Das Tarifkonzept beinhaltet zudem eine Pauschalzahlung bei Leistungsfreiheit, deren Höhe sich nach der gewählten Stufe richtet; wiederum hälftig bei Kindern.
Vorsicht bei Beitragsrückerstattung
Eine zusätzliche, erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung ist ebenfalls möglich. Von der Allianz übernommen wurde, dass leistungsfreie Jahre bei Vorversicherern angerechnet werden. Das kommt selten zum Tragen, wird von den entsprechenden Kunden nach meiner Erfahrung aber hochgeschätzt. Doch Obacht, denn alle Beitragsrückerstattungen sind zu versteuern. Durch die späte Auszahlung im zweiten Halbjahr kann es zu unangenehmen steuerlichen Überraschungen kommen, wenn mehr als nur erstattungsunschädliche Vorsorge ausgezahlt wird.
Die Leistungen im Detail
Es gibt viele Leistungen hervorzuheben:
Auslandsgeltung: Der „GesundExtra“ bietet vollen Schutz für die ersten sechs Monate eines vorübergehenden Aufenthalts im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Für längere Aufenthalte oder Aufenthalte außerhalb des EWR ist eine Verlängerung beziehungsweise Vereinbarung notwendig, die jedoch auf maximal 36 Monate und eine einmalige Nutzung begrenzt ist. Damit fehlt die Schweiz. Das ist nicht die schlechteste Lösung auf dem Markt, aber auch nicht die Beste.
Bei notwendigen Heilbehandlungen über sechs Monate hinaus wird der Schutz nur für weitere zwei Monate gewährt, selbst wenn eine Rückreise medizinisch nicht möglich ist; das ist kritisch. Gezielte Auslandsbehandlungen werden nur bis zur Höhe der in Deutschland üblichen Kosten erstattet. Notfälle werden bis zum nächstgelegenen Krankenhaus übernommen.
Ambulante Leistungen: Behandlungen bei Ärzten und Heilpraktikern werden zu 100 Prozent erstattet, auch über den Höchstsatz der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) hinaus. Bei Heilpraktikern ist die Erstattung auf maximal 2.000 Euro pro Kalenderjahr begrenzt, chiropraktische und osteopathische Behandlungen inklusive.
Ambulante psychotherapeutische Behandlungen: Es gibt keine Begrenzung der Sitzungszahl oder Eigenanteile für psychotherapeutische Behandlungen durch Ärzte oder approbierte Psychologen. Das ist gut, treibt jedoch die Kosten.
Arznei- und Verbandmittel: Nicht verschreibungspflichtige Medikamente werden bis zu 120 Euro pro Jahr erstattet, sofern sie dem Versicherten zugeordnet werden können. Ausgeschlossen sind unter anderem empfängnisverhütende Präparate (außer bei Grunderkrankung), Mittel zur Behandlung erektiler Dysfunktion oder zur Gewichtsregulierung. Das ist eine nette Idee, welche Streitigkeiten über Kleinstrechnungen vermeiden könnte.
Brille und Sehkraft: Der Brillen-Zuschuss beträgt maximal 600 Euro alle zwei Jahre. Die Lasik-OP wird bis maximal 5.000 Euro alle fünf Jahre erstattet, unabhängig von Augen- oder Dioptrien Anzahl.
Kinderwunschbehandlungen: Bis zu einem gewissen Alter mit einer gewissen Anzahl Versuche versichert. Dabei leicht überdurchschnittlich, weil Fehlaustragungen nicht gewertet werden.
Kinderkrankengeld: Begrenzt mitversichert. Das ist ausbaufähig, wie bei fast allen PKV-Anbieten.
Hilfsmittel-Katalog: Grundsätzlich offen, jedoch mit Einzelformulierungen. Das ist ungewöhnlich, aber ok.
Heilmittel: Die Erstattung orientiert marktüblich sich an der Bundesbeihilfe bis zu einem Höchstsatz von 130 Prozent. Dies umfasst Physiotherapie, Krankengymnastik, Massagen, Logopädie und Ergotherapie. Rehasport und Funktionstraining nach SGB IX werden ebenfalls zu 100 Prozent erstattet.
Palliativ- und Sterbeleistungen: Sind ordentlich versichert.
Reha, Anschlussheilbehandlung und Kur: Grundsätzlich gibt es Leistungen, jedoch mit Obergrenzen. Insbesondere die Beschränkungen bei der Reha sind nicht nachvollziehbar niedrig und werden einem ansonsten guten Tarif nicht gerecht.
Stationäre Leistungen: Der Tarif umfasst die Wahlleistungen Unterkunft und Privatarztwahl im Krankenhaus. Auch über die maximale GOÄ hinaus. Auch Privatkliniken können grundlegend genutzt werden. Belegärzte sind bis 250 Prozent erstattungsfähig.
Sozialleistungen: Pädiatrie, Frühförderung und andere GKV-Leistungen werden mit Sublimits erbracht. Das ist ausbaufähig, aber ein Schritt in die richtige Richtung.
Transporte: Notfälle sind ordentlich geregelt, die sonstige Transportregel gilt mit marktüblichen Einschränkungen.
Vorsorge und Impfungen: Es gibt die gesetzlichen Programme sowie Boni darüber hinaus. Ein Formblatt mit GOÄ-Nummern erleichtert die Orientierung. Beitragsrückerstattung und Selbstbeteiligung bleiben unberührt. Das ist gut so.
Zahnärztliche Leistungen: Unterschiedliche Leistungen je nach Tarif. Kein Tarif leistet unter 60 Prozent für Zahnersatz. 100-prozentige Erstattung für Zahnbehandlungen. Ob bei Kindern eine Zahn-Anwartschaft statt des vollen Beitrags für die ersten Lebensjahre möglich ist, wurde vom Anbieter noch nicht bestätigt.
Mein Fazit
Der Tarif leistet stark, jedoch nicht kopflos. Wenn jetzt noch die Risikoprüfung und die Prozesse passen, könnte die Axa wieder im Makler- und PKV-Markt Fuß fassen. Zu wünschen wäre es, denn mehr Auswahl ist besser. Und trotz gewisser Mängel – Stichwort Reha oder Ausland – bin ich zuversichtlich, dass der Tarif im Rahmen von Voranfragen Berücksichtigung finden wird.
Der Tarif ist günstig, jedoch nicht der Günstigste. Damit kann der Axa zwar der Vorwurf gemacht werden, dass er verglichen mit gleichartigen Tarifen zu günstig ist, jedoch nicht derart offenkundig unterpreist wie die Spitzenreiter am oberen Ende der einschlägigen Vergleichsprogramme.
Über den Autor:
Walter Benda, Jahrgang 1983, fing als Soldat an, arbeitete dann in einem Krankenhaus und begann parallel BWL zu studieren. Später wurde er Mehrfachagent bei einem Allfinanzvertrieb, 2008 dann Versicherungsmakler. Er ist spezialisiert auf die PKV und die Altersvorsorge. Benda gilt unter dem Spitznamen „Benzinfass“ als medienpräsenter und scharfzüngiger Kritiker der Versicherungsbranche. Er betreibt die Seite „Die Finanzprüfer“.