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Stellungnahme Provisionsverbot: CDU-Wirtschaftsrat warnt vor ungesunden Folgen

Beratungsgespräch
Beratungsgespräch: Der Wirtschaftsrat der CDU lehnt ein mögliches Provisionsverbot im hiesigen Finanzvertrieb entschieden ab. | Foto: imago images/Image Source

In die Diskussion um ein mögliches Provisionsverbot im europäischen Finanzvertrieb hat sich nun auch der Wirtschaftsrat der CDU eingeklinkt. Bei dem parteinahen Lobby- und Berufsverband, der die Interessen von Wirtschaftsunternehmen vertritt, stößt das Vorhaben auf Ablehnung:

„Angesichts der demografieanfälligen gesetzlichen Rentenversicherung müssen die Menschen in Deutschland zusätzlich eigenverantwortlich für ihr Alter vorsorgen“, gibt Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates, zu bedenken. Dabei seien Verbraucher auf eine gute Beratung angewiesen – gerade mit Blick auf komplexe Produkten wie Lebensversicherungen. Nun werde jedoch auf EU-Ebene über ein Provisionsverbot nachgedacht – „obwohl dadurch offensichtlich eine Beratungslücke und eine Unterversorgung der Bürger mit Anlageprodukten und Versicherungen drohen“.  

 

Großbritannien als Negativbeispiel bewertet

Der Wirtschaftsrat verweist in seiner Stellungnahme auf die Situation in Großbritannien, wo bereits seit 2013 auf nationaler Ebene ein Provisionsverbot im Vertrieb von Vorsorgeprodukten gilt. Die britischen Erfahrungen will man als Negativbeispiel verstanden wissen: „Die Konsequenz ist, dass gerade Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen im Vereinigten Königreich keine Beratung mehr erhalten und deshalb gar nicht vorsorgen“.

Die CDU-Vertreter weisen in drei Thesen auf negative Folgen hin, die ein allgemeines Provisionsverbot im Finanzvertrieb aus ihrer Sicht nach sich ziehen würde. Dabei berufen sie sich unter anderem auf Daten der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA:

·       Kunden in Deutschland seien kaum dazu bereit, Honorare für Beratung zu zahlen. Die Honorare, die der Finanzvertrieb im Vereinigten Königreich aufrufe, wären in Deutschland realistischerweise kaum einzufordern.

·      Ein Provisionsverbot würde Kleinanleger benachteiligen. Das Beispiel Großbritannien habe gezeigt, dass Finanzberatung dann fast nur noch Gutverdienern zugänglich wäre.

·       In letzter Konsequenz bewirke ein Provisionsverbot, dass Kleinanleger nicht nur keine Beratung in Anspruch nähmen, sondern dass sie sich auch vom Kapitalmarkt fernhielten.

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Die Wirtschaftsrats-Vertreter äußern sich in ihrer Stellungnahme auch zum Thema Honorarvergütung - einer Vergütungsform, die oft als erstrebenswerte Alternative zur provisionsbasierten Vergütung in der Finanzberatung empfohlen wird. Bei honorarbasierter Vergütung werden Berater nicht von den Produktgebern für Vertragsabschlüsse bezahlt, sondern sie stellen ihren Kunden die Beratungsleistung direkt in Rechnung. Die Vertreter des CDU-Wirtschaftsrats wollen darin eine Gefahr erkannt haben: Rechne ein Berater seine Beratungsleistung nach Zeit ab, so habe er einen Anreiz, Beratungsgespräche in die Länge zu ziehen. In der Provisionsberatung hingegen sei diese Gefahr nicht gegeben.      

 

Gerade bei kleinen Anlagebeträgen von bis zu 25.000 Euro würden Finanzkunden im Honorarmodell draufzahlen, geben die CDU-Wirtschaftsratsvertreter mit Blick auf eine Studie der Beratungsgesellschaft KPMG zu bedenken: „Damit stiege die Kostenbelastung für Kleinanlegern bei einem Provisionsverbot an.“

Das Fazit des CDU-Wirtschaftsrats: Die provisionsbasierte Beratung sei „regelmäßig der Schlüssel dafür, dass Bürger Vermögen aufbauen und ausreichend vorsorgen“. Ein Verbot dieser Vergütungsart sehe man als „massiven Eingriff in die individuelle Vertragsfreiheit“. In der Stellungnahme ist sogar von einem „Anschlag auf die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft“ die Rede.

Kleinanlegerstrategie: EU-Kommission denkt über Provisionsverbot nach

Die Debatte über ein mögliches Provisionsverbot im Finanzvertrieb hatte im vergangenen Jahr die EU-Kommission angestoßen. In einem Brief an den EU-Parlamentarier Markus Ferber hatte EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness deutliche Sympathien für das Thema geäußert. Das Provisionsverbot wird auf EU-Ebene im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie diskutiert, die die EU-Kommission derzeit überarbeitet. Die Pläne zur Vergütung im Finanzvertrieb werden dabei europaweit mit besonderer Spannung erwartet.

Bislang hat der EU-Gesetzgeber ein allgemeines Provisionsverbot stets ausgeklammert - obwohl es mit Blick auf den Finanzvertrieb schon häufig diskutiert wurde. Europaweit gibt es nur zwei Länder, die ein Provisionsverbot auf nationaler Ebene eingeführt haben – die Niederlande und Großbritannien

Befürworter eines Provisionsverbotes sehen die Interessen von Verbrauchern besser geschützt, wenn Finanzberater nicht an den vermittelten Produkten mitverdienten. Gegner wiederum argumentieren, dass Kleinanleger für Beratungsleistungen kaum zu zahlen bereit wären. Ein Provisionsverbot würde sie von der Finanzberatung abschneiden.

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