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NFS-Netfonds-Chef Christian Hammer
Provisionsverbot: Was uns wirklich weiterbringt
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NFS-Netfonds-Chef Christian Hammer Provisionsverbot: Was uns wirklich weiterbringt

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Seriöse Vermögensberatung ist de facto transparent und muss vor jeglicher Dienstleistung oder Transaktion die Gebühren offenlegen. Darüber hinaus sind Handelssysteme oder Broker, die für die Ausführung von Transaktionen kleinste Provisionen erhalten, weder ein strukturelles Problem, noch eine Bereicherung zu Lasten des Kunden, sondern eine von den Kunden gewünschte Dienstleistung zu einem mehr als marktgerechten Kostenniveau. Die Transaktionskosten haben sich über die letzten Jahre sehr zu Gunsten des Kunden entwickelt. Vor zehn Jahren wurden häufig 5 Prozent Agio bei Fonds abgerechnet, was heute absolut unüblich ist. Die Vergütungsmodelle haben sich alle von Front-ups zu Dauerberatungsmandaten verändert. Der Kundenvorteil der Beratungsdienstleitung ist mit der Transparenz des Marktes und dem Online-Angebot weiter gewachsen.

Kostentransparenz ist erstrebenswert – aber nur schwer darstellbar

Ein weiterer Punkt, der innerhalb der Provisionsverbotsdebatte immer wieder auf der Agenda erscheint, ist die Behauptung, dass die Kosten für Kunden ohne Provision transparenter werden. In der Theorie geht man davon aus, dass Kostentransparenz dabei hilft, Beratungsangebote zu vergleichen. Nur haben wir schon seit der Mifid II eine funktionierende Kostentransparenzpflicht, die Kunden vor einer Dienstleistung detailliert aufklärt.

 

In der Realität zeigt sich, dass es unmöglich ist, eine so komplexe Dienstleistung wie die Wertpapierberatung miteinander und untereinander zu vergleichen. Ja, sie können von Broker A zu Broker B die Kosten vergleichen, aber wie vergleicht man die Leistung von Beratern? Wie steht das Verhältnis von täglichem Austausch zum Aktienmarkt zu einer quartalsweisen oder jährlichen Rebalancing-Strategie von Fonds? Ich sehe an der Stelle ganz klar eine Gefahr der „Neflixisierung von Dienstleistungen“. Kunden müssen pauschal für das ganze Angebot bezahlen – nützlich für Kunden, die häufig innerhalb der Dienstleistungspalette fündig werden. Problematisch in diesem Zusammenhang ist der oftmals begrenzte Katalog, die effektive Angebotsauswahl. An diesem Punkt wird einmal mehr klar, dass Kunden und Berater im Rahmen der Anlageberatung die Freiheiten brauchen, um auf den gewünschten Beratungsumfang einzugehen.

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Steuerliche Gleichstellung sollte forciert werden

Ein Faktor, der überhaupt nicht auf der Agenda erscheint, ist die steuerliche Gleichstellung von Servicegebühren und Provisionen. Eine Bank kann für den Kauf einer Aktie Kosten von zum Beispiel 0,5 Prozent einbehalten und diese dem Kunden innerhalb der Steuertöpfe als Werbungskosten gutschreiben. Nimmt nun ein Berater eine laufende Vergütung von 0,5 Prozent per annum kann diese Gebühr nicht so einfach in den Steuertopf eingestellt werden und wird sogar noch teurer für den Kunden, da die Rechnung mit Mehrwertsteuer versehen ist. Die steuerliche Anerkennung dieser Rechnung kann dann über die Steuerklärung zu einem Problem werden. Einerseits sieht die Anlage Kap-Inv diese Art der Werbungskosten nicht vor, andererseits kommt es immer wieder zur Ablehnung, da die Betreuungsfee noch nicht bei allen Finanzämtern angekommen ist.

Insgesamt ist es wichtig, dass die Regulierungsbehörden ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen der Kunden und denen der Finanzbranche finden, wenn es um die Provisionsfrage geht. Eine sorgfältige Überlegung aller potentiellen Auswirkungen ist angebracht, um sicherzustellen, dass die Finanzbranche weiterhin effektiv und zuverlässig funktioniert. Die Interessen der Kunden müssen in diesem Prozess an erster Stelle stehen. Besonders die Deutschen hadern oftmals mit Investitionen und dem Kapitalmarkt. Falls es nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist, Kunden mit kleinen und mittleren Einkommen und Vermögen individuell zu betreuen und aktiv zu beraten, dann wird es in Deutschland auch weiterhin an einer ausgeprägten Investment- und Aktienmentalität fehlen.

Ich sehe die Zukunft der Vergütungssysteme in der Finanzberatung in Hybridmodellen und der Qualifizierung von Beratern und Kunden.


Über den Autor:

Christian Hammer kam 2005 zu NFS Netfonds. Seit 2012 ist der diplomierte Bankbetriebswirt und Financial Planner Geschäftsführer bei NFS Netfonds Financial Service. Unter dem Haftungsdach des Hamburger Finanzdienstleisters arbeiten mehr als 600 Berater. 

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