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Quirin Bank propagiert Honorarberatung: „Frau Merkel hat noch nicht angerufen“

Aktualisiert am in FinanzberatungLesedauer: 7 Minuten
Karl Matthäus Schmidt, Quirin Bank
Karl Matthäus Schmidt, Quirin Bank

DAS INVESTMENT.com: Ihre Unterschriftenaktion auf der Website provisionsverbot.de unterstützen Sie mit Anzeigentexten wie „Liebe Frau Merkel, verhindern Sie die nächste Finanzkrise: Verbieten Sie Provisionen!“ Ist das nicht sehr überspitzt dargestellt – die weltweite Finanzmarktkrise hat ihre Ursache doch nicht in der Existenz des Provisionssystems im deutschen Vertrieb.

>> Leser-Aktion: Honorarberatung, die bessere Finanzberatung?

Karl Matthäus Schmidt: Werbung darf und muss zuspitzen, wenn sie Aufmerksamkeit erzeugen soll. Natürlich hat das Platzen der Immobilienblase in den USA mit den bekannten Ursachen und Folgen die Finanzmarktkrise wesentlich verursacht. Tatsache ist aber auch, dass Bankerboni und Provisionen, die Gier, immer komplexere und schwer verständliche, dafür aber umso provisionsträchtigere Produkte auf den Markt zu bringen, mit befördert haben. Die Abzocke der Anleger, die  Lehmann-Produkte verkauft bekamen, als die Bank schon kurz vor der Pleite stand, verdeutlicht dieses Dilemma.

Die Banken haben ihren Informations- und Gestaltungsvorsprung einseitig zu ihren Gunsten ausgenutzt. Dadurch ist Anlegern ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Der Vertrauensverlust in das Finanzsystem hat wie ein Flächenbrand um sich gegriffen. Deshalb glaube ich: Nur Geschäftsmodelle, die  Schluss machen mit Provisionen und eine ehrliche und faire Beratung in den Vordergrund stellen, können das Vertrauen der Anleger auf Dauer zurückgewinnen und erhalten. Solche Geschäftsmodelle helfen, künftige Finanzkrisen zu verhindern.

DAS INVESTMENT.com: Wollen sie folglich die Provisionen nur für den Vertriebsweg Banken verbieten lassen? Der freie Vertrieb würde dann weiter gegen Provision beraten und höchstwahrscheinlich Marktanteile gewinnen. Wäre das fair?

Schmidt: Abschaffung des Provisionsvertriebs macht aus meiner Sicht nur Sinn,  wenn sie für alle Bereiche gilt. Das Problem ist doch, dass viele Anleger immer noch glauben, die klassische Bankberatung sei kostenlos. Dies ist mitnichten der Fall. Aktuelle Studien belegen, dass die Kosten zum Beispiel bei geschlossenen Beteiligungen zum Teil bei fünfzehn Prozent und mehr des angelegten Geldes liegen. Herkömmliche Bankberatung ist viel teurer als gemeinhin bekannt. In der honorarbasierten Beratung werden nicht nur alle Kosten sichtbar gemacht, sie lohnt sich für Anleger auch deshalb, weil diese wirklich im eigenen Interesse und nicht im Interesse der Bank beraten werden.

DAS INVESTMENT.com: In einer Pressemitteilung schreiben Sie, dass in Großbritannien der Kunde die Wahl zwischen Honorar- und Provisionsmodell hat und das sich dort im Vergleich zu Deutschland wesentlich mehr Kunden für die Beratung gegen Honorar entscheiden. Aber auch dort liegt der Marktanteil der Honorarberatung bei lediglich 10 Prozent, heißt: Eine Mehrheit lehnt trotz Aufklärung die Beratung gegen Honorar ab. Wo steht die Honorarberatung in Deutschland derzeit?

Schmidt: Der Anteil der Honorarberatung in Deutschland liegt heute noch unter einem Prozent. Das muss ich dringend ändern. Die Tatsache, dass einige Grossbanken heute über Honorarberatung laut nachdenken, zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Außerdem dürfen wir uns wohl als diejenigen betrachten, die diesen Prozess als erste Honorarberatungsbank maßgeblich mit angestoßen haben. Darauf sind wir natürlich auch stolz.

DAS INVESTMENT.com: Wo sehen Sie die Grenzen des Potenzials der Honorarberatung in Deutschland?

Schmidt
: Grenzen sehe ich erstmal keine, ich denke aber, dass ein Marktanteil zwischen zehn und fünfzehn Prozent in Deutschland in den nächsten Jahren eine realistische Größenordnung ist. Ihre Schlussfolgerung, was Großbritannien angeht, halte ich für zu kurz gegriffen. Denn auch dort wird sich die Entwicklung mit dem Verbot der FSA für Provisionen nochmals deutlich beschleunigen.

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