LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in Politik & GesellschaftLesedauer: 10 Minuten

Daten, Tiefe, Maßeinheiten „Rating-Anbieter messen Klimafolgen noch unzureichend“

Seite 2 / 4


 3. Sind die Modelle der Szenario-Analyse komplex genug?

Die Szenarioanalyse-Modelle sind komplex, aber viele Modelle müssen noch ausgefeilter sein, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern. Zum Beispiel messen die Modelle das Risiko auf unterschiedliche Weise. Einige betrachten das Geschäft eines Unternehmens nach Branche und Standort und verwenden dann verallgemeinerte Informationen, um diese in die potenziellen Auswirkungen zu übersetzen. Andere gehen noch weiter und betrachten nicht nur die Branche oder die geografische Lage, sondern auch das Unternehmen selbst. Dabei wird berücksichtigt, wie sich der Klimawandel auf die Finanzlage auswirken könnte – zum Beispiel durch geringere Gewinnspannen aufgrund höherer Kosten, die CO2-Steuern berücksichtigen, oder auch durch die Frage, wie viele Klimaschutzmaßnahmen bereits ergriffen worden sind.

 4. Wie tief geht die Analyse?

Auch die Analysetiefe ist sehr unterschiedlich. Es ist offensichtlich, dass die Bewertung der Risiken und Chancen des Klimawandels für ein multinationales Unternehmen kompliziert ist. Verschiedene Länder haben unterschiedliche CO2-Preise, Steuern, Märkte oder Reduktionsziele eingeführt, die theoretisch anteilig auf die Vermögenswerte eines multinationalen Unternehmens in diesen Ländern angewendet werden sollten. Die Erfassung dieser Informationen hängt jedoch von der Klarheit und Detailliertheit der Unternehmensangaben ab, und daran mangelt es oft. Da die Anbieter von Klimawandel-Modellen nur über begrenzte Ressourcen verfügen, um eingehende Untersuchungen und Verifizierungen auf Emittentenebene durchzuführen, legen unsere Recherchen nahe, dass es zur unkritischen Anwendung bereits kompromittierter Daten kommen kann.

5. Sind die Ergebnisse vergleichbar?

Die Vergleichbarkeit von Ergebnissen unterschiedlicher Anbieter kann ebenfalls schwierig sein. Einige verwenden ein quantitatives Maß für den durch den Klimawandel gefährdeten Wert eines Unternehmens, einige wenige bieten einen Risikograd an (niedrig, mittel, hoch). Wieder andere geben eine Punktzahl an, die Vergleiche zwischen Unternehmen ermöglicht, jedoch ohne größeren Kontext.

Entscheidend sind die Bedürfnisse

Welches Modell ist also das beste? Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht, da dies stark von den Bedürfnissen und Nuancen des Endanwenders abhängt. Die Anwendung und die Unterschiede in den Modellen zeigen sich am besten am praktischen Beispiel. Dazu baten wir in der zweiten Phase unserer Analyse jeden der vier Anbieter, die in die engere Auswahl gekommen sind, je ein Anleihen-, Aktien- und Multi-Asset-Portfolio zu bewerten, um einzuschätzen, wie stark es Risiken und Chancen des Klimawandels ausgesetzt ist. Jeder Anbieter lieferte Bewertungen für physische Risiken sowie für Netto-Übergangsrisiken für jedes Unternehmen.

Die Ergebnisse verdeutlichten die Herausforderungen, die diese Art der Modellierung mit sich bringt. Während die Bewertungen des Gesamtportfolios aufgrund von Verwässerung recht ähnlich waren, variierten die Bewertungen für einzelne Positionen und Risiken stark. Jedoch sind die Bewertungen der einzelnen Anlagen im Kontext des Portfoliomanagements und der Portfoliokonstruktion von größter Bedeutung und können einen erheblichen Unterschied bei den Portfolioerträgen ausmachen. Darin liegt unserer Meinung nach der Vorteil von aktiven Investmentmanagern, die nicht nur ihre Wertpapiere gut kennen, sondern sich auch der Besonderheiten jedes der von ihnen verwendeten Szenarioanalyse-Modells bewusst sind.

Tipps der Redaktion