Ratssitzung in Riga EZB kündigt Ende der Anleihekäufe an
"Das Ende einer Ära"
Patrick O’Donnell, Senior Investment Manager bei Aberdeen Standard Investments:
„Dies ist eine ziemlich vorsichtige Botschaft der EZB. Indem Draghi sagt, dass das QE-Programm in diesem Jahr endet, aber zumindest bis zum nächsten Sommer keine Zinserhöhung signalisiert, gibt er mit einer Hand etwas und nimmt gleichzeitig mit der anderen wieder etwas zurück. Für den Moment hat er sich verpflichtet, bis mindestens zur zweiten Hälfte des nächsten Jahres mit einer Zinserhöhung zu warten. Das wird die Märkte beruhigen. Aber man darf nicht vergessen, dass dies derzeit nur eine Leitlinie und keine Garantie ist.
Der Tag ist vor allem symbolisch und markiert das Ende einer Ära in Europa. Er leitet das Ende des billigen Geldes ein und legt die Basis für eine Zinserhöhung im nächsten Jahr. Es ist also ein weiterer Schritt auf dem Weg, den außerordentlichen globalen geldpolitischen Stimulus des letzten Jahrzehnts zu beseitigen. Nach der erneuten Zinserhöhung der Fed gestern und dem heutigen Signal, befinden wir uns in einer ganz anderen Welt als noch vor wenigen Jahren. Die Frage ist, ob der optimistische Ausblick bei den Zinsen anhalten kann. Die Krise Italiens ist über die europäische Wirtschaft hereingebrochen, und sie ist noch lange nicht ausgestanden. Die tiefen strukturellen Probleme in Ländern wie Italien lauern direkt unter der Oberfläche.“
Auf ihrer gestrigen Sitzung im lettischen Riga stellte der Rat der Europäischen Zentralbank seinen neuen Kurs in Aussicht: Demnach wollen die Währungshüter im vierten Jahresquartal die Anleihekäufe noch einmal von derzeit 30 Milliarden auf dann 15 Milliarden Euro pro Monat herunterfahren. Zu Jahresende sollen sie voraussichtlich ganz eingestellt werden. Um die Wendung nicht zu abrupt zu vollziehen, sollen allerdings die Zinsen, die der Zentralbank aus noch laufenden Anleihen zufließen, „für längere Zeit und in jedem Fall so lange wie erforderlich“ wiederangelegt werden.
Außerdem beließen die Ratsmitglieder – für Kapitalmarktbeobachter nicht ganz überraschend – den Leitzinssatz bei 0 bis 0,25 Prozent sowie den Einlagensatz für Guthaben bei der EZB bei -0,4 Prozent. Gleichzeitig machen die Währungshüter Spekulationen über eine baldige Kehrtwende eine Ende: Die Zinsen im Euroraum sollen „über den Sommer 2019“ auf dem jetzigen Niveau verharren. Sie sollen nicht angehoben werden, bevor die Inflation nicht nachhaltig die Marke von 2 Prozent erreicht hat, die sich die Stabilitätshüter wünschen.
Wie namhafte Kapitalmarktkenner die Folgen des gestern verkündeten EZB-Entscheids einschätzen, stellen wir hier vor.