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Aktualisiert am 06.09.2019 - 10:47 Uhrin AnalysenLesedauer: 5 Minuten

Rechtsanwalt Björn Thorben Jöhnke Wann ein BU-Versicherer bereits bewilligte Leistungen wieder einstellen darf

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Materielle Voraussetzung einer Leistungseinstellung

Die materielle Voraussetzung einer Leistungseinstellung bedeutet, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherungsnehmerin seit dem Leistungsanerkenntnis so gebessert hat, dass die Berufsunfähigkeit weggefallen ist oder sich ihr Grad mindestens auf unter 50 Prozent gemindert hat.

Das KG stellt klar, dass es für den Nachweis einer Gesundheitsbesserung unschädlich ist, wenn der tatsächlich bestandene Gesundheitszustand der Versicherungsnehmerin nicht mehr rückwirkend festgestellt werden kann. Vergleichsmaßstab ist der Gesundheitszustand, auf deren Grundlage der Versicherer das Anerkenntnis erklärt hat und nicht der etwaig abweichende, tatsächliche Gesundheitszustand. In diesem Zusammenhang kann sich ein Versicherter nachträglich auch nicht auf die Unrichtigkeit der dem Anerkenntnis zugrunde liegenden ärztlichen Befunde berufen.

Vorliegend hatte der Versicherer sein Leistungsanerkenntnis auf Grundlage der von der Versicherungsnehmerin vorgelegten Unterlagen erklärt, wonach diese aus orthopädischer und psychiatrischer Sicht in ihrem Beruf als Altenpflegerin arbeitsunfähig war. Hiervon ist in der Vergleichsprüfung auszugehen. Für den Zeitpunkt der Nachprüfungsentscheidung legte der Versicherer Gutachten zugrunde, wonach die Arbeitsfähigkeit der Versicherungsnehmerin bescheinigt wurde.

Fazit und Praxishinweis

Eine Leistungseinstellung des Versicherers nach Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens unterliegt formalen und materiellen Voraussetzungen. Im Rahmen der materiellen Voraussetzung trägt der Versicherer die Beweislast für den Wegfall der Berufsunfähigkeit. Der Beweis ist dem Versicherer in dem vorliegenden Fall jedoch gelungen. Dieses ist nicht immer der Fall, betrachtet man gerade das Urteil des OLG Saarbrücken vom 07.04.2017 – Az. 5 U 32/14.

Für die Praxis ist folglich festzustellen: Es ist sinnvoll, jede Leistungseinstellung eines BU-Versicherers anwaltlich überprüfen zu lassen. Wie eine solche Überprüfung der Entscheidung im Nachprüfungsverfahren aussehen kann, kann hier eingesehen werden. Das Nachprüfungsverfahren ist dabei nur ein Teil des gesamten BU-Verfahrens. Der genaue Ablauf eines BU-Verfahrens kann hier eingesehen werden.

Wie man an dieser vorliegenden Entscheidung sieht, ist jedes Nachprüfungsverfahren ein Einzelfall. Sowie auch jedes BU-Verfahren an sich. Gerade, wenn der Versicherte wieder neue Tätigkeiten aufnimmt und diese tatsächlich ausübt, könnte der Versicherer im Zweifel sogar auch im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens eine konkrete Verweisung aussprechen. Diese natürlich nur, wenn die neue Tätigkeit der vormaligen Lebensstellung entspricht (vgl. OLG Jena v. 21.12.2017 – Az. 4 U 699/13) und zum Beispiel keine unzulässige Verweisung auf neu erworbene Fähigkeiten im Nachprüfungsverfahren vorliegt (vgl. LG Nürnberg-Fürth v. 14.12.2017 - Az. 2 O 3404/16).

Diese Verweisung des Versicherers sollte wiederum im Einzelfall genauestens anwaltlich überprüft werden, da sonst die vertraglich zugesicherten Ansprüche des Versicherten vereitelt werden könnten.

Der Autor
Björn Thorben M. Jöhnke ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Die Kanzlei wird zu diesem Rechtsbereich auch auf den Vermittler-Seminaren 2019 in Nürnberg (21.05.2019) und Stuttgart (22.05.2019) referieren. Informationen zur Agenda und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie hier >>

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