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Aktualisiert am 06.09.2019 - 10:46 UhrLesedauer: 5 Minuten

Rechtsanwalt Björn Thorben Jöhnke Warum der Korallenzüchter keine BU-Leistungen erhält

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Geplanter Berufswechsel zählt nicht

Klärungsbedürftig war außerdem, wie der Berufsbegriff auszulegen ist, wenn der Versicherungsnehmer parallel zur vormals ausgeübten Tätigkeit Vorbereitungen zu einem Wechsel der Tätigkeit trifft. Dies kann nur anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles entschieden werden, so der BGH.

Vorliegend hatte der Versicherungsnehmer nur für die Zukunft gehofft, zum Erhalt der Lebensgrundlage seine Angestelltentätigkeit durch seine selbstständige Tätigkeit abzulösen. Dies ist laut BGH aber lediglich eine „nicht versicherte Hoffnung“ und für den maßgeblichen Unfallzeitpunkt unerheblich. Hoffnungen und Erwartungen auf einen künftigen Beruf sind, das macht der BGH deutlich, nicht zu berücksichtigen. Maßstab für die Frage der Berufsunfähigkeit bleibt somit vorliegend allein die berufliche Angestelltentätigkeit, auch wenn der Versicherungsnehmer plante, das Hobby künftig als alleinige berufliche Tätigkeit auszuüben.

Die Entscheidung des BGH

Im Ergebnis sah der BGH die für die Frage der Berufsunfähigkeit allein maßgebliche Tätigkeit also in der Vollzeitbeschäftigung als Angestellter, bei der der Versicherungsnehmer noch zu mehr als 50 Prozent berufsfähig war. Mit dem vorliegenden Beschluss lehnte der BGH infolgedessen eine Berufsunfähigkeit und somit eine Leistungspflicht des Versicherers ab.

Die Entscheidung des BGH ist zwar bedauerlich für den Versicherten, im Ergebnis aber nachvollziehbar. Hobbies und geplante Tätigkeiten können im Rahmen einer Leistungsfallprüfung des Versicherers keine Berücksichtigung finden. Erst wenn sich Tätigkeiten derart manifestiert haben, dass sie dem Erhalt der Lebensgrundlage dienen, können diese „versichert“ sein. Diese Entscheidung könnte in jedem anderen Fall auch entsprechend anders ausfallen. Es existieren indes auch Grauzonen, etwa wie bei einer Hausfrau oder einem Hausmann.

Beruf Hausfrau und Hausmann möglich?

Widmet sich zum Beispiel eine berufstätige Frau wegen der Geburt ihrer Kinder der Erziehung und der Haushaltsführung, kann darin nur dann ein neuer Beruf gesehen werden, wenn ihre Übernahme auf einer bewussten beruflichen Entscheidung beruht, unter Aufgabe des bisherigen Berufs zum Lebensunterhalt nunmehr durch Hausarbeit beizutragen. Dagegen ist ein Berufswechsel nicht anzunehmen, wenn die Aufnahme der Haushaltstätigkeit ihren Grund in einer bloßen Unterbrechung der bisher ausgeübten Berufstätigkeit hat, etwa aufgrund vorübergehender Arbeitslosigkeit oder aus familiären Gründen (BGH v. 30.11.2011 – IV ZR 143/10). In diesem Falle wäre so dann für die Prüfung der Berufsunfähigkeit das „alte“ Tätigkeitsbild zugrunde zu legen. 

Praxishinweis

Für die Praxis ist damit festzustellen, dass es im Bereich der Berufsunfähigkeit sinnvoll ist, jede Leistungseinstellung eines Berufsunfähigkeitsversicherers juristisch überprüfen zu lassen. Insbesondere müssen die entsprechenden Tätigkeitsprofile des Versicherten bereits am Anfang des Verfahrens, also beim Leistungsantrag schon, qualifiziert herausgearbeitet werden.

Vor diesem Hintergrund ist es für Vermittler und Versicherte zweckmäßig sich mit dem Ablauf eines typischen BU-Verfahrens mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung vertraut zu machen, bevor Leistungen geltend gemacht werden. Auch ist an dieser Entscheidung zu erkennen, dass es sinnvoll ist frühzeitig anwaltliche Expertise in Anspruch zu nehmen, da ansonsten die vertraglich zugesicherten Ansprüche des Versicherten vereitelt werden könnten.


Über den Autor:
Björn Thorben Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Jöhnke ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow, die regelmäßig Seminare und Vorträge zu Vermittler- und Versicherungsrecht anbietet.

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