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Rechtsanwalt Jens Reichow „Nachbearbeitungspflicht kann auch bei Kleinstorni bestehen“

Rechtsanwalt Jens Reichow
Rechtsanwalt Jens Reichow | Foto: Kanzlei Jöhnke & Reichow

Gerade im Sachversicherungsbereich werden für einzelne Versicherungssparten nur geringfügige Provisionen gezahlt. Kommt es nun zu Stornierungen stellt sich oft die Frage, ob es überhaupt wirtschaftlich sinnvoll ist den stornogefährdeten Versicherungsvertrag nachzubearbeiten – sei es durch eigene Stornobekämpfungsmaßnahmen des Versicherers oder durch die Versendung einer Stornogefahrmitteilung.

Unterbleibt eine Nachbearbeitung des Versicherers und erhält der Handelsvertreter auch keine Stornogefahrmitteilung, so verweigern viele Handelsvertreter oftmals die Rückzahlung des unverdient gebliebenen Provisionsvorschusses. Inhaltlich berufen sich Handelsvertreter dabei auf die gesetzliche Regelung des Paragrafen 87a Absatz 3 HGB, welche dem Versicherer eben eine Nachbearbeitungsverpflichtung auferlegt.

Keine Nachbearbeitungspflicht bei Kleinstorni

Bereits seit Langem ist in der Rechtsprechung jedoch anerkannt, dass von einem Versicherer eine Nachbearbeitung in Form eigener Maßnahmen oder aber durch Versendung von Stornogefahrmitteilungen nur verlangt werden kann, wenn der Handelsvertreter selbst unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftigerweise eine Stornobekämpfung veranlasst hätte.

Da der wirtschaftlich denkende Handelsvertreter dies bei geringen Provisionsrückforderungen (so genannte Kleinstorni) wohl selbst unterlassen hätte, kann dies in diesen Fällen auch vom Versicherer nicht gefordert werden. Selbst bei unterlassener Nachbearbeitung und ohne Versendung einer Stornogefahrmitteilung, besteht dann eine berechtigte Provisionsrückforderung des Versicherers gegenüber dem Handelsvertreter (vgl. OLG Brandenburg Urteil vom 07.10.2010 – Az.: 12 U 96/09).

Nachbearbeitungspflicht auch bei Kleinstorni

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Mit einem Ausnahmefall hatte sich nunmehr jedoch das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 13.01.2017 (Aktenzeichen.: 16 U 32/16) auseinanderzusetzen. In dem zu entscheidenden Fall forderte der Versicherer vom Handelsvertreter auch unverdiente Provisionen aus Kleinstorni zurück. Der Handelsvertreter wandte auch hier eine mangelnde Nachbearbeitung ein.

Trotz Kleinstorni konnte sich der Handelsvertreter in diesem Fall jedoch auf die unterlassene Nachbearbeitung des Versicherers berufen. Hintergrund waren die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles. Die Versicherungsnehmer hatten nämlich in dem konkreten Fall des OLG Düsseldorf neben den stornierten Verträgen weitere Versicherungen abgeschlossen.

Der Handelsvertreter argumentierte daher, er hätte aus Sorge um die Stornierung der weiteren Versicherungsverträge auch bei einem Kleinstorni Nachbearbeitungsmaßnahmen ergriffen. Hiervon ließen sich die Richter des OLG Düsseldorf überzeugen und wiesen die Klage des Versicherers auf Rückzahlung der unverdient gebliebenen Provision ab.

Unsere Empfehlung

Der Fall zeigt, dass sich ein Blick auf den Einzelfall lohnt und eine Nachbearbeitungspflicht auch bei Kleinstorni bestehen kann.  Soweit Sie von einem Versicherer eine Rückforderung von unverdienten Provisionen erhalten, empfehlen wir einem im Handelsvertreterrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren. Dieser sollte die Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Forderung prüfen.

Oftmals ist die Rückforderung von unverdienten Provisionen bei näherer rechtlicher prüfung unrechtmäßig. Forderungen des Versicherers können dadurch abgewehrt werden. Gerne steht hierfür auch die im Versicherungsrecht und Vertriebsrecht tätige Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

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