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Aktualisiert am 28.01.2020 - 16:59 Uhrin AnalysenLesedauer: 9 Minuten

Rechtsanwalt Nicolas Eberle Wie Security Token Offerings den Kapitalmarkt umkrempeln können

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Schuldverschreibungen werden in aller Regel aufgrund bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben als nachrangige Papiere im Insolvenzfall aufgelegt. Mithin wären im Falle der Insolvenz des Emittenten alle anderen Gläubiger vor den Inhabern der Schuldverschreibung zu befriedigen. Da die Bafin die Blockchain durch Billigung des ersten STO-Wertpapierprospekts erstmals einer Papier-Urkunde gleichgestellt hat, ist es nunmehr möglich, Schuldverschreibungen rein über das Internet zu emittieren.

Emission weiterer Instrumente denkbar

Weiterhin ist neben den tokenisierten Inhaberschuldverschreibungen auch die Emission anderer Instrumente über die Blockchain denkbar. Naheliegend erscheint beispielsweise eine Emission von partiarischen Nachrangdarlehen in einer den bisherigen STOs vergleichbaren Art und Weise.

Partiarisches Nachrangdarlehen stellen noch immer den überwiegenden Teil des in Deutschland betriebenen Crowdfunding-Geschäfts dar. Eine Vielzahl von Anlegern gewährt einem Kapitalnehmer jeweils einzelne partiarische Darlehen, die für den Insolvenzfall nachrangig ausgestaltet sind. Es handelt sich regelmäßig um eine Vermögensanlage nach Vermögensanlagegesetz – vorbehaltlich eingreifender Ausnahmetatbestände ist ein Vermögensanlageprospekt zu erstellen. Partiarische Darlehen sind nun, wie die meisten Vermögensanlagen, eher schlecht handelbar. Dies ließe sich allerdings ändern, indem man die partiarischen Darlehen (oder auch andere Instrumente) ähnlich der zuvor beschriebenen Inhaberschuldverschreibung „tokenisiert“ und die Emission des Instruments über eine Blockchain abwickelt. Die Konsequenz wäre, wie zuvor auch, dass ein Wertpapier vorläge und ein Wertpapierprospekt zu erstellen wäre.

Für sämtliche denkbaren Wertpapiergestaltungen, die über eine Blockchain emittiert werden können, besteht die Möglichkeit, über das EU-Passporting die Wertpapiere europaweit zu vertreiben – also ohne dass es einer weiteren Billigung des Wertpapierprospekts in anderen europäischen Ländern bedarf. Vor diesem Hintergrund scheint es naheliegend, sich in relativ naher Zukunft echte regulierte Handelsplätze für Krypto-Assets vorzustellen, auf denen sich verschiedene tokenisierte Assets handeln ließen.

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Ein STO nach deutschem Recht eignet sich bereits heute grundsätzlich sowohl für Start-up-Unternehmen als auch für mittelständische Unternehmen, die Kapital mit einer festen Laufzeit aufnehmen möchten. BesondersUnternehmen in innovativen technologiegetriebenen Wirtschaftsbereichen können mit einem STO ihre Technologieführerschaft und Innovationskraft belegen.

Ein STO setzt, wie bei der Ausgabe tradierter Wertpapiere, einen von der Bafin zu billigenden Wertpapierprospekt voraus und verursacht dadurch zunächst Beratungskosten. Gleichwohl dürfte in Zukunft die Zahl elektronisch emittierter Wertpapiere stark zunehmen. Im Vergleich zu alternativen Kapitalbeschaffungsmaßnahmen halten sich Aufwand und Transaktionskosten nämlich in Grenzen, zudem überzeugt die Einfachheit des Vertriebs über das Internet. Unter gewissen Voraussetzungen können zudem Ausnahmeregelungen von der Prospektpflicht in Anspruch genommen werden.

Die Zahl der in Deutschland ausgegebenen elektronischen Wertpapiere dürfte zukünftig ansteigen. Darauf deutet die Aktivität der Bafin im Zusammenhang mit STOs im Jahr 2019 hin. In dieselbe Richtung weisen auch die zahlreichen Gesetzesinitiativen und Konsultationen auf europäischer und nationaler Ebene, die anstreben, internetbasierte Finanzierungsinstrumente weiter im Finanzmarkt zu verwurzeln. Zu nennen sind hier auf EU-Ebene insbesondere der Fintech-Aktionsplan, die Esma-Vorschläge zur Klassifizierung von Security Token als Wertpapiere nach Unionsrecht und die im Entwurfstadium befindliche Crowdfunding-Verordnung.

Im nationalen Recht wurde im Jahr 2019 insbesondere die „Blockchain-Strategie der Bundesregierung“ vom BMWE veröffentlicht. Sie fordert neben der Errichtung einer Bundes-Blockchain unter anderem auch die Gleichstellung von elektronischen und urkundlich verkörperten Wertpapieren sowie die oben erwähnte Anpassung des Sachenrechts. Zudem lässt der Mitte 2019 veröffentlichte Regierungsentwurf zur Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie erwarten, dass auch sogenannte Kryptoverwahrstellen beziehungsweise -handelsplattformen zukünftig eine weitergehende Regulierung erfahren werden.


Über den Autor:
Rechtsanwalt Nicolas Eberle betreut bei der Kanzlei Rose & Partner die Schwerpunkte Gesellschaftsrecht und Aufsichtsrecht. Durch langjährige Forschungstätigkeit an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht ist Eberle darüber hinaus Spezialist für die Regulierung von Fintech-Unternehmen und die Bereiche Peer-to-Peer-Lending, Crowdfunding, Security Token Offerings und Distributed-Ledger-Technologie.

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