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Rechtsanwalt Peter Balzer im Interview „Viele Finanzplaner kennen die Grenzen des RDG gar nicht“

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Ein anderes Thema: Der Tippgeber-Status ist gesetzlich nicht definiert. Besteht hier Handlungsbedarf?

Balzer: Aufsicht und Gewerbebehörden sind sich auch ohne eine gesetzliche Definition einig, dass unterhalb der Ebene einer Vermittlung – und damit außerhalb der Regulierung – der Tippgeber anzuerkennen ist: Ein Tippgeber-Status besteht immer dann, wenn es eine bloße Kundenzuführung, aber keine Vermittlungsleistung gibt. Die Frage ist, ab wann setzt eine Vermittlung ein? Die Bafin hat zum Beispiel ein Merkblatt über den Tatbestand der Anlagevermittlung herausgegeben, das gibt eine Orientierungshilfe. Auch gibt es Tendenzen im Schrifttum und bei Gerichtsentscheidungen, wie man Vermittler und Tippgeber abgrenzen kann.

Welche Daten darf ein Tippgeber erfassen?

Balzer: Er darf allgemeine Daten erfassen. Schwierig wird es, wenn es um konkrete Daten geht, die bereits Relevanz für einen beabsichtigten Vertragsschluss haben, etwa wenn er fragt „Wie groß ist Ihr Wohnhaus?“ in Bezug auf eine Hausratversicherung. Hier gab es bereits eine Reihe von Urteilen zu Vergleichsportalen oder auch zu Tchibo, die vermeintlich als Tippgeber tätig geworden sind, letztlich aber doch bereits vermittelt haben.

Die Zulässigkeit von Zuwendungen wird durch Mifid II an eine Qualitätsverbesserung der Beratung und der Kundenbeziehung gekoppelt. Wie passt da ein Tippgeber hinein?

Balzer: Mifid II betrifft nur den Vertrieb von Finanzinstrumenten. Wenn ich daher als Berater jemandem eine Provision bezahle, weil er mir eine Kontoverbindung zuführt, ist das unkritisch und nicht erfasst. Wenn ich aber Tippgeber dafür bezahle, dass sie mir Interessenten zuführen, die für die Zeichnung einer Anleihe in Frage kommen oder für den Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrages, dann kommen die Regelungen von Mifid II zur Anwendung, die sich in ähnlicher Form allerdings auch schon im bisherigen Recht finden. Als Bank oder zugelassenes Finanzdienstleistungsinstitut darf ich Zuwendungen an den Tippgeber nur bezahlen, wenn sich dadurch die Qualität der Dienstleistung auf Seiten des Kunden verbessert.

Wie soll das gehen? Die Kundenbeziehung ist doch noch gar nicht geschlossen?

Balzer: In der Tat ist das schwierig. Anbahnung gehört zur Akquisition und das ist ein Element der Kundenbetreuung. Wo ist der Mehrwert für den Kunden? Man kann womöglich mit der sehr individuellen Betreuung durch den Tippgeber argumentieren, der persönlich im Vorwege mit den Interessenten spricht. Man wird aber nicht verkennen dürfen, dass der Tippgeber letztlich wohl eher für das Herbeiführen des Abschlusses bezahlt wird und nicht für allgemeine Anbahnungsgespräche. Vor diesem Hintergrund bewegt sich der Tippgeber daher zumindest im Bafin-regulierten Bereich meist deutlich in der Grauzone.

Wo sehen Sie noch Diskussionsbedarf?

Balzer: Bei den neuen Aufzeichnungspflichten. Hier fehlen zwar momentan noch die genauen Ausführungsbestimmungen. Klar ist aber, die Telefonaufzeichnung von Kundengesprächen kommt. Es ist anzuraten, sich zu informieren, welche Anbieter und IT-Lösungen hierfür in Betracht kommen. Das Aufsetzen der technischen Prozesse ist eine Herausforderung, es muss auch geregelt werden, wie die riesigen Datenmengen verwaltet und archiviert werden. Der Kunde hat zum Beispiel einen Anspruch darauf, dass ihm eine Abschrift der Aufzeichnung zur Verfügung gestellt wird. Diese technischen Prozesse werden deutlich unterschätzt. Die Branche ist da noch reichlich blauäugig.

Wird es zu einer Aufzeichnungspflicht des kompletten Gesprächs am Telefon kommen? Kein Berater spricht doch druckreif am Telefon?

Balzer: Eine Komplettaufzeichnungspflicht wird es wohl nicht geben, diskutiert wird über eine sog. „Knopfdruck-Lösung“, also eine Aufzeichnung ab einem bestimmten Punkt, wenn das Gespräch konkret in Richtung Beratung und Abschluss geht, oder auch eine Aufzeichnung nur der Gesprächszusammenfassung. Ein Problem für die Branche dürfte aber sein, dass es nicht allzu viele Anbieter gibt, die entsprechende Hardware bereitstellen, hier deutet sich ein Nadelöhr an. Da endgültige Klarheit über die Umsetzung und ihre Details spätestens bis zum 3. Juli 2017 vorliegen wird, haben die Marktteilnehmer dann auch nur ein halbes Jahr Zeit, um die technische Umsetzung sicherzustellen. Das wird noch spannend.

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