Inflation, Anleiherenditen, Zinsanstieg Reflation Trades dominieren das Marktgeschehen
Der Vermögensverwalter Candriam setzt auf die weitere Erholung der Weltwirtschaft und hat dementsprechend seine Portfolios umgeschichtet. Die Gewichtung liegt derzeit auf Small- und Mid-Cap-Unternehmen sowie Value-Sektoren, zu denen beispielweise Banken gehören. Zwar nimmt das Szenario einer sich erholenden globalen Wirtschaft langsam Gestalt an. Doch die Entwicklung der Finanzmärkte bleibt weiterhin abhängig von den nächsten Schritten im Kampf gegen die Pandemie.
Wir investieren deshalb in langfristige Megatrends, um von deren nachhaltigem Wachstum zu profitieren. Die Corona-Krise hat verdeutlicht, wie wichtig entsprechende Titel für den Aufbau eines robusten Portfolios sind. Insbesondere Themen wie Umwelt, Digitalisierung und Gesundheitswesen konnten langfristig überzeugen.
Reflation Trades breiten sich aus
Viele Marktteilnehmer konzentrieren sich derzeit auf „Reflation Trades“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich das Ziel, von einem gleichzeitigen Anstieg der Wirtschaftsleistung (engl. REcovery) und der Preise (engl. inFLATION) zu profitieren. Grundsätzlich funktionieren Reflation Trades besonders gut in einer frühen Aufschwungsphase nach einer Rezession – wenn also Wirtschaftswachstum und Preise deutlich anziehen.
Auch Anleiherenditen steigen meist zu Beginn einer Erholung, wenn Risikoaversionen abnehmen. Zugleich kommt es häufig zu Inflationssorgen, zur Straffung der Geldpolitik durch die Notenbanken und zur Emission von Staatsanleihen. Abbildung 1 zeigt zwei Faktoren der „Reflation“: Mit dem Abklingen der Pandemie wird der aufgestaute Güter- und Dienstleistungsbedarf zu einem großen Nachholeffekt führen. Ebenso ist ein Anstieg der Anleiherenditen zu beobachten.
Abbildung 1: US-Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe und Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen
Bislang lässt sich das rasante Voranschreiten der Reflation durch Fundamentaldaten erklären. Seit November 2020 konnten die Finanzmärkte sich über eine Reihe positiver Nachrichten freuen. So hat der US-Kongress im Dezember ein Konjunkturpaket in Höhe von 900 Milliarden US-Dollar beschlossen. Und auch die demokratische Mehrheit im US-Kongress schürt die Hoffnung auf positive Konjunkturimpulse.
Im Februar wurde zudem bekannt, dass das Corona-Hilfspaket der Biden-Administration einen Umfang von 1,9 Billionen US-Dollar haben wird. Dies ist mehr als ursprünglich angenommen. Deshalb werden die meisten Wirtschaftsszenarien und Unternehmensgewinnziele sowie die Ziele für Anleiherenditen derzeit nach oben korrigiert.
Welche Aktien jetzt für Anleger interessant sind
Welche Schritte müssen Anleger während des anhaltenden Kampfes gegen die Pandemie im Auge behalten? Glaubt man allgegenwärtigen Kassandrarufen, könnte die Aneinanderreihung positiver Nachrichten schon bald ein rasches Ende finden. In der Tat offenbart ein genauer Blick auf die wichtigsten Wirtschaftsindikatoren nach wie vor eine große Lücke zwischen dem Dienstleistungssektor und dem verarbeitenden Gewerbe: Die Industrie profitiert bereits von der Wiederbelebung der Wirtschaft, Dienstleister hingegen haben schwer zu kämpfen.
Somit könnte mit einer breiteren Öffnung der Wirtschaft die nächste Phase der Reflation Trades eingeläutet werden. Die angehäuften Ersparnisse vieler Verbraucher dürften in diesem Zusammenhang ebenfalls zur wirtschaftlichen Erholung beitragen. Ein gutes Beispiel für den Nachholbedarf im Reise- und Freizeitsektor gab der am 22. Februar von Premierminister Boris Johnson vorgestellte Wiedereröffnungsplan für die britische Wirtschaft ab: Die Börsennotierungen von EasyJet, Ryanair, TUI und Jet2 erholten sich lebhaft.
Sofern die Gesamtausgaben für Waren und Dienstleistungen nach den weltweiten Lockdowns die im Anschluss an die globale Finanzkrise gesehenen Niveaus übersteigen, wird das Reflationsthema aller Wahrscheinlichkeit nach noch dominanter. Anleger sollten bedenken, dass im Zuge der Wiederbelebung der Dienstleistungswirtschaft ein weiterer Anstieg der Anleiherenditen nicht gänzlich auszuschließen ist. In diesem Fall dürften sich Value-Aktien und zyklische Werte besser entwickeln als Growth- und Stay-at-Home-Aktien sowie defensive Titel.