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Reform des Urheberrechts Europa auf dem Weg ins Tal der Ahnungslosen

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Dabei wird übrigens völlig außer Acht gelassen, dass häufig die kleineren und mittleren Produzenten von Inhalt gar nichts gegen die „Verletzung ihrer Rechte“ einzuwenden haben. Ganz im Gegenteil, viele sind auf die Reichweitenverlängerung durch Plattformen sogar angewiesen. Fazit: Das Urheberrecht wird über das Recht zur freien Meinungsäußerung gestellt. Viele sprechen von Meinungsmonopolisierung oder gar von Zensurmaschine. Wie kann verhindert werden, dass Europa per Gesetz zum Tal der Ahnungslosen wird? Gäbe es nicht andere Wege, das Urheberrecht mit der Neuzeit zu versöhnen?

 Blockchain-Anwendungen als Lösung?

Diese Wege gibt es durchaus. Zahlreiche Unternehmen arbeiten weltweit an Blockchain-Anwendungen für den Copyright-Bereich. Jedwede Veröffentlichung, unabhängig von der Größenklasse des Produzenten, kann mittels solcher Blockchain-Anwendungen jederzeit bis auf den ursprünglichen Urheber zurückverfolgt werden, sofern er das möchte. Werbeeinnahmen von Plattformen lassen sich so den Urhebern der Plattforminhalten detailliert zuschreiben. Sie können so urheberrechtskonform von ihrem geistigen Eigentum profitieren und an den Werbeeinnahmen der Plattformen partizipieren. Sie können aber natürlich auch in der Blockchain hinterlegen, dass sie eine Verbreitung untersagen oder aber keinerlei Einwände gegen eine kostenlose Verbreitung haben.

DSGVO wirft Probleme auf

Schade nur, dass daraus nichts werden wird. Zum einen sind die entsprechenden Blockchain-Anwendungen noch in einem relativ frühen Entwicklungsstadium. Es bräuchte wohl noch etwa zwei Jahre bis zur Marktreife. Zum anderen werden sie wohl überall in der Welt eingeführt werden, aber um uns einen großen Bogen machen, denn solche Blockchain-Anwendungen können wegen einer anderen „Glanzleistung“ der Gesetzgebung nicht zum Einsatz kommen: Sie sind per Definition nicht DSGVO-konform. Die DSGVO verlangt, dass personenbezogene Daten geändert und gelöscht werden können.

Im Gegensatz dazu basiert die Blockchain auf dem Grundsatz, dass Daten eben nicht modifiziert werden. Auf diese Art und Weise soll die Integrität des Netzwerks und das Vertrauen in seine Daten gewährleistet werden. Zudem liegt der DSGVO die Annahme zugrunde, dass im Bereich der personenbezogenen Datenverarbeitung jeweils ein zentraler Intermediär existiert, an den sich die Anforderungen der DSGVO richten. Dies ist der Verantwortliche, etwa eine Online-Plattform, der über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. In Blockchain-Netzwerken entscheidet darüber aber oft eine Vielzahl von Akteuren. Dieser dezentralisierte Aufbau ist bewusst so angelegt, um einzelne Einflussnehmer daran zu hindern, auf das Netzwerk einzuwirken. Insofern erschwert das Fehlen einer zentralen Instanz die Umsetzung der Anforderungen der DSGVO erheblich.

Also bleibt uns in Europa nichts anderes übrig, als gemeinsam eine Reise in die Vergangenheit anzutreten? Noch ist es nicht zu spät. Viele Bürger machen unter dem Slogan „Save the Internet“ mobil. Für den 23. März sind europaweit Demonstrationen geplant. Der Aufruf verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Dem Internet sei Dank.

Autor Karsten Müller ist Geschäftsführer der ChainBerry Asset Management GmbH.

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