Laut Economist Die reichsten Länder der Welt – warum ein Ranking nicht ausreicht
Jahr für Jahr erstellt das renommierte britische Wirtschaftsmagazin „The Economist“ sein Ranking der reichsten Länder der Welt. Doch statt sich nur auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu stützen, kombiniert es gleich drei Kennzahlen zu einem aussagekräftigen Gesamtbild: das Pro-Kopf-Einkommen, die Kaufkraft und die geleisteten Arbeitsstunden. Das Ergebnis ist eine Rangliste, die so manche Überraschung bereithält und tiefe Einblicke in die Ökonomien der Spitzenreiter erlaubt.
Norwegen: Der Primus mit den glücklichen Bürgern
Unangefochten an der Spitze steht Norwegen. Das Land im hohen Norden punktet mit einem hohen Lebensstandard, einer ausgeglichenen Work-Life-Balance und einem vorbildlichen Sozialsystem. Der Reichtum aus Öl und Gas wurde klug investiert – in Bildung, Infrastruktur und einen soliden Sozialstaat. Kein Wunder, dass die Norweger zu den glücklichsten Menschen der Welt zählen.
Auf den Plätzen zwei und drei folgen mit Luxemburg und Katar zwei Länder, die ihre Stärken gezielt ausspielen. Luxemburg hat sich als Finanzplatz und Steueroase einen Namen gemacht, lockt aber auch mit hoher politischer Stabilität und einer starken Dienstleistungsökonomie. Katar wiederum nutzt seinen Öl- und Gasreichtum für massive Investitionen in Bildung, Gesundheit und moderne Infrastruktur – auch wenn die Früchte bisher ungleich verteilt sind.
Der feine Unterschied: Kaufkraft und Arbeitszeit
Ein Blick auf die Plätze vier bis neun zeigt, was wirklich zählt: eine hohe Kaufkraft und eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Belgien, Dänemark, die Schweiz, Island, Österreich und Schweden punkten allesamt mit einem hohen Lohnniveau, moderaten Preisen und einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, die deutlich unter der in den USA oder gar in China liegt. Das Ergebnis ist eine hohe Lebensqualität für breite Schichten der Bevölkerung.
Die Top 10 der reichsten Länder weltweit:
- Norwegen
- Luxemburg
- Katar
- Belgien
- Dänemark
- Schweiz
- Island
- Österreich
- Schweden
- USA
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USA: Wirtschaftsmacht mit Schattenseiten
Überraschend: Die USA, die nach dem BIP unangefochtener Spitzenreiter sind, landen im „Economist“-Ranking nur auf Platz zehn. Der Grund: Hohe Lebenshaltungskosten und lange Arbeitszeiten drücken den Wohlstand im Portemonnaie und in der Freizeit. Auch die immer größere Lücke zwischen Arm und Reich und die Defizite im Sozialsystem werfen Schatten auf die Supermacht.
Deutschland: Solide, aber nicht spitze
Und wo steht Deutschland in diesem Ranking? Immerhin auf einem respektablen zwölften Platz. Die Bundesrepublik punktet mit einer hohen Produktivität, einer guten Infrastruktur und einer starken Binnennachfrage. Doch es gibt auch Nachholbedarf: bei Zukunftsinvestitionen in Bildung und Digitalisierung, beim Abbau der hohen Steuer- und Abgabenlast und bei der Verteilung des Wohlstands. Hier liegt noch Potenzial, um in der Rangliste weiter nach oben zu klettern.
China: Die Wirtschaftsmacht mit den vielen Gesichtern
Überraschend abgeschlagen präsentiert sich China in diesem Ranking. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt liegt beim Pro-Kopf-Einkommen nur auf Platz 69, bei der Kaufkraft auf Rang 75 und bei den Arbeitsstunden gar nur auf Position 97. Trotz des enormen Wirtschaftswachstums der letzten Jahrzehnte ist der Wohlstand in der Bevölkerung noch sehr ungleich verteilt. Auch die langen Arbeitszeiten und die vergleichsweise niedrige Kaufkraft drücken Chinas Position. Dennoch: Mit seinem riesigen Potenzial und den kontinuierlichen Fortschritten bei der Armutsbekämpfung bleibt China ein Land, das man auf der Rechnung haben muss.
So unterschiedlich die Spitzenreiter des Rankings sind, eines haben sie gemeinsam: Sie haben ihre spezifischen Stärken – sei es Öl, eine zentrale Lage oder ein attraktives Steuersystem – genutzt, um in die Zukunft zu investieren. In Menschen, in Ideen, in eine Ökonomie, die nicht nur auf schnelles Wachstum setzt, sondern auch auf Nachhaltigkeit und Lebensqualität.
Das ist vielleicht die wichtigste Lektion aus dem „Economist“-Ranking: Wahrer Reichtum bemisst sich nicht nur an Geld und BIP, sondern daran, was ein Land daraus macht. An Chancen und Sicherheit für seine Bürger, an einem Wohlstand, der die Zukunft im Blick hat. Denn nur so lässt sich der Spitzenplatz auf Dauer verteidigen – oder neu erobern.