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Real Estate Investment Trusts Verkennt der Markt die Stärke des Immobiliensektors?

Reihenhäuser in San Francisco, im Hintergrund die Skyline der Stadt
Reihenhäuser in San Francisco: Wohn-, Industrie- und Einzelhandelsimmobilien in den USA laufen gut, wie aus den Daten zu den US-Aktien-REITs hervorgeht. | Foto: Imago Images / Shotshop

Etwas mehr als ein Jahrzehnt nach der globalen Finanzkrise, die eine lange Periode niedriger Zinsen auslöste, geht diese außergewöhnliche Periode lockerer Finanzbedingungen zu Ende. Da sich die Inflation in den USA und Europa als unerwartet hartnäckig erweist, setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die 2010er Jahre eine Ausnahme waren. Es sieht so aus, als ob die Zinssätze „länger“ höher und näher am Vorkrisenniveau sein werden – mit Auswirkungen auf zinssensible Sektoren wie Immobilien.

Mitte 2024 deutet die Forward-Rate-Kurve darauf hin, dass die Leitzinsen der Zentralbanken in den nächsten zwölf Monaten zwar zurückgehen, aber nicht in die Nähe der Tiefststände von 2022 sinken werden. Angesichts dieser Unsicherheit werden Immobilienaktien unter ihren mittelfristigen Durchschnittsbewertungen gehandelt.

Die Anlageklasse reagiert besonders sensibel auf hohe Zinssätze, die die Immobiliennachfrage und so die Bewertungen dämpfen können und die Kosten für Fremdfinanzierungen hochtreiben. Dennoch erscheinen die Fundamentaldaten der Immobilienunternehmen in guter Verfassung, sodass die Aktienkurse wohl überempfindlich auf die Zinsaussichten reagieren.

 

Zu diesem robusten Bild trägt auch bei, dass der Sektor so breit diversifiziert ist wie nie zuvor und entsprechend der Bedürfnisse seiner Mieter diverse Immobilienarten umfasst. Diese Diversifizierung macht Anlageinstrumente wie REITs im Falle von unerwarteten Schocks widerstandsfähiger.

Robuste Fundamentaldaten im US-Immobilienaktienmarkt

Eine Auswertung der Daten aus dem gesamten US-Immobilienaktienmarkt, dem größten weltweit, zeigt, dass die Auslastung generell gesund ist, während sich die Verschuldung in vernünftigen Grenzen hält. Die vorliegende Analyse konzentriert sich auf die Vereinigten Staaten, da dort die meisten Daten zur Verfügung stehen. Entsprechend ihrer Größe haben die USA auch den bei weitem größten Anteil in breit gefächerten Immobilieninvestmentvehikeln.

Ausgangspunkt jeder Analyse ist die Auslastung und die ist in fast allen Teilsektoren hoch: Industrie-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien florieren, wie aus den Daten zu den US-Aktien-REITs hervorgeht. Die Ausnahme bilden Büros, die nach dem anhaltenden Strukturwandel hin zu hybriden Arbeitsformen, der durch die Covid-19-Pandemie forciert wurde, weiter unter Leerständen leiden. 

Gesunde Auslastung in den USA

Überdies sind REITs heute weit konservativer finanziert als zur Zeit der Finanzkrise. Der niedrige Verschuldungsgrad im Verhältnis zum Gesamtvermögen lässt erwarten, dass sie weniger anfällig für Schocks sind – sei es durch unvorhergesehene Steigerungen der Finanzierungskosten oder einen plötzlichen Rückgang der Auslastung.

Schließlich decken die Cashflows der REITs (vor allem die Mieten) trotz der hohen Zinssätze die Zahlungen für ihre Bankkredite problemlos ab, wie die nachstehende Grafik zeigt. Dies ist natürlich ein Durchschnittswert – es kann Ausnahmen geben.

Viel zu niedrig bewertet?

Angesichts des gesunden Zustands der REITs erscheinen die Bewertungen des Sektors von der Realität abgekoppelt. Betrachtet man die globalen Märkte durch verschiedene Bewertungsbrillen, liegen sie unter ihren mittelfristigen Durchschnittswerten.

Die mögliche Überreaktion des Marktes zeigt sich an unterschiedlichen Kennzahlen, wie etwa das Verhältnis von Kurs zu Buchwert. Ein aktuelles Kurs-Buchwert-Verhältnis von etwa 1,3 für den FTSE EPRA Nareit Developed Index, der REITs auf allen globalen Märkten abdeckt, liegt deutlich unter den historischen Durchschnittswerten von 1,43 in den letzten zehn Jahren und 1,50 in den fünf Jahren vor der Pandemie.

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Betrachtet man eine weitere wichtige Bewertungskennzahl für den FTSE EPRA Nareit Developed Index, das Verhältnis von Kurs zu operativem Cashflow, so ergibt sich ein ähnliches Bild. Obwohl der durchschnittliche Cashflow aus dem operativen Geschäft in den vergangenen zehn Jahren mit 54 Prozent um mehr als die Hälfte gestiegen ist und weiter historische Höchststände erreicht, liegt das Verhältnis deutlich unter seinem historischen Durchschnitt für denselben Zeitraum.

Noch eine Möglichkeit, die REIT-Bewertungen zu betrachten, sind die durchschnittlichen Dividendenrenditen. Sie sind nach wie vor deutlich höher als der Zehn-Jahres-Durchschnitt, obwohl die Dividenden nicht gesunken sind. Auch hier zeigt sich, dass die Bewertungen offenbar nicht mit den Fundamentaldaten übereinstimmen.

 

Der Vorteil der Diversifizierung

Bei der Bewertung der Aussichten für globale Immobilieninvestments ist es auch wichtig, die zunehmende Diversifizierung des Sektors zu berücksichtigen. Der Immobiliensektor umfasst nach wie vor die traditionellen Teilsektoren: Einzelhandel, Wohnen, Büro und Gewerbe. Dazu kommen jedoch Telekommunikationstürme, Datenzentren, Einrichtungen des Gesundheitswesens, Selfstorage-Anlagen, Hotels, Spielhallen und mehr. Jeder Teilsektor ist unterschiedlich, was die Anfälligkeit des Sektors insgesamt gegenüber Einflüssen wie etwa Zinssprüngen verringert.

Die fünf Jahre von 2019 bis 2024 waren hier der ultimative Stresstest: Als Covid-19 im Jahr 2020 über den Globus hinwegfegte, fielen die Aktienkurse von Büro-REITs, da die Arbeitnehmer den Büros fernblieben. Andere Sektoren erwiesen sich jedoch als widerstandsfähiger. So vor allem Industrie-REITs, da Lagerhäuser und Vertriebszentren im Zuge des E-Commerce-Booms in der Pandemie florierten.

Quelle: Vaneck, basierend auf dem GPR 250 Index.

Blick zurück in die Zukunft

Ein Blick in die Vergangenheit gibt Aufschluss darüber, wie sich börsennotierte Immobilienaktien künftig entwickeln könnten. Wie die nachstehende Grafik zeigt, haben diese weitaus stärker auf die Krisen der letzten Jahre reagiert als Immobilien selbst. So wurden sie oft mit großen Abschlägen zum zugrunde liegenden Nettoinventarwert gehandelt. Die Abschläge sind jedoch zurückgegangen, wenn das Vertrauen zunahm. Es gab sogar kurze Zeiträume, in denen Aktien mit Aufschlägen gehandelt wurden, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sich dies nicht wiederholen kann.

Langfristig betrachtet haben sich Immobilienaktien besser entwickelt als die globalen Aktienmärkte. In den 24 Jahren seit 2000 hat ein breiter Durchschnitt globaler Immobilienaktien, dargestellt durch den GPR 250 Index, deutlich höhere Renditen erzielt als der MSCI World Index. Bemerkenswert ist, dass Immobilien in den Jahren vor der Weltwirtschaftskrise, in denen die Zinsen „normaler“ oder höher waren, besser abschnitten als in den 2010er Jahren, als die Zinsen niedrig ausfielen.

Quelle: Vaneck, börsennotierte Immobilien werden durch den GPR 250 Index repräsentiert.

Angesichts der robusten Fundamentaldaten des US-REIT-Universums und der attraktiven Bewertungen, zu denen REITs insgesamt gehandelt werden, scheint es wahrscheinlich, dass sie ihre langfristige Outperformance fortsetzen werden. Die Vielfalt des Immobiliensektors verringert zudem die Abwärtsrisiken.

Zuletzt gab es einen weiteren Grund für Optimismus: In vergangenen inflationären Zeiten sind die Mieten und die Zinssätze gemeinsam gestiegen. Doch nach dem Inflationsschub sind die Zinsen gesunken und die Mieten blieben hoch, was den Erträgen der Immobiliengesellschaften nachhaltig zugutekam.


Über den Autor:

Dmitrii Ponomarev ist Produktmanager (Product Manager) bei Vaneck.

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