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Renditen von US-Staatsanleihen Niedrig, aber nicht viel zu niedrig

Von in AnalysenLesedauer: 4 Minuten

Zum Jahresende habe ich mein liebstes Langzeitmaß für die Bewertungen des Anleihenmarktes noch einmal aktualisiert. Eines wird klar: Wenn Sie US-Staatsanleihen zu Zeiten gekauft und verkauft haben, als sie deutlich von der Zinsspanne abwichen, die die Fed erwartete, haben Sie gut abgeschnitten.

Mein Lieblingschart zeigt die zehnjährige Rendite von US-Staatsanleihen, berechnet jeweils auf zehn Jahre im Voraus. Wer mit Terminzinssätzen arbeitet, kann das kurzfristige Rauschen ausblenden. Beispielsweise müssen wir zwischen 2030 bis 2040 hoffentlich nicht mehr über die Stärke oder Schwäche der globalen Covid-Erholung sprechen. Dieses Maß basiert auf langfristigen Zinserwartungen, die auf Inflationstrends, potenziellem Wachstum, Mandatsverpflichtungen der Zentralbanken, Globalisierung, Staatsverschuldung und Demografie beruhen.

Grafik: Bondvigilantes.com, Quelle: Bloomberg, Federal Reserve, 16. Dezember 2020

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Im Moment liegt der Zehnjahres-Terminkurs in den USA bei 2,09 Prozent, verglichen mit der Rendite zehnjähriger Anleihen von 0,92 Prozent heute. Bedenken Sie, dass es sich hierbei um einen nominalen Zinssatz handelt und dass die Inflationsziele der Industrieländer im Allgemeinen bei 2 Prozent liegen. Das bedeutet, dass der Anleihenmarkt im Jahr 2030 reale (inflationsbereinigte) Renditen von nahezu null erwartet.

Die Punkte der Fed bleiben unten

Der andere Teil der Grafik ist der Medianwert der Punkte oder Dots der Federal Reserve und die Spanne der höchsten und niedrigsten Erwartungen der Mitglieder des Federal Open Market Comittee (FOMC), das innerhalb der US-Notenbank z.B. deren Käufe und Verkäufe von Staatsanleihen überwacht. Das FOMC veröffentlicht jedes Quartal den „Dot Plot“, der offiziell Policy Path Chart heißt. Dieser zeigt mit je einem Punkt (Dot) die Schätzungen jedes der 16 FOMC-Mitglieder für den kurzfristigen Zinssatz der Fed am Ende der nächsten drei Jahre und auf lange Sicht.

Mich interessiert der langfristige Zinssatz, weil dieser über das Rauschen und die kurzfristigen wirtschaftlichen Unsicherheiten hinwegschaut. Nach der FOMC-Sitzung Mitte Dezember 2020 hat die Fed ihren „Dot Plot“ unverändert gelassen. Es wird erwartet, dass die Zinsen für 2021 bei null bis 0,25 Prozent bleiben, obwohl es am Markt Einigkeit darüber gibt, dass das US-Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 mit 3,8 Prozent über dem Trend liegen wird, und auch trotz eines Anstiegs der Inflationserwartungen. Allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass die Fed im Jahr 2020 das Average Inflation Targeting eingeführt hat. Damit kann sie die Inflation über ihr altes Ziel von 2 Prozent steigen lassen, wenn es in der Vergangenheit niedriger lag.

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Der langfristige Punktmedian liegt ebenfalls unverändert bei 2,5 Prozent – das entspricht einer realen Rendite von etwa plus 0,5 Prozent. Der langfristige Realzins wird auch als R* („R-Stern“) bezeichnet. Die New Yorker Fed veröffentlicht eine Schätzung von R*, die auf dem Laubach-Williams-Modell basiert. Sein Wert berechnet sich aus dem Bruttoinlandsprodukt, der Inflation und der Fed Funds Rate. Zu Beginn des Jahres wurde R* in diesem Modell auf über 1 Prozent geschätzt; nach Covid liegt es nun unter 0,5 Prozent, was mit einem langfristigen „Dot“ von 2,5 Prozent im Median übereinstimmt.

Wir sehen also ein dramatisches Ungleichgewicht zwischen Trendwachstum und R*. 

Alte Marktmodelle funktionieren nicht mehr

Früher haben sich Anleihemanager mit Modellen wie der Markteffizienzhypothese beschäftigt. Man ging davon aus, dass die nominalen Anleiherenditen ungefähr dem nominalen BIP-Wachstum entsprechen sollten. Es sollte ex ante keinen anderen erwarteten Ertrag geben, wenn man 100 US-Dollar in eine US-Staatsanleihe investiert, als wenn man dieselbe Summe in die US-Wirtschaft steckt (Vorbehalte bezüglich der Volatilität ausgenommen). Wer allerdings in den zurückliegenden 20 Jahren nach diesem Modell mit Anleihen gehandelt hätte, der hätte über diesen Zeitraum die Rally am Anleihemarkt verpasst.

Ab März 2020 fiel die Zehnjahres-Terminrendite von US-Treasuries selbst unter den pessimistischsten langfristigen Dot. Sollte die Covid-Pandemie die Zinssätze zwischen den Jahren 2030 und 2040 denn immer noch belasten? Möglich wäre das, aber unwahrscheinlich. Seit März haben sich die zehnjährigen Renditen von 0,5 auf 0,92 Prozent fast verdoppelt. Die Bandbreite der Fed-Erwartungen liegt jedoch immer noch am unteren Ende der Spanne – damit bleiben Anleihen wohl teuer.  

Die Marktprognose für die Rendite zehnjähriger Anleihen am Ende des nächsten Jahres liegt bei 1,3 und für 2022 bei 1,5 Prozent, mit einer etwa parallelen Verschiebung nach oben bei längeren Laufzeiten. Aber die Anleihemärkte haben seit Jahrzehnten jedes Jahr höhere Anleiherenditen prognostiziert – und lagen fast jedes Mal falsch.

Ich kann mir vorstellen, dass die Renditen von US-Staatsanleihen weiter steigen werden, aber ihre Hochwassermarke könnte am Ende viel niedriger sein, als pessimistisch denkende Anleihespezialisten vorhersagen. Wenn man erklären will, warum ein 40-jähriger Bullenmarkt für US-Staatsanleihen eine so scharfe Kehrtwende sehen sollte, muss man schon sehr gute Gründe haben.


Über den Autor:
Jim Leaviss ist Leiter des Anleiheinvestment-Teams beim britischen Fondshaus M&G Investments.

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