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Wann kommt die Inflation? Renommierte Ökonomen warnen vor US-Konjunkturpaket

Larry Summers, ehemaliger US-Finanzminister (mit Barack Obama im Oval Office, 2010)
Larry Summers, ehemaliger US-Finanzminister (mit Barack Obama im Oval Office, 2010): „Das 1,9 Billionen schwere US-Konjunkturpaket könnte einen seit Generationen nicht mehr erlebten Inflationsdruck auslösen, mit Folgen für den Wert des US-Dollars und die allgemeine Finanzstabilität.“ | Foto: IMAGO / ZUMA Wire
Sonal Desai, Franklin Templeton

Die Inflationssorgen sind im Mainstream angekommen: Die Meinung vieler Experten stimmt dahingehend überein, dass die Inflation höchstwahrscheinlich auf ein höheres Niveau steigen wird, wenn die Wirtschaft wieder voll im Gang ist. Bisher machten sich viele Marktteilnehmer keine Sorgen um eine Inflation, weswegen sie auch nicht auf Veränderungen der Preissteigerungsraten reagierten. Viele Ökonomen argumentierten, dass die Inflation aus strukturellen Gründen tot sei und man nur noch die Deflation fürchten müsse. Die Inflation steige nie wieder auf ein unangenehm hohes Niveau, egal was die politischen Entscheidungsträger tun, lautet ihr Mantra.

Ob das stimmt, werden wir werden schon bald herausfinden. Denn genau diese Überzeugung hat nun den Weg für ein US-Fiskalpaket geebnet, das so umfangreich ist, dass selbst einige langjährige Befürworter umfangreicher fiskalischer Anreize ins Grübeln kommen.

Kann ein fiskalischer Stimulus zu groß sein?

Larry Summers, Harvard-Professor, Wirtschaftsberater demokratischer Präsidenten und ehemaliger US-Finanzminister, warnte in einer „Washington Post“-Kolumne eindringlich davor, dass das von US-Präsident Joe Biden auf den Weg gebrachte Rettungspaket im Umfang von 1,9 Billionen US-Dollar zu groß sei. Es könnte „einen Inflationsdruck auslösen, wie wir ihn seit einer Generation nicht mehr gesehen haben, mit Folgen für den Wert des US-Dollars und der Finanzstabilität“. Der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, teilt die Bedenken von Larry Summers.

Es ist zu beachten, dass es sich hierbei nicht um eine Debatte zwischen fiskalischen Konservativen und keynesianischen Enthusiasten handelt. All diese Ökonomen sind Befürworter großer Staatsausgaben. Doch selbst unter ihnen fragen sich derzeit einige, ob die jüngsten Maßnahmen nicht zu weit gehen. Die US-Regierung gibt der Wirtschaft einen finanzpolitischen Impuls von fast 3 Billionen US-Dollar, wenn man das Paket vom Herbst 2020 in Höhe von 0,9 Billionen und das jetzt geplante von 1,9 Billionen zusammenrechnet. Das ist ungefähr das Dreifache dessen, was nötig wäre, um die Unterauslastung der US-Wirtschaft zu beheben.

Selbst Nobelpreisträger Paul Krugman, der normalerweise als Kontrahent von Summers gilt, stimmt zu, dass die Stimulus-Maßnahmen viel zu groß sind. Im gleichen Atemzug behauptet Krugman jedoch, dass die Sorgen vor Überhitzung und Inflation unbegründet seien. Doch sind sie das wirklich?

Der wirtschaftliche Aufschwung beschleunigt sich bereits

Um die möglichen Auswirkungen des fiskalischen Stimulus zu beurteilen, müssen wir die Dynamik der Wirtschaft beobachten. Es gilt also nicht nur darauf achten, wie weit wir vom vollen wirtschaftlichen Potenzial entfernt sind, sondern auch in welche Richtung wir uns bewegen und wie schnell der Prozess läuft. Das Ergebnis: Alle relevanten Marktindikatoren deuten darauf hin, dass sich die Wirtschaft in einem robusten Tempo erholt – und viel schneller als nach der Finanzkrise 2008.

So ist der US-Arbeitsmarkt nach dem Tiefpunkt im vergangenen Frühjahr wieder in Schwung gekommen: Löhne und Gehälter haben einen V-förmigen Aufschwung erlebt. Zudem erfreuen sich viele Verbraucher dank staatlicher Unterstützung einer robusten finanziellen Konstitution. Auch das Verhältnis von Schulden zu verfügbarem Einkommen liegt wieder auf dem Niveau von 2000. Das trägt dazu bei, dass die Umsätze im Einzelhandel gegenüber dem Vorkrisenniveau bereits um mehr als zehn Prozent gestiegen sind – mit einer deutlichen Verschiebung von Dienstleistungen hin zu Waren. Denn viele Haushalte haben einen großen Nachholbedarf und verfügen über das Einkommen und die Ersparnisse, um diesen zu befriedigen. Auch die gesundheitliche Lage in den USA scheint sich zu entspannen, was ebenfalls unterstützend wirken dürfte. Derzeit sind etwa 60 Millionen US-Bürger geimpft, was etwa 13 Prozent der Bevölkerung entspricht.

Während sich die US-Bevölkerung darauf vorbereitet, dass die Corona-Beschränkungen bald aufgehoben werden, treiben Angebotsengpässe und eine globale Erholung die Rohstoffpreise in die Höhe. Die Preissteigerungen reichen von Öl über Kupfer bis hin zu Stahl, aber auch Halbleiter oder Wellpappkartons sind betroffen.

Skeptiker der Inflations-Theorie entgegnen, dass nichts davon zu einer nachhaltigen Preissteigerung führen wird, solange die Löhne nicht anziehen. Auch die Fed hat mehr als deutlich gemacht, dass sie sich zunächst zurücklehnen und zuschauen will, falls die Inflation anzieht. Sie hat sich dazu entschieden, die Erhöhung des Preisniveaus für einige Zeit über dem Wert von 2 Prozent laufen zu lassen, um frühere Unterschreitungen auszugleichen. Angesichts des beschleunigten Wirtschaftswachstums, der massiven fiskalischen Stimulierung und der Geldmengenausweitung könnte die Inflation die kritische 2-Prozent-Marke unter den zustimmenden Augen der Fed allerdings leicht überschreiten.