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Renten-Star Raphael Kassin: Venezuela ist besser als Brasilien

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DAS INVESTMENT.com: Eine Freiheit wurde Ihnen genommen. Bei Credit Suisse durften Sie auch Anleihen in Länderwährungen kaufen. Jetzt beschränken Sie sich auf Dollar und Euro.

Kassin: Wir dürfen maximal 10 Prozent des Fondsvermögens in lokale Währungen anlegen. In der Tat beschränken wir uns hier auf das, was wir wirklich können. Dollar- und Euro-Anleihen managen.

DAS INVESTMENT.com: Welche Freiheiten bei Reyl Asset Management meinen Sie stattdessen?

Kassin: Als Fondsmanager muss ich die Freiheit haben, unter Umständen das gesamte Fondsvermögen in Cash umzuschichten. Stellen Sie sich vor, Freitag Abend sind alle Kollegen schon im Wochenende, und in Nordkorea gibt es einen Zwischenfall. Ein traditioneller Fondsmanager darf dann nicht so einfach aussteigen. Es ist aber mein Job, das zu tun.

DAS INVESTMENT.com: Freitag Abend dürfte das schwierig werden.

Kassin: Das kriegen wir schon irgendwo irgendwie verkauft. Die Finanzwelt ist global.

DAS INVESTMENT.com: Im Jahr 2008 hatten selbst Sie kräftige Performance-Probleme. Lag es am Freiheitsmangel?

Kassin: Eher an falschen Annahmen. Wenn ich eins in der Krise gelernt habe, dann dass ein globales Ereignis wie die Pleite von Lehman Brothers alle Anlageklassen gleichzeitig runterzieht. Die Leute sprechen zwar über Risikostreuung, machen Wahrscheinlichkeitsrechnungen und halten sich für intelligent. In Wirklichkeit haben sie aber keine Ahnung. Es kann problemlos passieren, dass wir fünf schwarze Schwäne in einer Woche kriegen.

DAS INVESTMENT.com: Ihre Konsequenzen?

Kassin: Ich konzentriere das Portfolio nicht mehr ganz so stark wie früher und versuche unter allen Umständen zu vermeiden, dass einer der Schuldner ausfällt. Ich bin generell vorsichtiger geworden und kritischer gegenüber Regierungen und Investmentbanken. In dieser Welt gibt es keine Nächstenliebe.

DAS INVESTMENT.com: Das ist nicht neu.

Kassin: Stimmt, aber in der Krise wurde mir besonders klar, wer Freund ist und wer nicht.

DAS INVESTMENT.com: Wer ist Ihr Feind?

Kassin: Sagen wir mal so, vor der Krise war der Anleihenhandel mit Investmentbanken einfach. Sie stellten vernünftige An- und Verkaufskurse und gut. Als aber in der Krise der Markt illiquide wurde, war das alles nicht mehr möglich. Da merkte ich besonders deutlich, dass Banken nur für sich selbst arbeiten und für niemand anders.

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