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Rentenmärkte 2013: Sicherheit versus Rendite, Anleger vor dem Kompromiss?

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Dieses Problem wird vor allem Rentenanleger in Deutschland wohl auch zukünftig begleiten. Denn selbst wenn die Nominalrenditen anziehen sollten, ergäbe sich nur dann eine positive Realrendite, wenn die Inflationsrate nicht mitstiege. Regelbasierte Modelle deuten aber darauf hin, dass die Geldpolitik für Deutschland derzeit viel zu expansiv ist. So liegt der für Deutschland theoretisch angemessene Leitzins derzeit etwa bei 3 Prozent. Tatsächlich hat die EZB diesen aber bei 0,75 Prozent festgelegt, da sie sich am Durchschnitt der Eurozone orientieren muss.

Daher können wir die Sorge vor zukünftig etwas höheren Preissteigerungen als in der Vergangenheit gut nachvollziehen und allokieren einen angemessenen Anteil unserer Rentenportfolios in inflationsgebundenen Anleihen. Wir halten dies außerdem für sinnvoll, da es uns fraglich erscheint, ob die EZB die von ihr bereitgestellte Liquidität rechtzeitig wieder zurückführen wird. Denn eine zu frühe Rücknahme der expansiven Geldpolitik dürfte zu erneuten Turbulenzen im Bankensektor führen. In dieser Konstellation läuft die EZB aber Gefahr, zukünftig in einen Zielkonflikt zwischen Finanz- und Preisniveaustabilität zu geraten.

Infolge der niedrigen Renditen in den „sicheren Häfen“ stellt sich natürlich auch die Frage nach ertragreicheren Anlagealternativen. Mehr Rendite heißt aber immer auch mehr Risiko – sei es über eine längere Laufzeit oder eine geringere Bonität. Unseren Bedenken bei langlaufenden Anleihen haben wir bereits Ausdruck verliehen. Was also ist von Papieren von Emittenten mit geringerer Bonität zu halten? Hier ist im Einzelfall abzuwägen, ob die Höhe der festgestellten Risikoprämie die fundamentale Lage des Schuldners widerspiegelt oder ob Marktübertreibungen Anlagechancen eröffnen.

Gemessen an den für die Tragfähigkeit von Staatsverschuldung ausschlaggebenden Größen, waren zum Beispiel italienische Staatsanleihen in den vergangenen Monaten unseres Erachtens zeitweise unterbewertet. Zukünftig könnten sich ähnliche Anlagechancen im Markt für europäische Bankobligationen eröffnen. Derzeit arbeitet die EU-Kommission an Gesetzgebungsvorschlägen zur Restrukturierung und Abwicklung von Bankinstituten.

Wenn diese Pläne umgesetzt werden sollten, müssten zukünftig unter Umständen auch bevorrechtigte Bankgläubiger Verluste schultern. Dies wäre ein Novum, denn bei der Sanierung des irischen Bankensektors sind bevorrechtigte Bankgläubiger noch ungeschoren davongekommen. Fiele dieser Umstand zukünftig weg, so würden sich die Refinanzierungskosten für den Bankensektor insgesamt erhöhen, sodass sich daraus im Einzelfall durchaus interessante Anlagemöglichkeiten ergeben könnten.

Die Schuldnerselektion wird also auch und gerade in diesem Marktsegment immer wichtiger für den Anlageerfolg. Unternehmensanleihen profitierten in den vergangenen Monaten insgesamt deutlich von Mittelzuflüssen. So fielen die Renditen von Industrieanleihen mit einem BBB-Rating fast auf ihre historischen Tiefstände. Volkswirtschaftlich ist diese Entwicklung zu begrüßen, da sich damit in einer schwierigen Phase für die Konjunktur die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen verbessern.

Für den Anleger bedeutet dies allerdings, dass er für unternehmerische Bonitätsrisiken eine mittlerweile deutlich reduzierte Risikoprämie erhält. Eine Höhergewichtung des Unternehmenssektors in unseren Anleihenportfolios scheint uns deshalb derzeit nicht angebracht. Aus Diversifikationsgründen sollten Unternehmensanleihen jedoch, genau wie Pfandbriefe und Schwellenländeranleihen, weiterhin Bestandteil eines jeden Anleihenportfolios sein.

Festzuhalten bleibt, dass die Renditejagd im Niedrigzinsumfeld Anleger nicht dazu verleiten sollte, zu große Kompromisse bei Bonität und Laufzeit einzugehen. Die Kosten hierfür könnten erheblich sein. In der Einzelfallbetrachtung werden sich zwar in verschiedenen Anlagekategorien immer wieder günstige Gelegenheiten ergeben. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Verhältnis von Risiko zu Ertrag am Anleihenmarkt deutlich zum Nachteil des Anlegers verschoben hat.

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