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Repräsentant veruntreut Kundengelder Haftet hier der Finanzdienstleister?

Rechtsanwalt Jens Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.
Rechtsanwalt Jens Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. | Foto: Robert Schlossnickel

Der Fall

Ein Vermittler betrieb eine Repräsentanz des Unternehmens und bot in diesem Zusammenhang seinen Kunden sogenannte Festzinszertifikate mit 12 Prozent Zinsen jährlich an. Vertragspartner der Kunden sollte dabei laut Zeichnungsschein nicht das beklagte Unternehmen, sondern ein Dritter sein. Das Festzinszertifikat sollte also am Unternehmen vorbei vermittelt werden.

Eine Vermittlung dieser Zertifikate erfolgte an insgesamt 68 Personen, unter anderem auch an die späteren Kläger. Nachdem die Anleger die Zertifikate gezeichnet hatten, zahlten sie den Anlagebetrag an den Vermittler. Dieser leitete die Gelder nicht an das beklagte Unternehmen weiter. Nach erfolgter Selbstanzeige und anschließendem Insolvenzverfahren des Vermittlers, stellte sich die Frage, ob auch das Unternehmen für die Veruntreuung von Kundengeldern durch den Vermittler haftet.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht Köln befand zunächst, dass kein bindender Vertrag zwischen dem Anleger und dem Unternehmen zustande gekommen ist. Dies war bereits mangels Vollmacht des Vermittlers nicht möglich. Unstreitig bestand eine Bevollmächtigung des Vermittlers seitens des Unternehmens nicht. Dies hatte der Vermittler gegenüber den Anlegern auch bereits in der Vergangenheit offengelegt. Die Anleger konnten sich daher auch nicht auf eine Anscheinsvollmacht berufen.

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Alsdann hatte das OLG Köln darüber zu befinden, ob das beklagte Unternehmen den Anlegern auf Schadensersatz haftet. Problematisch war dabei, inwieweit sich das Unternehmen das strafbare Verhalten seines Handelsvertreters gegebenenfalls nach Paragraf 278 BGB zurechnen lassen muss. Für eine Zurechnung nach § 278 BGB muss ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der schuldhaften Handlung (hier: Veruntreuung von Kundengeldern) und der Aufgabe des Vermittlers (hier: Vermittlungstätigkeit) bestehen.

Dies sah das OLG Köln in diesem konkreten Fall als nicht gegeben und verneinte daher eine Zurechnung. Nach Ansicht des Gerichts sprachen sowohl der Umstand, dass das Zertifikat gerade am Unternehmen vorbei platziert werden sollte, als auch der überaus hohe Zinssatz, den der Vermittler versprochen hatte, gegen einen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang.

Fazit

Aus Sicht des Unternehmens ist bedenklich, dass eine Zurechnung des strafbaren Verhaltens eines Vermittlers überhaupt möglich ist und vom OLG Köln in Erwägung gezogen wurde. Unternehmen sind daher gut beraten, die Tätigkeiten ihrer Vermittler im Auge zu behalten und bei Bedarf einzuschreiten.

Der Autor:
Fachanwalt Jens Reichow ist Partner bei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Die Hamburger Kanzlei hat sich auf Versicherungs- und Vertriebsrecht spezialisiert.

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