Interview mit ESG-Spezialist „Wir fordern von der Politik Reformen ein“
DAS INVESTMENT: Herr Salazar, geben Sie uns doch bitte einen genaueren Einblick, wie Nachhaltigkeitskriterien und ESG-Faktoren in den Investment-Ansatz von Pictet AM integriert werden. Wie sieht der Ansatz aus?
Juan Salazar: Im Rahmen des verantwortungsvollen Investierens verpflichten wir uns dazu, ESG-Kriterien in jeden einzelnen unserer Investment-Prozesse einfließen zu lassen. Inwieweit die jeweilige Umsetzung erfolgt, hängt natürlich immer von der Strategie, dem Team und weiteren Faktoren ab. So hat jedes unserer Investment-Teams eine gewisse Autonomie bei den Entscheidungsprozessen.
Welche Highlights enthält der Responsible-Investment-Bericht von Pictet AM?
Salazar: Hier würde ich unseren besonderen Fokus auf Fallbeispiele anführen. Wir haben in den Bericht zwölf detailliert dargestellte Beispiele für unsere Arbeit aufgenommen: Unter welchen Gesichtspunkten investieren wir? Mit welchen Ergebnissen und welchem Erfolg? Gerade Letzteres ist für unsere Arbeit besonders wichtig. Wir wollen echte Ergebnisse unserer Bemühungen sehen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Bewahrung der Biodiversität. Hier haben wir eine steile Lernkurve und wir wollen zeigen, wie wir auch in diesem Bereich vorankommen, ein Thema, das zunehmend immer wichtiger wird.
Engagement & Stewardship: Könnten Sie Ihre Arbeit am Beispiel veranschaulichen?
Salazar: Pictet AM hält eine sehr umfangreiche Beteiligung an Nestlé. Wir haben sehr viel Geld im weltgrößten Nahrungsmittelkonzern und größten Industriebetrieb der Schweiz investiert. Wir waren stets der Auffassung, dass Nestlé danach strebt, gesunde Produkte anzubieten. Doch mehr geht immer. Daher haben wir uns einer kollaborativen Initiative angeschlossen, um den Konzern dazu zu bewegen, zunächst die Transparenz und Berichterstattung zu verbessern und zweitens alles dafür zu tun, um gute Produkte noch weiter zu verbessern. Wir haben uns in diesem Zusammenhang mit dem Konzern ausgetauscht, um letztlich auch den Shareholder-Value zu verbessern – mit guter Resonanz.
Was genau hat sich verbessert?
Salazar: Nestlé hat als erster Nahrungsmittelkonzern zugestimmt, sehr detailliert aus 14 Ländern über anstehende Fortschritte zu berichten. Darüber hinaus sollen die globalen Marketingmaßnahmen für nachweislich weniger gesunde Produkte für Kinder unter 6 Jahren zurückgefahren werden. Gleichzeitig soll der Umsatz mit gesünderen Produkten erhöht werden. Nestlé wird im weiteren Verlauf des Jahres die Neuerungen offiziell bekanntgeben.
Wie hält es Pictet AM mit kollaborativen Engagement-Initiativen?
Salazar: Der einfachste Weg ist, sich einer Institution anzuschließen, die den Einfluss der Asset Manager bündelt, die organisatorischen Abläufe koordiniert, alles dokumentiert und zudem die Reporting-Aufgaben übernimmt. Aber man kann sich auch mit einzelnen Kapitalgesellschaften zusammenschließen, um besseren Zugang zur Geschäftsführung zu erhalten und gemeinsam und mit Nachdruck die Themen vorzubringen.
Welche Pläne gibt es für 2024?
Salazar: Wir wollen über unsere Engagement-Strategien noch ausführlicher berichten. Welche Anliegen haben wir gegenüber den Unternehmen? Welche Fortschritte werden gemacht? Wie sieht unser Engagement-Plan auf Sicht von einem Jahr oder drei Jahren aus? Viele Strategien reichen natürlich über drei Jahre hinaus, etwa unser Climate Action Plan.
Kurz gesagt, wir wollen unseren Engagement-Ansatz im Hinblick auf Regierungspolitik und Makro-Stewardship prüfen. Wir brauchen den großen Wurf, auch staatlicherseits, um als Gesellschaft als Ganzes die Dinge zu erreichen, die wir erreichen wollen. Wir wollen politische Entscheidungsträger dazu bringen, die Reformen in die Wege zu leiten, die notwendig sind. Und zugleich brauchen die Unternehmen ein tragfähiges Rahmenwerk, um effizient, nachhaltig und erfolgreich wirtschaften zu können.
Hier geht es zum Responsible-Investment-Report von Pictet Asset Management.