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in GeldpolitikLesedauer: 6 Minuten

Rezession ja oder nein? Die Notenbanken geben wieder Vollgas

Die konjunkturelle Entwicklung der Welt und die Aktienmärkte klaffen weiter auseinander. Die Marktteilnehmer gehen weiterhin davon aus, dass der Handelsstreit bald gelöst sein wird und dadurch und mit Hilfe der expansiven Notenbanken Rezessionen vermieden werden können. Ob jedoch die erste Stufe des angeblich vereinbarten Handelsvertrags zwischen China und den USA bald unterzeichnet wird, bleibt abzuwarten. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass man den Meldungen aus den USA und ihres Präsidenten über den positiven Verlauf der Verhandlungen nicht trauen kann. Solange kein endgültiger Vertrag unterzeichnet ist, sind die Wirtschaftsteilnehmer also weiterhin großen Unsicherheiten ausgesetzt, die aktuell wieder aus den Aktienkursen ausgepreist sind. Die Bewertung des S&P-500-Index anhand des Kurs-Gewinnverhältnisses hat neue Hochs erreicht, da die bis dato berichteten Gewinne der Unternehmen im 3. Quartal 2019 um 3 Prozent gefallen sind, während die Märkte weiter zulegten. Getrübt wird dieses Bild zusätzlich von anhaltenden Abflüssen aus Aktienfonds. Ein gutes Umfeld, um langfristig Aktien zu kaufen, stellt diese Situation nicht dar. Da die Vergangenheit gezeigt hat, dass die Notenbanken eine aufkommende Rezession nicht stoppen können und auch seitens der Politik noch wenig Elan besteht, Konjunkturpakete zu verabschieden – auch weil die Verschuldungsniveaus vielerorts höher sind denn je – empfehlen wir weiterhin eine defensive Anlageausrichtung insgesamt und innerhalb der Aktienquote.

Anleihenmärkte korrigieren – Notenbanken unterstützen

Bei den Rentenmärkten hält die Anfang September begonnene Korrektur der Abwärtstrends der Renditen weiter an. Bei den US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Restlaufzeit wurde ein Verlaufstief von ca. 1,50 Prozent markiert. Damit wurden seinerzeit die nun folgenden Zinssenkungen der Fed vorweggenommen. Ende Oktober senkte sie den Leitzins das dritte Mal in vier Monaten um 0,25Prozent-punkte. Sie signalisierte, die Zinsen nicht anzuheben, bis die Inflation deutlich anzieht. Zusätzlich verleiht sie mittlerweile 120 Milliarden US-Dollar in sogenannten Übernacht-Repo-Geschäften an Banken. Bisher können nur Vermutungen angestellt werden, warum sie das tun muss und der Interbankenkreditmarkt an dieser Stelle nicht mehr ordnungsgemäß von alleine zu funktionieren scheint. Ein gutes Omen für die Märkte ist dies jedoch keinesfalls, denn das letzte Mal als die Fed diese Hilfen zur Verfügung stellen musste, folgte kurz darauf die epochale globale Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007 bis 2009. In der Eurozone wird die EZB ab November wieder damit beginnen, Anleihen vom Sekundärmarkt zu kaufen. Zunächst mit 20 Milliarden Euro pro Monat.

Rohstoffe – Gold konsolidiert weiterhin; Trendwende scheint greifbar

Die Korrektur auf hohem Niveau des Goldpreises setzte sich im Oktober in einem engen Seitwärtsband weiter fort. Wenn der Preis in US-Dollar gerechnet sich über der Marke von 1.520 US-Dollar pro Feinunze halten kann, sind neue Hochs greifbar. Die Marke von 1.460 US-Dollar pro Feinunze sollte unserer Einschätzung nach vorerst nicht mehr unterschritten werden. Das Umfeld für steigende Goldpreise verbessert sich durch die expansiven Notenbanken weiter. Sollten die Inflationsraten irgendwann wieder anziehen und die Zinsen nicht direkt angehoben werden, stellen Sachwerte wie Gold die erste Wahl dar. Daher empfehlen wir weiterhin Investments in Edelmetallen und Minenaktien beizumischen.

Euro startet Gegenbewegung zum US-Dollar

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Nachdem der Euro Ende September ein Zweijahrestief zum US-Dollar erreicht hat, startete anschließend eine Gegenbewegung, die bis 1,1179 lief. Diese Marke dürfte damit auch die obere Grenze des Währungspaars darstellen. Eine nachhaltige Trendwende sehen wir hier weiterhin nicht, denn am US-Dollar führt derzeit kein Weg vorbei. Die Zinsdifferenz zu Anleihen anderer entwickelter Länder zieht Gelder an, die einen starken US-Dollar unterstützen. Außerdem erwirtschaften US-Unternehmen noch deutlich höhere Gewinne und das Wirtschaftswachstum ist trotz Abwärtstrend weiterhin höher als in den meisten anderen westlichen Ländern.

Der Wirtschaftszyklus neigt sich seinem Ende entgegen

Der globale Wirtschaftszyklus nähert sich offenbar so langsam dem Ende der Expansionsphase. Die Wachstumsraten lassen nach, die Unternehmensgewinne steigen insgesamt nicht mehr und gehen teilweise schon zurück und viele Märkte scheinen gesättigt (Grafik 1). In dieser ist in blau ein Konjunkturklimaindikator für die Eurozone dargestellt, der kürzlich ein Sechsjahrestief erreicht hat. In derselben Grafik ist auch die Inflation für Deutschland dargestellt, anhand der jährlichen Veränderung des harmonisierten Verbraucherpreisindexes. Dieser erreichte vor einem Jahr mit 2,6 Prozentsein vorläufiges Hoch und ist seitdem auf aktuell 0,9 Prozent zurückgegangen. Diese beiden Verläufe sind an der rechten Achse ablesbar. Auf der linken Achse ist die jährliche Wachstumsrate der Geldmenge der Eurozone abgetragen. Sie steigt derzeit mit knapp 6 Prozent und liegt damit über dem mittelfristigen Zielwert der EZB von 4,5 Prozent. Normalerweise ist das Wachstum der Geldmenge verbunden mit der Inflationsrate und auch der Konjunktur. Auf Steigerungen der Geldmenge folgen mit einer gewissen Zeitverzögerung auch steigendes Wirtschaftswachstum und Inflation. Diese historische Verbindung scheint im aktuellen Umfeld so nicht mehr zu bestehen, was zuletzt während der Eurokrise der Jahre 2010 bis 2012 der Fall war. Die Geldpolitik hat also ggf. den Einfluss auf Inflation und Wirtschaft ein stückweit verloren.

Grafik 1: Wirtschaftsindikatoren in der Eurozone

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