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in Aus Tradition die Zukunft im BlickLesedauer: 6 Minuten
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Marktausblick 2023 „Mauer der Angst“ droht zum Jahreswechsel

Stand bei der „Global Digital Trade Expo“ in Hangzhou, Ostchina
Stand bei der „Global Digital Trade Expo“ in Hangzhou, Ostchina: Das Reich der Mitte gehört zu den wenigen Regionen, in denen die Wirtschaft 2023 stärker wachsen wird als 2022. | Foto: Imago Images / Xinhua
Gergely Majoros, Carmignac

In den USA ist der Arbeitsmarkt nach wie vor stark überhitzt. Auf jeden arbeitslosen Amerikaner kommen fast zwei offene Stellen. Das fördert das Lohnwachstum, heizt aber auch die Inflation im Land an. Die Wirtschaftsleistung könnte in den USA im nächsten Jahr deshalb stärker als erwartet zurückgehen, da das Hauptaugenmerk der Federal Reserve (Fed) auf der Inflationsbekämpfung liegt.

Wir bei Carmignac gehen davon aus, dass die US-Wirtschaft noch in diesem Jahr in eine Rezession abgleiten wird, wobei der Konjunkturrückgang wesentlich stärker und länger ausfallen wird als vom Großteil der Marktteilnehmer angenommen.

Moderate Rezession in Europa erwartet

In Europa werden sich die hohen Energiekosten aller Voraussicht nach auf die Margen der Unternehmen und die Kaufkraft der privaten Haushalte auswirken und dadurch in diesem und im nächsten Quartal eine Rezession auslösen. Diese Rezession wird vermutlich moderat ausfallen, da die gut gefüllten Gasspeicher Energieengpässe verhindern dürften. Allerdings dürfte der wirtschaftliche Aufschwung ab dem zweiten Quartal nur schwach ausfallen, da die Unternehmen aufgrund der anhaltenden Unsicherheit hinsichtlich der Energieversorgung und der Finanzierungskosten bei Einstellungen und Investitionen zurückhaltend bleiben werden.

Der schwache Aufschwung und die Inflation der Energiepreise bescheren der Europäischen Zentralbank (EZB) ein quasi-stagflationäres Umfeld. Neuerlicher fiskalischer Aktivismus könnte zudem den Druck auf die EZB verstärken und eine schwierige Debatte über fiskalische Dominanz auslösen.

China dreht an diplomatischen und geldpolitischen Stellschrauben

In China hängt die Konjunktur derzeit ausschließlich vom öffentlichen Sektor ab, der das Wachstum mittels Ausgaben für Infrastrukturprojekte unterstützt, während der private Sektor mitten in einer Rezession steckt.

Die Aufgabe der Null-Covid-Politik könnte eine Ausstiegswelle auslösen, mit der das Gesundheitssystem des Landes überfordert ist. Daher sahen sich die Behörden gezwungen, das BIP-Wachstum zu fördern, indem sie sowohl an den geldpolitischen als auch an den diplomatischen Stellschrauben drehen. Die Folge sind eine Lockerung der Liquiditätsbedingungen und ein Entspannungskurs gegenüber den USA.

Anleihen dienen wieder zur Absicherung

Während einer Rezession ist typischerweise ein eher defensiv ausgerichtetes Portfolio gefragt. Bei festverzinslichen Anlagen werden dabei langfristige Anleihen von Emittenten mit gutem Rating bevorzugt. Bei Aktien sind es diejenigen Unternehmen und Sektoren, die sich durch die größte Widerstandsfähigkeit auszeichnen und an den Devisenmärkten jene Währungen, die tendenziell als sicherer Hafen gelten.

 

Auch wenn das Umfeld vielleicht düster erscheinen mag, bedeutet dies nicht, dass es keine Anlagemöglichkeiten gibt. Nachdem 2022 durch eine schnelle und koordinierte geldpolitische Straffung der Zentralbanken auf der ganzen Welt geprägt war, werden dieselben Notenbanker 2023 eine eher abwartende Haltung einnehmen, um die Auswirkungen des raschen Zinsanstiegs zu bewerten und dem Risiko einer harten Landung Rechnung zu tragen. Diese Neuorientierung und die Rückkehr der realen Anleiherenditen lassen darauf schließen, dass die Fixed-Income-Märkte wieder zur defensiven Absicherung der Portfolios nützen. Der disinflationäre Trend dürfte sich in der ersten Jahreshälfte zudem günstig auf Wachstumsaktien auswirken.

Anleger sollten vorsichtig sein

An den Aktienmärkten stehen die rückläufigen Bewertungen zwar weitgehend im Einklang mit einem rezessiven Umfeld. Doch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen – vor allem bei den Gewinnen. In den USA und Europa sind die Gewinnerwartungen nach wie vor hoch, was in China und – angesichts der Abwertung des Yen auch in Japan – nicht der Fall ist.

Aus unserer Sicht ist das Szenario einer schweren Rezession in den Aktienkursen im Gegensatz zum Anleihemarkt nicht eingepreist, sodass Anleger vorsichtig sein sollten. Japanische Aktien könnten zum einen von der wiedergewonnenen Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Wirtschaft profitieren, die durch die Abwertung des Yen gegenüber dem Dollar begünstigt wird, zum anderen aber auch von der Binnennachfrage. China gehört zu den wenigen Regionen, in denen die Wirtschaft 2023 stärker wachsen wird als 2022.

Längere Laufzeiten bei Anleihen

An den Anleihemärkten bieten sich auch bei Unternehmenspapieren interessante Chancen, denn, was das Risiko angeht, so ist der erwartete Anstieg der Ausfallraten bereits weitgehend in den aktuellen Kursen berücksichtigt. Und was den Ertrag betrifft, so bewegen sich die eingebetteten Renditen auf einem Niveau, das den langfristigen Aussichten für Aktien entspricht. Bei Staatsanleihen ist ein schwächeres Wirtschaftswachstum mit niedrigeren Renditen verbunden. Angesichts des inflationären Umfelds könnte die Straffung der Geldpolitik zwar verlangsamt oder sogar gestoppt werden, ein baldiger Kurswechsel ist jedoch unwahrscheinlich.

In einem solchen Umfeld präferieren wir längere Laufzeiten (5 bis 10 Jahre). Wenn die Renditen am Anleihemarkt steigen, können es sich Anleger leisten, abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Der Faktor Zeit spielt den Anlegern in die Hände.

Diversifikationsvorteile dank Desynchronisierung

Zur Jahreswende droht eine „Mauer der Angst“. Das Hauptaugenmerk der Anleger liegt nach wie vor auf der Inflation und dem Rezessionsrisiko, welches die drei großen Wirtschaftsräume wohl nicht in gleicher Weise und zum gleichen Zeitpunkt treffen wird. Doch mit der Desynchronisierung gehen auch Diversifikationsvorteile einher. Und die Volatilität der Finanzmärkte eröffnet Chancen, die sich nur dann ergreifen lassen, wenn man selektiv und äußerst geschickt vorgeht – die eigentliche Aufgabe eines aktiven Managers.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.