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Richtiger Value- und Growth-Mix Wann soll man in Wachstumsaktien investieren?

Karl-Heinz Thielmann, Vorstand von Long-Term Investing Research – Institut für die langfristige Kapitalanlage
Karl-Heinz Thielmann, Vorstand von Long-Term Investing Research – Institut für die langfristige Kapitalanlage
Geht es um das einflussreichste Buch, das jemals über Aktienanlagen geschrieben wurde, stehen zwei Werke in enger Konkurrenz: „Security Analysis“, von Benjamin Graham und David Dodd sowie Philip A. Fishers „Common Stocks and Uncommon Profits“.

Das erstmals 1934 veröffentlichte „Security Analysis“ ist die erste systematische Darstellung der Methoden der Finanzanalyse, mit der Wertpapiere in Hinblick auf ihre Chancen und Risiken bewertet werden können. Weiterhin wurden in diesem Buch – sowie im Nachfolgewerk „The Intelligent Investor“ von Benjamin Graham alleine – das Konzept des Value-Investing entwickelt, eines Investmentansatzes, der auf fundamentalanalytischen Bewertungskriterien basierte.

„Common Stocks and Uncommon Profits“ von 1958 ist allerdings das erste Buch über Investments, das es auf die New York Times Bestsellerliste schaffte. Es entstand aus der direkten Auseinandersetzung Fishers mit den Prinzipien des Value-Investing. Fisher, der seit 1928 im Vermögensverwaltungsgeschäft tätig war, hatte die Erfahrung gemacht, dass für eine herausragende Performance die günstige Bewertung eines Wertpapiers nicht unbedingt so wichtig ist, wie vom Value-Ansatz propagiert.

Stattdessen war er zur Überzeugung gekommen, dass für Anleger die langfristige Unternehmensentwicklung entscheidend ist. Dabei spielte eine große Rolle, dass er gute Kontakte zur gerade entstehenden Technologieindustrie hatte. Ihm wurde klar, dass die Value-Methodik dieser neuen Branche nicht gerecht wurde.

Für ihn war die Anlage in hervorragende Unternehmen mit hoher Profitabilität und überdurchschnittlichen Wachstumsaussichten Schlüsselfaktor für langfristigen Anlageerfolg. Wettbewerbsvorteile und Wachstumspotenzial erschienen ihm deshalb viel wichtiger als eine niedrige Bewertung. Mit seinem Buch formulierte Fisher deshalb Grundprinzipien, die es ermöglichen, herausragende Unternehmen zu identifizieren.

Damit begründete er gleichzeitig den Investmentstil des Growth-Investing, also des wachstumsorientierten Investierens.



Fehler des Marktes nutzen

In den vergangenen 60 Jahren gab es keinen langfristig herausragenden Aktieninvestor, der seinen Investmentstil nicht auf die Überlegungen von Graham oder Fisher zurückgeführt hat beziehungsweise wie Warren Buffett versuchte, beider Vorgehensweisen zu verbinden.

In der Tat gibt es eine große Gemeinsamkeit zwischen den Value- und Growth-Philosophien: Beide Ansätze gehen davon aus, dass der Aktienmarkt chronisch ineffizient ist und man dies als fundamentalanalytisch versierter Anleger ausnutzen kann. Sowohl Fisher wie auch Graham betonten mehrfach, dass für sie der Aktienmarkt von seiner Natur her eine Täuschungsmaschinerie ist.

Erfolg kann man nur haben, wenn man sich hiervon nicht irritieren lässt und geduldig ist (Fisher) beziehungsweise emotionale Disziplin (Graham) bewahrt. Und sowohl bei Value wie bei Growth geht es darum, dass der Markt den Wert beziehungsweise die Wertschöpfung eines Unternehmens falsch einschätzt. Bei Value zeigt sich der Marktirrtum in einer Unterbewertung der Aktie relativ zu einem analytisch ermittelten Fair Value.

Bei Growth liegt der Fehler des Marktes in einer Unterschätzung des Potenzials zur zukünftigen Wertgenerierung. Grundlegend unterscheiden sich Value und Growth allerdings bei Vorgehensweise sowie den Kriterien für die Aktienauswahl: Value orientiert sich vor allem an Kennzahlen und stellt damit eine quantitative Methodik in den Vordergrund. Fisher hingegen wollte Unternehmen identifizieren, die langfristig anhaltende Wettbewerbsvorteile haben und diese in ein hohes Wachstum umsetzen können.

Dies waren für ihn innovative Unternehmen, die in ihrem Segment Marktführerschaft besitzen, sehr viel in Forschung und Entwicklung investieren sowie von einem hoch qualifizierten und integren Management geleitet werden. Diese „soften“ Faktoren lassen sich aber nur schwer in Zahlen fassen. Zur Auswahl von Aktien setzte er deshalb vorwiegend auf sogenannte qualitative Kriterien.

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