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Aktualisiert am 07.10.2021 - 11:10 Uhrin Werte schaffen mit aktivem 360°-AnsatzLesedauer: 6 Minuten
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Unsicherheiten in China Risiken nicht grundsätzlich meiden – aber genau analysieren

Sonnenuntergang über Nanning, ganz im Süden Chinas unweit der Grenze zu Vietnam
Sonnenuntergang über Nanning, ganz im Süden Chinas unweit der Grenze zu Vietnam: Bei der Risikoanalyse kommt es immer auf den Einzelfall an. | Foto: Imago Images / Xinhua

Risikobewertungen sind seit jeher ein wichtiger Teil unserer Wertpapieranalyse. Regelmäßig überprüfen wir umfassend Einzelwert-, Sektor- und Portfoliorisiken. Denn wir wollen herausfinden, ob ihnen angemessene Ertragsaussichten gegenüberstehen. Und wie überall bewerten wir auch in China alle Anlagemöglichkeiten unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Nachhaltigkeit. Dabei achten wir besonders auf Regulierung und Corporate Governance.

Die Regierung in Peking hat die Regulierung jüngst deutlich verschärft. Zur Optimierung des Risiko-Ertrags-Profils eines Portfolios halten wir es für wichtig, die Gründe für solche Schritte zu verstehen. Politisch sind sie oft leicht nachvollziehbar, zumal man ähnliche Maßnahmen auch aus anderen Ländern kennt. Aus Investmentperspektive wollen wir Risiken nicht generell vermeiden. Aber wir wollen abschätzen, wie wichtig sie sind und was sie für eine Anlage auf Dauer bedeuten.

Verhaltensänderungen fördern statt Unternehmen bestrafen

Die Regierung in Peking möchte aus unserer Sicht das Verhalten seiner Bürger verändern. Es geht also gar nicht so sehr darum, Einfluss auf die Unternehmen und ihre Aktionäre zu nehmen. Für sich betrachtet erscheinen viele der Reformen sinnvoll. Sie sind eine unmittelbare Konsequenz aus den staatlichen Bemühungen um mehr Einkommensgerechtigkeit, besseren Verbraucherschutz, den Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen und eine bessere demografische Struktur. All das wäre auch in anderen Ländern denkbar.

Im vergangenen Jahr wurden beispielsweise die chinesischen Kartellregeln verschärft. Zudem wurden der Onlinehandel und Zahlungsplattformen strenger reguliert. Dabei verfolgt China ein ähnliches Ziel wie andere Nationen: Die Wettbewerbsverzerrungen durch Tech-Riesen zu unterbinden.

Betrachten wir einige aktuelle Beispiele aus China, die wir analysiert haben. Wir wollten wissen, was die verschärfte Regulierung für bestimmte Branchen und Sektoren bedeutet. Abgesehen vom Bildungssektor und der Ant Group (Ant Financial) halten sich die Auswirkungen auf Unternehmen bislang in Grenzen.

Fusionen und Übernahmen: In den vergangenen Monaten haben die Aufsichtsbehörden darauf bestanden, dass ihnen geplante Fusionen und Übernahmen zur Prüfung vorgelegt werden. Für frühere Verstöße gegen diese Anzeigepflicht wurden zahlreiche, bislang aber meist recht milde Strafen verhängt.

Onlinehandel: Der Onlinehandel gerät zunehmend ins Visier der Behörden. Seitdem Handelsplattformen von Produktanbietern keine exklusive Belieferung mehr verlangen dürfen, haben kleine und mittlere Unternehmen Marktanteile gewonnen.

Zahlungsplattformen: Untersagt wurden unbesicherte Kredite, bei denen Plattformen nicht selbst einen Großteil des Kreditrisikos tragen. Deshalb und wegen der neuen Genehmigungspflicht hat beispielsweise Ant Financial seinen Börsengang Ende 2020 abgesagt.

Cybersicherheit: In den vergangenen Wochen wurden die Regulierungen für Internetfirmen verschärft, vor allem im Bereich der Cybersicherheit und hier speziell für die Erhebung und Verarbeitung privater Daten. Zeitgleich mit den neuen Vorschriften wurde eine Untersuchung des Fahrdienstanbieters Didi angekündigt. Kurz nach seinem Börsengang in New York wurde geprüft, wie das Unternehmen Daten erhebt und nutzt. Die neuen Vorschriften ähneln stark der Datenschutzgrundverordnung in der Europäischen Union.

Gig Economy: Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, insbesondere Mitarbeiter von Lieferdiensten, sollen besser geschützt werden. Das dürfte zu höheren Kosten für Meituan und die Alibaba-Tochter ele.me führen. Ähnliche Überlegungen für die Regulierung von Liefer- und Fahrdiensten gibt es auch in den USA.

Nachhilfeangebote: Besonders hart getroffen hat es die Nachhilfebranche. Mit neuen Vorschriften will der Staat die Kindererziehung günstiger machen, da China nach jahrzehntelanger Ein-Kind-Politik zu überaltern droht.