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Risiko-Ampeln für Finanzprodukte – sinnvoll oder Volksverdummung?

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Produkt-Tüv: Staat als Ratingagentur? Unisono gegen eine Ampelkennzeichnung sind hingegen die Verbände der freien Finanzdienstleister ebenso wie die Banken. So meint der Votum Verband für unabhängige Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa, dass der Staat sich auf die gesetzgeberische Vorgaben für die Ausgestaltung von Anlageprodukten und ihre Beschreibung in Prospekten beschränken sollte. Eine weitergehende staatliche Bewertung „etwa in Form eines Produkt-Tüvs oder einer Zertifizierung wurde in der Vergangenheit von Ratingagenturen versucht“. Und diese, so Votum, hätten bei der aktuellen Finanzkrise eine Schlüsselrolle gespielt. „Es hat sich gezeigt, dass der Staat an vielen Stellen nicht der bessere Banker war, so dass kein Anlass besteht, bei einer staatlichen Zertifizierung größere Hoffnung in die Bewertungspraxis zu haben“, äußert sich Votum-Geschäftsführer Martin Klein. „Die einzelnen Vermögens- und Kapitalanlageprodukte richten sich an unterschiedliche Adressatenkreise“, betont Eric Romba, Vorstand des Verbands Geschlossene Fonds. Ob eine Anlage für den konkreten Interessenten geeignet sei oder nicht, hänge von dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ab und diese seien von Interessent zu Interessent sehr unterschiedlich. 100 Farben reichen nicht aus „Eine allgemeingültige Kennzeichnung ist unmöglich, auch hundert Farben würden dafür nicht ausreichen“, sekundiert Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverbandes Finanzdienstleistung AfW. „Zudem – wer soll die Kennzeichnung festlegen? Woher soll relativ rasch derart viel Know-how kommen, um diese Aufgabe zu bewältigen?“, fragt der AfW-Vorstand. Seiner Ansicht nach muss der Ansatz für eine Sicherung in der Beratungsqualität liegen. Es müssen für die Risikoneigung des Kunden die richtigen Produkte gefunden werden ─ riskante Produkte generell mit der Ampelfarbe rot zu belegen und zu diskreditieren, sei irreführend. Produktgeber würden sich zu Recht gegen eine derartige Pauschalverurteilung wehren. Und Berater und Vermittler müssten sich laut Rottenbacher in diesem Fall an Ampelvorgaben halten, die eventuell gar keinen Sinn machten und könnten nicht mehr anleger- und anlagegerecht vermitteln. Ampel wirkt kontraproduktiv Schützenhilfe kommt von der Kreditwirtschaft, die sich ebenfalls gegen einen Produkt-Tüv ausgesprochen hat. „Wir sehen die Gefahr, dass eine farbliche Visualisierung die Fehlvorstellung von Anlegern verstärken würde, ein zum Zeitpunkt der Empfehlung risikoarmes Anlageprodukt könne nicht zu Verlusten führen. Der Kunde könnte ferne dazu verleitet werden, sich nicht mehr mit der Funktionsweise des einzelnen Produktes zu befassen“, ließen Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und der Deutschen Sparkassen- und Giroverband gemeinsam verlauten. Man könne überdies davon ausgehen, so die Bankenverbände, dass ein Farbsystem Verluste der Anleger aufgrund der Finanzmarktkrise keinesfalls verhindert hätte. Vor dem konkreten Ausfall galten Anleihen des Emittenten Lehman Brothers oder auch des isländischen Staates als sicher und wären mit einer die entsprechende Sicherheit dokumentierenden Ampelfarbe versehen worden. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, die der Anhörung beiwohnte, hat sich noch nicht dezidiert zu einer Risikoampel für Finanzprodukte geäußert. Es bleibt abzuwarten, welche der Argumente im Ministerium besser ankommen. Momentan scheint ohnehin ein anderes Verkehrslicht Vorrang zu haben: Derzeit überdenkt das Ministerium die von der Verbraucherministerkonferenz bereits beschlossene Nährwert-Ampel für Lebensmittel, die Fett, Zucker und Salz entsprechend ausweist.

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