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Risiko-Asymmetrie-Ansatz wieder zeitgemäß Carmignac-Experte erklärt Risikomanagement im Niedrigzinsumfeld

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Die Renaissance der Risiko-Konvexität

Aus diesem Grund muss das Konzept der Risiko-Asymmetrie bzw. Konvexität (das nach 2009 zunächst teilweise und nach 2012 dann vollständig „eingemottet“ worden ist) nun wieder aus der Schublade geholt werden.  

Die Zinsentwicklung ist in diesem Zusammenhang ein gutes Beispiel. Ein Zinsniveau von 0 Prozent oder sogar negative Zinsen weisen tendenziell eine Risiko-Konvexität auf. Interessanterweise hat das aber nichts mit Wahrscheinlichkeiten zu tun. So kann man durchaus argumentieren, dass die Zinsen höchstwahrscheinlich noch längere Zeit niedrig bleiben werden. Das Risiko ist jedoch insofern asymmetrisch, als dass ein weiterer Rückgang der Zinsen eigentlich keine große Sache wäre, wohingegen ein Zinsanstieg einen schwerwiegenden Schock auslösen und durchaus gravierende Folgen haben könnte.

Dies ist zunächst einmal darauf zurückzuführen, dass extrem niedrige Zinsen mit einem stark gespannten Gummiband vergleichbar sind, das aus jedem noch so moderaten Anstieg des absoluten Zinsniveaus (in Prozent gerechnet) einen riesigen Sprung macht. Im Frühjahr letzten Jahres ließen beispielsweise bessere Wirtschaftsdaten aus dem Euroraum die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen in weniger als drei Wochen von 0,07 Prozent auf 1 Prozent nach oben schnellen. Für Anleger, die in als sicher geltenden 10-jährigen Bundesanleihen investiert waren, bedeutete dies einen Verlust von 9%, der sich aber glücklicherweise dann nur als kurzfristiges Phänomen erwies.

Darüber hinaus haben viele Staaten und Unternehmen weltweit inzwischen derart hohe Schulden angehäuft, dass sie von niedrigen Zinsen abhängig sind. An dieser Stelle besteht ebenfalls eine Konvexität, weil sich ein sehr geringfügiger Anstieg der Zinsen zwar als „schmerzhaft“ erweisen, jede weitere Erhöhung der Zinsen aber umgehend dazu führen würde, dass die Schuldensituation schlicht und einfach nicht mehr tragbar wäre. So liegt zum Beispiel die Verschuldung der Privathaushalte im Vergleich zum BIP in China bei 250 Prozent.

Dies bedeutet, dass ein Anstieg der Kreditkosten sofort auch eine höhere Zahl von Kreditausfällen zur Folge hätte. Das wiederum würde den sowieso bereits schwachen Finanzsektor des Landes belasten, so dass das Verhältnis Kredite/Einlagen anziehen würde. Dadurch könnte dann jedoch eine Kreditkrise ausgelöst werden. Die Pleite von Lehman Brothers aus dem Jahr 2008 war ein perfektes Beispiel für ein äußerst konvexes Ereignis.

Sorgfältiges Risikomanagement rückt derzeit also wieder in den Fokus. Dabei wird es darum gehen, sich im Vorfeld ein sehr genaues Bild der entsprechenden Risiko-Asymmetrien zu verschaffen und gleichzeitig in der Lage zu sein, sehr schnell zu reagieren, falls die „falschen“ Störungen auftreten.

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