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Risiko-Roundtable Teil 1 „Mehrheit der Kunden will maximal 4 Prozent Verlust pro Jahr“

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Quantitatives Portfoliomanagement vertraut dem Computer ohnehin mehr als dem Menschen. Aber kann man einen Schwarzen Schwan programmieren?

Alexander Tavernaro:
Nein. Das Unangenehme am Unvorhersehbaren ist ja, dass es unvorhersehbar ist. Aber ich deute Ihre Frage mal eher in die Richtung, ob es auch Risiken gibt, die wir versuchen, in Addition zu quantitativen Modellen auch zu qualifizieren. Die gibt es: Ein großer Teil meiner Tätigkeit ist auf Einzelaktien ausgerichtet. Bei einem Ereignis wie etwa dem Volkswagen-Skandal hilft Ihnen kein auf historischen Daten basiertes Risikomodell weiter. Sie brauchen für solche Fälle Implementierungsregeln, die in Abhängigkeit von den mit den Kunden vereinbarten Richtlinien Aktionen vorschlagen. Das kann etwa Benchmark-Neutralität oder eine Nullposition bei Absolute-Return-getriebenen Mandaten sein.

Als aktuelles Risiko wird das Brexit-Szenario diskutiert. Wie wichtig ist dies?

Martin Lück: Sehr wichtig, und es wird täglich wichtiger. Mir und meinen Kollegen in London werden täglich dazu Fragen gestellt, und wir diskutieren mögliche Szenarien sehr intensiv.

Ist denn ein Brexit-Risiko schon im Portfoliomanagement eingerechnet?

Lück:
Wenn, dann wohl eher indirekt. Möglicherweise gibt es eine gefühlte Zurückhaltung gegenüber Anlagen in UK, weil man einfach nicht weiß, wie das Ganze ausgeht. Das größte Problem ist, dass man kann das Ereignis nicht quantifizieren kann. Und alles, was an Eventualitäten im Raum ist, hängt sehr stark davon ab, wie im Falle eines Brexits Großbritannien später verhandelt, welche Lösung gewählt wird. Hier rast ein Risiko auf uns zu, von dem relativ wenig bekannt ist und das die unangenehme Eigenschaft hat, in seiner Dynamik immer stärker zu werden.

Reitz: Der Brexit würde wohl dazu führen, dass die Risikowahrnehmung in den Märkten insgesamt ansteigt. In der Folge würde man vermutlich bei allen klassischen „Risk-on-Assets“ sehen, dass diese zur Schwäche neigen. Bei High-Yield-Anleihen etwa würden die Spreads auseinanderlaufen. In den Aktienmärkten würde man sich wohl wieder auf die Safe-Haven-Kandidaten zurückziehen. Ähnliches haben wir zuletzt bei der wachsenden Unsicherheit über die Konjunktur in China erlebt.

Schmidt-von Rhein:
Wenn wir derzeit aus Risikocontrolling-Sicht über die Kunden-Portfolien schauen und ermitteln sollten, welche bei einem Brexit besonders gefährdet sind, weiß man im Grunde nicht, wo man anfangen und aufhören soll. Der Grund wurde schon angeführt: Die quantitativen Auswirkungen sind sehr schwer abschätzbar. Auch würden die Auswirkungen sicherlich von dem konkreten Verlauf und den Bedingungen des Brexits abhängen. Der Brexit ist für mich ein Beispiel dafür, dass die Dynamik der Marktzusammenhänge in konkreten Stresssituationen schwer zu erfassen ist und wir unsere Aufgabe daher vor allem darin sehen, die Wirkungszusammenhänge zu erforschen und aufzuzeigen. Auch mit dem Thema „Dynamische Marktkorrelationen“ beschäftigen wir uns zur Zeit bei Feri intensiv.

Ufuk Boydak:
Wir bei Loys sind der Überzeugung, dass man Risiken ex ante nicht kontrollieren kann. Wir setzen auf Value-Aktien und profitieren letztlich von der Marktvolatilität. In einer Risk-off-Phase wird pauschal alles verkauft: Das war gerade zu Anfang des Jahres so. Da waren dann auch Aktien von guten Unternehmen wie SAP oder BMW vergleichweise günstig zu haben. Wichtig ist zu wissen, was man besitzen möchte, um gerade in den turbulenten Phasen zuschnappen zu können.

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