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in Aus der Fondsbranche: neue ProdukteLesedauer: 7 Minuten

Risiko-Roundtable Teil 3 „Bei Emerging Markets sind wir ganz klar antizyklisch positioniert“

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Lassen Sie uns ein weiteres Thema anschneiden: Die Schwellenländer sind abgetaucht, die ganze Emerging-Market-Story ist im Endkundenmarkt ziemlich kaputt. Wie wichtig ist sie noch für Sie?


Alexander Tavernaro: Deutlich weniger wichtig als noch vor zehn Jahren. Unser Team hat sich gegen Ende der 2000er-Jahre verstärkt mit den Emerging Markets beschäftigt. Darauf basieren auch auch unsere Modelle zur Portfoliosteuerung. Denn anders als in Teilen der entwickelten Welt ist die Betrachtungsweise in den Emerging Markets viel stärker länderbezogen. Das heißt, ich vergleiche Aktien weniger innerhalb einer halbwegs homogenen Region wie etwa der Eurozone. Wir hören häufig von Kunden, dass sie ihr Engagement in den Emerging Markets auf Anraten von Asset-Liability-Studien zurückführen, die heute deutlich weniger Exposure in Schwellenländern empfehlen als noch vor fünf oder vor zehn Jahren. Das ist auch eine Überlegung, die mit dem gestiegenen Risiko zusammenhängt. Für den, der dort konträr herangeht, ist das vielleicht keine schlechte Gelegenheit. Und eins dürfen wir nicht vergessen: Das Emerging-Market-Exposure auch der deutschen Firmen ist enorm, wenn Sie allein an den Absatzmarkt China denken.

Ufuk Boydak: Bei Emerging Markets sind wir ganz klar auf der antizyklischen Seite positioniert. Wie überall, muss man das jeweilige Rendite-Risiko-Verhältnis vernünftig analysieren. Wenn ich jetzt in der Türkei investiere, und die Währung wertet mir schon jedes Jahr 10 Prozent ab, dann müssen es bei der Renditeaussicht vielleicht nicht nur 12 Prozent sein, sondern schon deutlich mehr. Dann ist noch das innenpolitische Risiko heranzuziehen, was die Aktienmärkte dann immer mal wieder entgleisen lassen kann. Der Preis für das Risiko ist für uns immer die interessante Größe. Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Masse schaut immer auf die Vergangenheit und schließt daraus auf die Zukunft. Nach unserer Meinung sollte man schauen, was die Beweggründe für eine bestimmte Entwicklung waren, um dann daraus Schlüsse für die Zukunft abzuleiten.

Ulrich Reitz: Was in der ganzen Schwellenländer-Thematik in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist, ist die Differenzierung zwischen den Märkten. Früher wurde alles in einen Topf geworfen. Von Goldman Sachs etwa wurde der Begriff BRIC geprägt: Wenn Sie heute Brasilien mit China, Russland und Indien vergleichen, liegen ökonomische Welten dazwischen. Insofern glaube ich, man sollte eigentlich nicht mehr so sehr den Sammelbegriff Emerging Markets bemühen. Es gibt dort nach wie vor interessante Möglichkeiten, insbesondere dann, wenn sich die Rohstoffpreise nach fünf Jahren Baisse wieder stabilisieren. Wenn man in den industrialisierten Ländern in Aktien investiert, macht man sicherlich auch einen Unterschied, ob man in der Euro-Zone investiert oder etwa in Japan, wo die Korrelation nicht so ausgeprägt ist wie zwischen Europa und den USA. Ich glaube, das sollte man auch bei den Schwellenländern so handhaben.

Wenn Sie nach vorn schauen: Was sind für Sie weitere Herausforderungen für das Risikomanagement?

Lück: Wichtig ist es, die Komplexität zu reduzieren, indem man sich darüber klar ist, welcher Gestalt die Risiken überhaupt sind, wann und wie sie auftauchen und welche Folgen sie haben können – also, wenn man so will, eine Kategorisierung vorzunehmen. BlackRock zum Beispiel ist als Risikomanagementfirma gegründet worden. Darum haben wir Prozesse, ganze Portfolien auf ihre verschieden strukturierten Risiken zu durchleuchten, über verschiedene Laufzeiten hinweg und mit verschiedenen Eintrittswahrscheinlichkeiten bis hin zu Stresstestmöglichkeiten, um dann diese Risiken auch in ihren Auswirkungen in Realzeit praktisch zu überprüfen. Die Herausforderung ist, diesen Prozess so gut wie möglich zu gestalten.

Wir sind mit dem Privatanleger gestartet, wir wollen auch mit ihm schließen: Glauben Sie an einen langfristigen Mentalitätswandel, der auch zu mehr Aktienengagement führt?

Gaedeke: Dafür wäre es wichtig, konkrete Bilder zu vermitteln. Was heißt es, über Aktien an der Wertschöpfung eines Unter-nehmens beteiligt zu sein? Hier haben etwa die Angelsachsen ein besseres Verständnis aus ihrer Geschichte und Tradition heraus. Und ein höherer Grad der Konkretisierung wäre auch hierzulande ein Ansatz, den man in Beratungsgesprächen oder auch durch entsprechende Produktbeschreibungen stärker fördern sollte.


Weitere Teile dieses Roundtables:


Risiko-Roundtable Teil 1: „Mehrheit der Kunden will maximal 4 Prozent Verlust pro Jahr“

Risiko-Roundtable Teil 2: „Bei Multi-Asset-Fonds gibt es ein interessantes Phänomen“


Weitere Interviews, Produkt-Porträts und Videos zum Thema „Sicherheit 2.0 – Risikomanagement in der neuen Realität: Mehr Stabilität und bessere Performance“ präsentieren wir Ihnen in einem Multimedia-Special

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