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Risikoleben: Welchen Wert hat die Marktstandard-Untersuchung?

Zum inzwischen dritten Mal seit 2021 hat das Beratungsunternehmen Infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse im Rahmen ihrer Marktstandard-Analyse Risikolebensversicherungen unter die Lupe genommen.
Untersuchung nur auf Basis des Bedingungswerks
Die Analyse basiert wie gewohnt bei den Kölnern auf der Erhebung aller zu einem Qualitätskriterium am Markt tatsächlich vorhandenen Ausprägungen. Insgesamt werden 19 Kriterien berücksichtigt. Diese beziehen sich ausschließlich auf die Bedingungswerke, nicht aber auf technische Gestaltungsmöglichkeiten, wie die Höhe einer beitragsfrei versicherbaren Rente, so die Autoren. Zu den untersuchten Kriterien gehören beispielsweise die vorzeitige Auszahlung der Todesfallleistung bei schwerer Krankheit, Beitragsdynamik, Nachversicherungsmöglichkeiten, Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten oder eine Verlängerungsoption.
Ausdrücklich kein Rating
Diejenige Ausprägung, die von den Anbietern in ihren Produkten am häufigsten verwendet wird, definiert dabei aus Infinma-Sicht den jeweiligen Marktstandard im Sinne eines Branchendurchschnittswertes. Im Weiteren werden die Kriterien weder gewichtet noch aggregiert. Eine für den Kunden unterdurchschnittliche Regelung kann somit nicht durch eine besonders vorteilhafte Formulierung bei einem anderen Kriterium ausgeglichen werden, erklären die Analysten. Damit verstehen sie ihre Auswertung auch ausdrücklich nicht als Rating, das üblicherweise auf Punkten basiert. Mehr zur Methodik hier.
Über 60 Prozent der Tarife erfüllen „Marktstandard“ nicht
Basis der Untersuchung ist laut der Autoren eine vollständige Marktabdeckung aller in Deutschland im Neugeschäft angebotenen Tarife. Aktuell werden nur 104 von insgesamt 274 Tarifen (37,7 Prozent) von Infinma ausgezeichnet. Sie erfüllen in allen untersuchten Kriterien mindestens den sogenannten Marktstandard oder übertreffen diesen aus Kundensicht.

Ergebnisse mit begrenzter Aussagekraft
Es scheint aber fraglich, ob diese Untersuchungsmethodik Rückschlüsse auf die tatsächliche Qualität des Tarifangebots zulässt. Schließlich haben bei Infinma alle Kriterien den formal gleichen Stellenwert, während diese in Untersuchungen anderer Anbieter gewichtet werden. So zum Beispiel bei der Ratingagentur Morgen & Morgen. Sie zeichnete vor einem Monat ein deutlich positiveres Bild des Markts für Risikolebensversicherungen. Hier bekamen knapp 69 Prozent der untersuchten 145 Tarife die Höchstbewertung von fünf Sternen.
Problem bei Infinma dürfte vor allem sein, dass zwischen der wachsenden Anzahl der untersuchten Kriterien und der schrumpfenden Zahl der Unternehmen, die stets die Anforderungen aller Kriterien erfüllen können, ein statistischer Zusammenhang besteht. So reicht die Nichterfüllung eines einzigen Kriteriums mit in der Praxis eher geringer Relevanz, um zur Gruppe der vermeintlichen Verlierer zu gehören, die von den Analysten nicht ausgezeichnet werden. Eine differenzierte Bewertung der Tarifleistung ist dies aber sicherlich nicht.
Defizite bei anlassunabhängigen Nachversicherungsmöglichkeiten
Jörg Schulz, Geschäftsführer bei Infinma, sagt: „Zwar ist die Anzahl der zertifizierten Tarife gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen, und wir können punktuelle Verbesserungen wie einen Bau- oder Kinderbonus in den Bedingungen beobachten. Insgesamt ist jedoch noch einige Luft nach oben.“
So gebe es immer noch zahlreiche Tarife, die beispielsweise keine Verlängerungsoption und keine anlassunabhängigen Nachversicherungsmöglichkeiten vorsehen. Die Möglichkeit, den Versicherungsschutz ohne erneute Gesundheitsprüfung anzupassen, gehöre allerdings zu den wichtigsten Produktmerkmalen, um sich im Wettbewerb abzuheben.
Das sei insbesondere bei einem Produkt wie der Risikoversicherung der Fall, bei der traditionellerweise der Preis das wichtigste Verkaufsargument ist. Infinma erwartet allerdings für das nächste Frühjahr Änderungen bei der anlassunabhängigen Nachversicherung aufseiten der Anbieter mit entsprechenden Auswirkungen auf die eigene Bewertung.
Dialog mit den meisten Tarifen berücksichtigt
Auf Seiten der Produktgeber erreichen 28 von 61 Risikolebensversicherern die durch die Infinma-Methodik definierten Standards in der Risikolebensversicherung. Sie erfüllen oder übertrafen diese mit mindestens einem Produkt. Am häufigsten können sich hier die Generali-Tochter Dialog mit 14 Tarifen und die Hannoversche mit elf Offerten platzieren. Der Marktführer in der Leben-Sparte, Allianz, ist gerade mal mit zwei Produkten vertreten.
Die Gesamtliste der mit mindestens einem Produkt vertretenen Gesellschaften: Allianz, Baloise, Barmenia, Bayern Versicherung, Concordia Oeco, Continentale, Cosmos, Credit Life, Delta Direkt, Dialog, Dortmunder, DLVAG, Europa, Gothaer, Hannoversche, HUK 24, HUK-Coburg, Ideal, Inter Risk, LV 1871, My Life, Provinzial Rheinland, Signal Iduna, VGH, VPV, VRK, WGV, WWK und Zurich Deutscher Herold. Eine Ergebnisübersicht gibt es hier.