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Aktualisiert am 16.05.2018 - 17:06 UhrLesedauer: 3 Minuten
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Risikomanagement Unterschätzen Anleger die Auswirkungen des Brexit?

David Zahn, Head of European Fixed Income bei Franklin Templeton Fixed Income Group
David Zahn, Head of European Fixed Income bei Franklin Templeton Fixed Income Group

Einige Teile Europas – insbesondere Irland und Deutschland – könnten ziemlich hart getroffen werden, falls das Vereinigte Königreich die Europäische Union (EU) ohne Abkommen verlassen sollte. Diese Teile Europas dürften daher sicherstellen wollen, dass zumindest irgendeine Art von Abkommen auf den Weg gebracht wird, selbst wenn es nicht unbedingt das beste für alle Seiten sein muss.

Brexit droht Kräftegleichgewicht in der EU langfristig zu verschieben

Zwei schwerwiegende Folgen könnte der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU haben: Auf längere Sicht könnte der Brexit zum einen den EU-Handelsblock spalten. Zum anderen könnte der Brexit das Kräftegleichgewicht im Europäischen Parlament zugunsten der Länder der Eurozone verschieben.

Länder wie Deutschland und Frankreich wünschen eine stärkere Integration der EU, während andere, beispielsweise in Mitteleuropa, eine losere Gruppierung bevorzugen, die ihnen Handelsvorteile und zugleich mehr Kontrolle über die eigene Souveränität erlaubt.

Nach den Regeln des Europäischen Parlaments erfordern ein Beschluss oder ein Veto 67 Prozent der Stimmen. Gegenwärtig entfallen rund 70 Prozent der Stimmen im Europäischen Parlament auf die Länder der Eurozone. Die Länder außerhalb der Eurozone, einschließlich des Vereinigten Königreichs, stellen die verbleibenden 30 Prozent.

Somit könnte derzeit das Nein eines einzigen Landes der Eurozone eine Abstimmung zum Scheitern bringen. Doch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs, auf das im Europäischen Parlament 12 Prozent der Stimmen entfallen, wird die Stimme der Länder außerhalb der Eurozone noch weniger Gewicht haben.

Diese Konstellation könnte die EU stärker als bislang in einen Euro-Club umwandeln. Diejenigen Länder, die den Euro noch nicht eingeführt haben, müssen ihre Position möglicherweise überdenken, falls sie mit Blick auf die Zukunft der Union ein Wörtchen mitreden wollen.

Ausgabendisziplin könnte gefährdet sein

Das Vereinigte Königreich verfolgte in Bezug auf den EU-Haushalt immer wieder einen eher strengen Sparansatz. Häufig stimmte London mit vorwiegend nordeuropäischen Mitgliedstaaten einschließlich Deutschlands gegen höhere Ausgaben.

Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs könnten Länder, die sich für höhere EU-Ausgaben stark machen, eine Mehrheit finden – und auch im Falle eines etwaigen Widerstands von Deutschland bei Abstimmungen erfolgreich sein.

Auch dies könnte für abweichende Entwicklungen in der Europäischen Union sorgen, wenn auch vermutlich nicht in unmittelbarer Zukunft. Dennoch dürften die europäischen Politiker bereits ihr Vorgehen angesichts dieser neuen Situation bedenken, und auch die Anleger sollten dieses Thema im Auge behalten.

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